Pacheco: "Raúl Castro könnte den Wechsel für Kuba bringen"

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Von Euronews
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Der Journalist Pablo Pacheco verbringt die erste Tage in Freiheit nicht in seiner kubanischen Heimat, sondern im spanischen Exil, zusammen mit Ehefrau Gladis und dem elfjährigen Sohn Jimmy. Pablo Pacheco gehört zur ersten Gruppe Oppositioneller, für die sich in Kuba nach einer von der katholischen Kirche vermittelten Vereinbarung die Gefängnistore öffneten. Die Freilassung ist allerdings an die Bedingung geknüpft, Kuba sofort zu verlassen, weshalb einige Dissidenten diesen Weg nicht gehen wollen.

Pachecos kubanische Freunde hatten in seinem Namen ein Internet-Tagebuch veröffentlicht, in dem sie festhielten, was er bei Besuchen oder genehmigten Telefonaten aus dem Gefängnis sagte. Für Euronews hat Enrique Barrueco Pacheco in einem Vorort von Madrid getroffen, wo die Familie zunächst untergekommen ist.

Euronews:
Welche Gründe hat das Castro-Regime für ihre Haft angegeben, welche juristischen Argumente wurden genannt?

Pacheco:
Die Beweise für meine Verurteilung in Kuba waren: eine Schreibmaschine, Baujahr 1950, ein Aufzeichungsgerät, Stifte, dazu Denunziationen, ein Faxgerät, weiße Blätter, Bücher, die meisten über Journalismus. Ein Kurzwellenradio. Das war alles, was ich hatte, das waren die Beweise.

Euronews:
Wie waren die Bedingungen im Gefängnis?

Pacheco:
Es gibt da diesen Satz, wonach die ersten zwei Jahre im Gefängnis von Agüica fürchterlich sind. Ich habe es “Grab für die Lebenden” getauft. Es ist wirklich schlimm. Eines Tages sagte Emilio, der Chef der Aufseher, zu mir: “Du hast auf Radio Marti von mir gesprochen” und ich antwortete ihm: “ Du hast ja auch so einiges getan”. Darauf er: “Du hast mir einen Gefallen getan, das hat mir beim Kommandanten einige Punkte gebracht.” Und ich habe ihm geantwortet, sein Chef sei auch nicht ewig da. Aber alles, was man sich über Agüica erzählt, ist wahr!

Euronews:
Einige Ihrer Gefährten haben es abgelehnt, das Gefängnis unter den ausgehandelten Bedingungen zu verlassen, weil sie in Kuba bleiben wollten.

Pacheco:
Ich kenne niemanden, der nicht auf Grundlage einer Vereinbarung das Gefängnis verlassen möchte. Ich kenne aber einige, die niemals ihr Vaterland verlassen, es niemals aufgeben wollen. Das ist in meinen Augen eine sehr mutige und ehrenwerte Haltung. Es bleibt aber eine Entscheidung jedes einzelnen. Ich hätte auch lieber so gehandelt, aber ich habe an meinen Sohn gedacht, der von mir getrennt war.

Euronews:
Glauben Sie, dass der Wechsel von Fidel zu Raúl Castro als Präsident irgendeine Bedeutung für Ihre Freilassung hat?

Pacheco:
Ich denke ja. Wenn Fidel Castro noch an der Macht wäre, dann wäre dieses Interview nicht möglich gewesen. Ich erinnere mich nicht, dass die Regierung, solange Fidel der Commandante war, in der Granma, dem Organ der Kommunistischen Partei Kubas, jemals die Freilassung von 50 politischen Gefangenen verkündet hätte.

Euronews:
Glauben sie, dass Raúl Castro vielleicht politische Verhandlungen mit der Opposition führen wird?

Pacheco:
Ich denke Raúl könnte derjenige werden, der den Wechsel für Kuba bringt und einen Schritt aus dem Schatten seines Bruders heraus macht. Er hat sein ganzes Leben im Schatten seines Bruders verbracht. Und Raúl hat jetzt die Zügel des Landes in die Hand genommen, weil nur jemand aus dem Kreis der alten Garde dafür in Frage kommt. Ja, ich glaube, er kann die Öffnung herbeiführen, die das kubanische Volk braucht.

Euronews:
Halten Sie es für möglich, eine einheitliche Plattform der Opposition zu schaffen, mit den Bürgergruppen und den politischen Parteien, um mit dem Regime zu verhandeln?

Pacheco:
Ich denke, das wäre eine gute Sache. Kuba ist nicht Fidel Castro, Kuba ist nicht Raúl Castro, Kuba ist nicht die Dissidentenszene, Kuba besteht aus 11 Millionen Kubanern im Land und zwei Millionen anderswo in der Welt. Ich denke, dass wir uns irgendwann in der Zukunft um einen Tisch versammeln werden, Kommunisten, Sozialisten, Liberale, Demokraten. Wir werden darüber reden, was Kuba braucht, was das Beste für Kuba und natürlich für das kubanische Volk ist.

Euronews:
Was möchten sie den politischen Häftlingen in Kuba sagen, die noch im Gefängnis sind?

Pacheco:
Solange in Kuba auch nur ein einziger politischer Gefangener in Haft bleibt, habe ich keinen Grund zu feiern. Ich werde mich weiterhin von hier aus für ihre Freiheit einsetzen. Das ist mir wichtig. Ich möchte aber folgende Botschaft an die Welt und an alle Kubaner richten, vor allem an jene im Exil: Ich habe sieben Jahre und vier Monate im Gefängnis verbracht, ich musste meinen Sohn im Alter von vier Jahren mit seiner Mutter allein lassen und das nur wegen der Intoleranz eines Systems, das das kubanische Volk spaltet. Ich glaube, dass die Stunde gekommen ist, um Liebe zu säen, ich glaube, dass die Liebe das einzige ist, was uns vor dem menschlichen Elend retten kann. Ich hasse weder Fidel noch Raúl Castro, ich hasse weder die Büttel noch die Verantwortlichen von der Staatssicherheit, die mich für 20 Jahre ins Gefängnis geschickt haben, wovon ich sieben Jahren und vier Monaten absitzen musste. Für mich sind sie Kubaner wie ich. Der Tag wird kommen, an dem wir uns alle zum Dialog um einen Tisch versammeln. Das wird das Beste sein für Kuba und die Kubaner.

Euronews:
Vielen Dank

Pacheco:
Ich danke Ihnen! Ich glaube, dass Sie eine wichtige Rolle spielen, damit es für Kuba nie wieder einen Frühling gibt wie 2003, als so viele ehrenwerte Menschen inhaftiert wurden, von denen einige heute noch im Gefängnis sind.

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