Niger: Der Kampf gegen die Unterernährung

Niger: Der Kampf gegen die Unterernährung
Von Euronews
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In Niger leiden mehr als drei Millionen Kleinkinder an Unterernährung. Der Zustand von rund 500.000 ist lebensbedrohlich. Die Ernährungskrise hat sich wegen der schlechten Ernten noch verschärft.

In diesem Land der Sahelzone geben die Mütter ihren Kinder wegen der Hitze oft Wasser zu trinken. Ohne es zu wissen, schaden sie ihnen damit. Denn in den meisten Fällen gibt es kein Trinkwasser und die Kinder bekommen von dem Wasser Durchfall.

Für die Babys wäre es eigentlich am besten, wenn sie in den ersten sechs Monaten nur gestillt würden.

Nur durch die Maßnahmen der nigrischen Regierung und der Hilfsorganisationen konnte eine humanitäre Katastrophe verhindert werden.

Dr. Maidadji Oumaru reist von Dorf zu Dorf:
“Wir untersuchen die Kinder und teilen sie in zwei Gruppen auf, die Unterernährten und die stark Unterernährten. Wir erstatten Bericht und ihre Ernährung wird daraufhin von den Gesundheitszentren überwacht.
Elisabeth Zanou, die mich heute begleitet, arbeitet für das Projekt BEFEN/Alima. Sie macht Vorsorgeuntersuchungen und geht dafür von Haus zu Haus. Sie untersucht die Kleinkinder anhand ihres Armumfangs. Diese Methode wird vom nationalen Protokoll vorgeschrieben und kommt bei den Untersuchungen in den Dörfern zum Einsatz.”

Heute werden die Kinder eines Dorfes in der Zinder Region, im Süden des Landes, untersucht.

Elisabeth Zanou ist Ernährungsexpertin und arbeitet für die UNICEF. Ihr bereitet der Gesundheitszustand der kleinen Fatima Sorge:
“Dieses ungefähr sieben Monate alte Baby ist stark unterernährt. Sein Armumfang befindet sich im roten Bereich. Wir versuchen also seine Mutter dazu zu überreden mit ihm in das nächstgelegene Gesundheitszentrum zu gehen.”

Die Mutter, Tshara, hat sich überzeugen lassen und begibt sich mit ihrer kleinen Tochter Fatima ins Gesundheitszentrum. Sie hat ihre anderen drei Kinder in die Obhut einer Nachbarin gegeben.

Im Gesundheitszentrum werden die Kinder gewogen und gemessen. Bei der Untersuchung stellt sich meist heraus, dass die Kinder nicht nur unterernährt sondern auch krank sind. Fatima hat Malaria. Aber entscheidend für die weitere Behandlung der Kleinen ist der Appetit-Test.

Elisabeth fasst die Diagnose zusammen:
“Es ist ein Fall von starker Unterenährung aber sie weist noch andere damit verbundene Symptome auf. Sie hat wenig Appetit, deswegen wird sie ins Krankenhaus eingewiesen. Sie hat die energiereiche Erdnussbutterpaste, das sogenannte PlumpyNut nicht gegessen. Deswegen wird sie ab sofort im Krankenhaus behandelt, wo sie eine angereicherte Milch bekommt. So wird sie scheller zunehmen.”

Wenn die Kinder das PlumpyNut essen, ist eine ambulante Behandlung möglich. Die Mütter füttern ihre Kinder mit der Erdnusspaste und kommen nur einmal pro Woche ins Zentrum, um Nachschub zu holen und an Ernährungsschulungen teilzunehmen.

Für die Mütter ist es oft schwierig ein krankes Kinder herzubringen, denn sie leben weit weg.

Seit Anfang des Jahres wurden landesweit in den Gesundheitszentren rund 240.000 Kinder wegen Unterernährung behandelt. Heute gibt es in Niger mehr als 800 Ernährungszentren. Das ist eine deutliche Verbesserung, denn bei der vorherigen Krise vor 5 Jahren gab es nur neun Zentren.

Um künftige Katastrophen zu vermeiden, bemüht sich die Leiterin des Zentrums, Fatime Inche Oumara, auch um Vorsorge:
“Wir kümmern uns vor allem um die Vorsorge. Wir müssen die Mütter mit den einheimischen Nahrungsmitteln vertraut machen. Es gibt Nahrungsmittel, die sie den Kindern geben können, um Mangelerscheinungen zu vermeiden. Zwei Sozialarbeiterinnen machen die Mütter darauf aufmerksam. Sie sprechen mit ihnen über Hygienevorschriften, Ernährung, Impfungen und
Familienplanung.”

Niger ist eines der ärmsten Länder der Welt. Es belegt auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung den letzten Platz.

Jede nigrische Frau hat im Durchschnitt mehr als sieben Kinder und bei diesem Rhythmus wird die Bevölkerung in den nächsten 40 Jahren von 15 auf 50 Millionen anwachsen.

Der Schuldirektor in Tsangui, Amadou Moussa, versucht seinen Schülern und ihren Eltern zu erklären, dass es so nicht weiter geht und Familienplanung wichtig ist:
“Wir unterrichten fünf Klassen. Wenn die Gelegenheit sich ergibt, setzen wir uns mit den Eltern zusammen, um ihnen zu erklären, dass es in Punkto Familienplanung große Probleme gibt.
Wenn sie die Familienplanung nicht einhalten, dann werden sie immer Probleme haben. Denn solange es Überbevölkerung gibt, werden wir unter Hungersnöten leiden.”

Im vergangenen Jahr ist die Hälfte der Schüler mit ihren Eltern fortgegangen. Sieben Millionen Menschen sind von der Ernährungskrise betroffen. Viele wissen nicht mehr weiter, verlassen ihre Dörfer und wandern aus.

Zur Freude der Bauern war die Regenzeit ergiebig. Doch selbst wenn die Ernte gut ist, wird es nicht ausreichen, um die Familie das ganze Jahr über zu ernähren.

Chamanounou Abdou Hassane hat acht Kinder. Er baut auf seinen zweieinhalb Hektar Land Hirse, Sorgho-Mais und Erdnüsse an. Er hat außerdem einen kleinen Gemüsegarten. Das Gemüse ist jedoch nicht für den Eigenbedarf gedacht, sondern wird auf dem Markt verkauft.

Die Familie ernährt sich hauptsächlich von Hirse. Die Mutter Gambou kommt mit den Vorräten gerade so über die Runden. Doch nächstes Jahr wird Chamanounou wahrscheinlich für einen Monat das Dorf verlassen, um Geld zu verdienen.

Die Landflucht erschwert den Hilfsorganisationen ihre Arbeit. Habou Yaou vom Roten Kreuz weiß davon ein Lied zu singen:
“Ich behalte die Situation im Auge, denn ich komme regelmäßig hierher. Es ist jedoch schwierig, weil die Menschen mit der Nahrungssuche beschäftigt sind.
Wenn ich herkomme, um Vorsorgearbeit zu leisten, muss ich oft feststellen, dass viele fortgegangen sind. Meistens bleiben die Frauen zurück. Ich treffe dann nur die Frauen an. Die Männer sind fort auf Nahrungssuche. Das ist die momentane Lage. Ich bin Zeuge und habe alles gesehen. Durch die Regenzeit und den Beginn der Ernte hat sich die Situation ein wenig verbessert. Die Vorsorge- und Informationsaktionen sind oft nicht durchführbar, weil fast niemand mehr in den Dörfern ist.”

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