Türkei, ein Modell für den arabischen Raum?

Türkei, ein Modell für den arabischen Raum?
Von Euronews
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Die Türkei ein mehrheitlich muslimisches Land, hat eine demokratisch gewählte Regierung. Es gilt das Prinzip der Trennung von Religion und Staat.

Nach den Umbrüchen in Tunesien und Ägypten ist die Rede vom “türkischen Modell” – als mögliche Inspiration für eine neue politische Zukunft im Nahen Osten.

In Istanbul trafen sich auf der “Leaders of Change” Konferenz Politiker, Intellektuelle, Wirtschaftsexperten und Religionsvertreter, um über den Wandel im Nahen Osten zu diskutieren.

Die Türkei ist eine aufstrebende Macht in der Region und hat Erfahrung mit dem schwierigen

Übergang zur Demokratie.

Das “türkische Modell” zeigt, dass Religion und Reform vereinbar sind.

Die Regierungspartei AKP war 2002 als Erbin einer islamistischen Bewegung angetreten und hat mittlerweile den Fundamentalismus weit hinter sich gelassen.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan erklärt: “Die Türkei hat bewiesen, dass Islam und Demokratie sich nicht ausschließen.”

Die Politikwissenschaftlerin Wendy Chamberlin ist ähnlicher Meinung: “Ich denke, die Türkei entwickelt sich zu einer wichtigen Regionalmacht. Die Türkei hat gezeigt, dass Wirtschaftswachtum, Demokratie und Islam nicht unvereinbar sind. Es ist sogar so, dass sie sich gegenseitig unterstützen. Und ich denke, dies bildet eine wichtige Ausgangsstellung für eine Führungsrolle.”

Doch kann das “türkische Modell” ohne weiteres von Ländern im arabischen Raum übernommen werden?

Der Oppositionelle Ahmed Nejib Chebbi meint:

“Die Türkei hat eine Sonderrolle: Ein demokratischer Staat, der von einer Partei regiert wird, die sich auf den Islam bezieht. Die große Frage, die sich zur Zeit in der arabischen Welt stellt ist: Sind politischer Islam und Demokratie vereinbar? Die Türkei scheint da eine positive Anwort drauf zu sein. Man kann aber nicht sagen, dass dies das Modell ist, nach dem die arabische Welt strebt: Wir suchen nach einem Modell, dass alle politischen Kräfte umfasst: auch den politischen Islam.”

Das Militär hat immer noch viel Einfluss in der Türkei. Kritiker bemängeln, dass die türkische Demokratie, trotz der jüngsten Reformen, noch lange nicht perfekt ist.

Der Schweizer Islamwissenschaftler Tariq Ramadan sieht dass Ganze pragmatisch: “Das türkische Modell braucht auch Reformen. Das ist ein langer Prozess. Die Türkei hat viel erreicht, aber sie ist keine völlig unabhängige Demokratie: Es stellt sich die Frage der Armee, der Europäischen Union. Aber ich denke, dass der Bezug auf den Islam in der türkischen Demokratie eine Möglichkeit aufzeigt, die heutzutage viel Einfluss in der arabischen Welt hat.”

Die Türkei strebt eine Führungsrolle in der Region an, doch sie hat laut dem amerikanischen Journalisten Stephen Kinzer im eigenen Land noch mit Problemen zu kämpfen: “Bevor ein Land eine wachsende Rolle in der Welt spielen kann, braucht es zuhause eine solide Basis. Die türkische Gesellschaft zeigt Zeichen von Polarisierung, von Intoleranz. Diese Probleme der türkischen Gesellschaft gibt es immer noch. Solange die Türkei nicht ‘vereinter’ ist und solange sich die heimischen Konflikte nicht beruhigt haben, denke ich, dass der Einfluss der Türkei in der Welt begrenzt bleiben wird.”

Die türkische Demokratie scheint kein Exportmodell zu sein und die arabischen Länder müssen letztendlich ihren eigenen Weg finden.

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