"Tunesische Übergangsregierung erfolgreich"

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Ahmed Najib Chebbi und seine Fortschrittlich Demokratische Partei könnten eine Schlüsselrolle für die kommenden Geschehnisse in Tunesien spielen. Chebbi war in der Opposition und ist nun an der Übergangsregierung beteiligt.

euronews-Reporter Jamel Ezzedini hat den Politiker in Tunis getroffen, wo er über die Chancen und Risiken für sein Land spricht.

euronews: “Minister Ahmed Nejib Chebbi, willkommen bei euronews. Sie sind Teil der neuen Regierungskoalition. Analysten zufolge sagen die meisten Tunesier, der Regierung fehle die Glaubwürdigkeit, da noch Mitglieder des alten Regimes mitregierten. Wie sieht das die Fortschrittlich Demokratische Partei?”

Entwicklungsminister Ahmed Nejib Chebbi: “Was sie sagen, ist ein Standpunkt. Heute garantiert Tunesien, dass man seine Meinung frei äußern kann, in den Medien oder bei Demonstrationen. Ich respektiere diese Meinung, aber ich teile sie nicht.

Ich denke, die Glaubwürdigkeit der Regierung basiert auf zwei Dingen: Ihrer Zusammensetzung und ihrem Programm. Die Minister aus dem alten Regime, sind Minister, die von dem Zirkel der politischen Entscheidungen ausgeschlossen waren. Die Entscheidungen lagen in der Hand eines Mannes, dem ein kleiner Kreis von Beratern zur Seite stand. Heute fordern wir, dass sich die Situation verändert. Der Regierung soll die Möglichkeit gegeben werden, die politischen Entscheidungen zu treffen, damit sie ihre Glaubwürdigkeit durch ihre Taten gewinnt und nicht nur durch ihre Worte. Die Regierung hat Glaubwürdigkeit gewonnen, auch durch einen Minister, der früher Botschafter in verschiedenen Ländern war oder einem anderen, der als Geschwerkschaftsführer tätig war und auch eine zeitlang inhaftiert war. Und wir haben einen tollen Kinoregisseur, der auch in der Regierung dabei ist. Die Zusammensetzung und das Regierungsprogramm können gegen die Vorwürfe bestehen. Lassen sie uns nicht vergessen, dass einige Ideologien, ob rechts oder links, versuchen, das Land in die Konfrontation zu treiben. Man darf nicht die Gefahr um uns herum vergessen: Chaos und die Gefahr einer Diktatur. Wir wollen innerhalb der nächsten sechs Monate einen schnellen Übergang zur Demokratie.”

euronews: “Ihrer Meinung nach soll also die alte Regierungspartei RCD nicht aufgelöst werden, obwohl dass die Menschen fordern?”

Entwicklungsminister Ahmed Nejib Chebbi: “Ich denke falsche Forderungen zu erfüllen, ist nicht richtig. Die RCD aufzulösen, ist keine legitime Forderung. Sie haben Revolutionen in Osteuropa gesehen, haben sich die kommunistischen Parteien aufgelöst? Nein. Diese Parteien sind auch heute noch aktiv. Sie sind lediglich vom Staat getrennt und sind Parteien wie alle anderen geworden, sie sind nicht privilegiert und können wie alle anderen zur Wahl antreten auf der Basis der Chancengleichheit. Ich habe nicht die Auflösung der RCD gefordert, wie es im Irak mit der Baath Partei passiert ist. Ich fordere nur, dass die ehemalige Partei von der Organisation des Staates getrennt wird.”

euronews: “Einige sagen, dass ihre Fortschrittlich Demokratische Partei um an die Macht zu kommen, den 40 oder 50-Jahre langen militanten Kampf gegen das Regime aufgegeben hat. In diesen Jahren hat ihre Partei einige totalitäre Repressalien erleiden müssen. Was sagen Sie zu den Anschuldigungen? “

Entwicklungsminister Ahmed Nejib Chebbi: “Ein Mitglied der RCD hat uns die Hand gereicht, Was sollen wir machen? Die Hand zurückweisen, wenn alles was die wollen und was wir wollen, ist, dem Land aus dieser Sackgasse zu helfen? Unsere Partei hat als erstes die Frage der nationalen Einheit in den Raum gestellt, noch vor dem Fall Ben Alis. Als Mitglieder der alten sowie der neuen Regierung vorgeschlagen haben, für die notwendigen sozialen und politischen Reformen zusammen zu arbeiten, haben wir das nicht abgelehnt. Wir geben unseren historischen Kampf nicht auf. Im Gegenteil, ich denke, dass die Zusammenarbeit uns die Chance gibt, unsere Ziele in den nächsten sechs Monaten zu verwirklichen.”

euronews: “Warum wurden andere Parteien von der Regierung ausgeschlossen, wie die Kommunisten, die Enahdha-Bewegung oder die Nationalisten?”

Entwicklungsminister Ahmed Nejib Chebbi: “Die Nationalisten gibt es in Tunesien seit sehr langer Zeit, aber sie nicht organisiert, es sind zerstreute Gruppen. Wir respektieren alle. Wir von der Fortschrittlich Demokratischen Partei haben gute Beziehungen mit ihnen. Es sollte auch gesagt werden, dass der Regierungschef mit dem zweitwichtigsten Mann der

Islamisten-Bewegung Enahdha für eine Stunde zusammengekommen ist. Der Regierungschef will auch die anderen Repräsentanten von nicht anerkannten Parteien treffen. Einige haben dies jedoch abgelehnt. Wir haben versucht, alle in die Verhandlungen mit einzubeziehen. Aber wie heißt es doch: `Man schmeißt nicht alles weg, weil man nicht alles, was man wollte, bekommen hat.´

Die Regierung wurde von Parteien zusammengesetzt, die sich in der Lage fühlen, der Herausforderung zu begegnen und die Kompetenz haben, mit den anderen zusammen zu arbeiten, um die gesteckten Ziele zu erreichen.”

euronews: “Es gibt Gerüchte, das tunesische Volk könnte seiner Revolution beraubt werden, von innen und von außen. Wie sehen Sie das?”

Entwicklungsminister Ahmed Nejib Chebbi: “Wenn es eine Bedrohung von außen gebe, würde diese auf einen Umsturz der Regierung abzielen, weil diese Tunesien zum Vorreiter machen wird. Durch eine Volksrevolution, der Jasmin-Revolution.

Die Revolution rauben, wäre, die Forderungen der Menschen abzulehnen. Sie wollen, dass wir Maßnahmen zur Entwicklung in den verschiedenen Regionen ergeifen. Was die Meinungsfreiheit betrifft, sehen wir bereits handfeste Resultate. Und wir haben zum ersten Mal einen Minister für die regionale Entwicklung. Ich übernehme dieses Amt. So senden wir ein starkes Signal an alle Tunesier, dass wir unermüdlich für die sozialen Rechte eintreten, für die Mohamed Bouazizi gestorben ist.”

euronews: “Wie sehen sie die Zukunft der Regierung? Wird sie in der Lage sein, die nötigen politischen Reformen durchzuführen, um die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vorzubereiten?”

Entwicklungsminister Ahmed Nejib Chebbi: “Das Leben birgt viele Herausforderungen und ich wette darauf, dass diese Regierung erfolgreich sein wird. Ich bin mir der Herausforderungen, die vor uns liegen, bewusst, aber ich denke nicht, dass sie eine große Bedrohung für diese Regierung darstellen. Wir werden unsere Verantwortung bis zum Ende tragen. Wir wollen die dringenden politischen Reformen innerhalb der nächsten sechs Monate durchführen. Wir werden das von Tag zu Tag und Stunde zu Stunde erreichen. Wir wollen soziale Reformen und wir werden den Weg für die kommenden Generationen ebnen.”

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