Marine Le Pen will den Euro abschaffen

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Sie polarisiert wie kaum eine zweite Frau in Frankreich: Marine Le Pen ist die neue Chefin der rechtsextrem Partei Front National. Ihre Mission: Sie will rechtsaußen in den Mittelpunkt rücken, salonfähig machen und ihre Partei für die Zukunft rüsten. Die umstrittene Front national wurde 1972 von ihrem Vater Jean-Marie Le Pen gegründet. Mitte Januar hat Marine Le Pen ihn an der Parteispitze abgelöst. Ihr Ziel: Die Präsidentschaftswahlen 2012.

Maria Cecilia Cacciotto, euronews:
Nach etwa 40 Jahren folgen Sie Ihrem Vater und übernehmen den Parteivorsitz der Front National. Sie haben Veränderungen angekündigt. Wie werden Sie sich von der Politik Ihres Vaters absetzen?

Marine Le Pen, Parteichefin der Front National:
Zunächst einmal: Ich muss mich gar nicht von der Politik meines Vaters absetzen, da ich sehr stolz auf seine Karriere bin. Er hat es geschafft, eine Partei in Frankreich zu schaffen, die die französische Nation verteidigt. Das unterscheidet sie von allen anderen globalen Parteien, die in der politischen Landschaft angesiedelt sind.

Und er hat es geschafft, dass seine Partei fortbesteht. Jetzt wird ein neues Kapitel in der Geschichte der Front National aufgeschlagen. Man kann es sozusagen “erwecken und aufbauen” nennen. Mein Vater war der Erwecker, er hat die Menschen in vielen Bereichen erst auf gewisse Problematiken aufmerksam gemacht, an denen Frankreich heute krankt. Wir wollen die Architekten der Front National werden. Dieses neuen neue Kapitel soll uns an die Macht führen. Wir machen uns bereit für den Kampf, um an die Macht zu kommen und unsere Ideen durchzusetzen.

euronews:
Wie wollen Sie das schaffen in Hinblick auf die Präsidentschaftswahl 2012? Sie könnten laut Schätzungen bis zu 18 Prozent der Stimmen holen. Wie wollen Sie eine höhere Prozentzahl erreichen?

Marine Le Pen:
Zunächst müssen wir uns mit der Front National auf lokaler Ebene verankern. Außerdem müssen wir einen größeren Zugang für die Themen unserer Partei schaffen. Wie Sie wissen, wurde die Front National lange Zeit von der Presse und der Politik auf die Themen Unsicherheit und Immigrationsproblematik beschränkt. Dabei ist unser Programm viel größer. Ich war damit beauftragt, für mehr Transparenz in unseren Programmen Wirtschaft- und Soziales zu sorgen.

Und das betrifft auch unser Umweltprogramm, was viele vorher noch nicht wussten. Und natürlich auch unsere Vorstellungen zum Staat, also zur Rolle, die der Staat in Frankreich spielen soll.

euronews:
Ist Frankreich denn bereit für eine Präsidentin?

Marine Le Pen:
Oh ja, das ist meiner Meinung nach gar keine Frage. Und dass Ségolène Royal nicht gewählt wurde, das liegt eher an ihrer Person, denn an der Tatsache, dass sie zufällig eine Frau ist.

euronews:
Sie haben gesagt, dass Sie sich nicht allzu sehr für Europa interessieren…

Marine Le Pen:
Das habe ich niemals gesagt. Niemals. Ganz im Gegenteil. Ich interessiere mich für Europa, da ich es mit all meinen Kräften bekämpfe. Jedenfalls die Europäische Union, nicht Europa an sich. Europa, das ist eine Kultur, ein Gebiet. Ich bin Europäerin. Aber die Europäische Union ist eine Struktur, die für mich totalitäre Züge hat. Also die Europäische Sowjetunion, sozusagen. Je weiter sie fortschreitet, desto mehr wird sie ohne das Volk konstruiert – sie konstruiert sich am Volk vorbei. Je mehr Richtlinien sie uns aufzwängt… Wir sehen doch, und das muss man mal so sagen, dass sie unsere Wirtschaft ruiniert, dass sie uns auf der Tasche liegt, dass sie die Währung beeinträchtigt, dass sie uns ein Lebensmodell aufzwingt, das nicht unser eigenes ist.

euronews:
Falls Sie Präsidentin werden, wollen Sie Frankreich aus der EU herausholen?

Marine Le Pen:
Die Europäische Union ist meiner Meinung tot. Sie ist ein untergehender Stern. Sie glaubt, dass sie lebt, aber sie ist schon längst begraben. Denn auch die Währung, die sie geschaffen hat, ist tot. Derzeit versuchen wir, den Euro um jeden Preis zu retten. Aber um welchen Preis? Ich will nicht, dass mein Volk wie die Iren den Mindestlohn um zwölf Prozent kürzen muss, das Kindergeld kürzen muss, das Arbeitslosengeld und die Beamtenlöhne kürzen muss. Wenn das der Preis ist, den wir zahlen müssen, um den Euro zu retten, dann sage ich: Besser, wir treten aus der EU aus und schaffen den Euro ab.

euronews:
Welche Zukunft hat Europa Ihrer Meinung nach?

Marine Le Pen: Ich denke, man muss ganz von vorne anfangen. Europa kann lebendig sein, wenn es sich auf einer Basis der Nationen erschafft, das nationale Souveränitäten respektiert, das ein Europa der Zusammenarbeit ist – nur dann erzielt es objektiv gesehen gute Ergebnisse.

euronews:
Am 23. Oktober haben sich mehrere rechtspopulistische Parteien in Wien getroffen, wie die Lega Nord und die österreichische FPÖ. Sie haben beschlossen, für ein Referendum zu einem EU-Beitritt der Türkei zu werben. Sie waren nicht dabei. Wurden Sie nicht eingeladen, oder haben Sie eine andere Meinung zum Beitritt?

Marine Le Pen:
Ganz und gar nicht. Wir waren innerhalb der Front National im internen Konkurrenzkampf. Wir wollten abwarten, wer Parteichef wird, um dann die nötigen Kontakte zu knüpfen. Meiner Meinung nach brauchen wir Kontakte zu einer gewissen Anzahl europäischer Parteien. Und ich bin bereit, das Referendum über einen EU-Beitritt der Türkei in Frankreich zu organisieren. Ich bin gegen einen Beitritt der Türkei.

euronews:
Haben Sie die Ereignisse in Tunesien und Ägypten überrascht?

Marine Le Pen:
Nein, nicht so sehr. Denn es sind meiner Meinung nach nicht so sehr demokratische Revolutionen sondern Hungerrevolutionen. Ich denke, dass das Internationale Währungssystem und die schlechten Entscheidungen des Internationalen Währungsfonds und der Welthandelsorganisation zu den hohen Preisen von wichtigen Alltagsprodukten und Lebensmitteln geführt haben. Ich habe zwei Befürchtungen: Erstens, dass vom Sieg der Revolution, vom Bestreben nach Demokratie die islamistischen Parteien profitieren und sie die Macht ergreifen. Das zu leugnen ist meiner Meinung nach absurd. Die zwei Befürchtung: Massive Migrationswellen.

euronews:
Trotz der Wahl zur Chefin der Front National und trotz der Erwartungen, die auf Ihnen ruhen, bleiben Sie doch die Tochter von Jean Marie Le Pen. War Ihnen Ihr Vater nie peinlich?

Marine Le Pen:
Wissen Sie, in der Geschichte einer Partei muss alles mitgemacht werden. Es wäre zu leicht, nur das Gute mitzunehmen und das Störende oder die schlechten Leistungen über Bord zu werfen. Ich stehe zur ganzen Geschichte meiner Partei. Ich erlaube es mir nicht, die schlechten oder weniger guten Dinge von den guten aussortieren, denn das ist meiner Meinung nach nicht anständig. Ich versuche, aus der Vergangenheit und – wenn es denn passiert ist: aus Fehlern zu lernen. Ich ziehe meine Erfahrungen aus den großen und schönen Dingen, die die Front National erreicht hat. Eine “Alle gegen einen”-Partei, mit einer schlechteren Finanzlage im Vergleich zu anderen Parteien, die sich unter schwierigen Bedingungen behauptet hat. Trotzdem glaube ich Ihnen heute sagen zu können, dass wir uns nie geirrt haben.

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