Janukowitsch: "Ich beeinflusse die Gerichte nicht"

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Von Euronews
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Die Ambitionen der Ukraine für einen EU-Beitritt sollten durch einen Brüssel-Besuch von Präsident Viktor Janukowitsch noch einmal unterstrichen werden. Doch die Beziehungen beider Seiten haben sich jüngst enorm verschlechtert. Grund ist die Gefängnisstrafe für Oppositionsführerin Julia Timoschenko. Der Besuch wurde nun verschoben. Die EU fürchtet, dass die Verurteilung Timoschenkos wegen Amtsmissbrauchs politisch motiviert war. Janukowitsch äußert sich in einem Exklusiv-Interview mit unserem Euronews-Korrespondenten in der Ukraine zu den Vorwürfen.

euronews:
Laut Kritikern aus anderen Ländern ist das ukrainische Justizsystem nicht unabhängig. Der Vorwurf lautet, sie hätten als Präsident die Macht, diese Art von Entscheidungen zu beeinflussen. Was sagen Sie dazu?

Viktor Janukowitsch:
Die Reformen im Justizsystem sollten den europäischen Staats- und Regierungschefs keinen Anlass zur Enttäuschung geben. Vor mehr als anderthalb Jahren haben wir angefangen, uns um diese Angelegenheiten zu kümmern und über systematische Entscheidungen nachgedacht. Wir tun dies innerhalb des Prozesses zur EU-Integration. Wir machen das für unser eigenes Wohl. Wir wissen, dass unsere juristischen Standards geändert werden müssen.

euronews:
Wenn es eine Reform geben sollte, wird dann Timoschenko freigelassen?

Janukowitsch:
Die Timoschenko-Angelegenheit ist umstritten, aufgrund der zahlreichen Gesetzesbrüche. Es könnte auf zwei Ebenen angegangen werden – eine ist die Politische, die andere die Kriminelle. Wir reden hier über Steuerhinterziehung, über Verluste für das Staatsbudget. Wir reden über Gas, das nicht verzollt, aber den ukrainischen Menschen verkauft wurde. Wir reden über Verluste für das Land.

euronews:
Sagen Sie damit, dass die EU falsch liegt, wenn sie die Ukraine in diesem Fall kritisiert? Der Eindruck ist entstanden, dass es auch andere Gründe geben könnte, wie beispielsweise die Tatsache, dass Timoschenko ein Unternehmen geschlossen hat, das den Interessen Ihrer Partei sehr nahe stand.

Janukowitsch:
Im Fall von Timoschenko ist es unmöglich, zu irgendeinem Schluss zu kommen. Nur die Gerichte können Schlussfolgerungen ziehen. Hier müssen wir die Urteile, die im Ausland gefällt worden sind, mit berücksichtigen. In den USA ist das der Fall von Lazarenko und in Russland der Fall von General Oliynic.

euronews:
Die EU scheint diese Anschuldigungen, über die Sie sprechen, zu ignorieren, da es vordergründig bei den Vorwürfen während des Prozesses um die Unterschrift ging. Das wird von internationalen Beobachtern als politischer Ansatz gewertet und nicht als krimineller.

Janukowitsch:
Ich habe mein Amt niemals dafür ausgenutzt, Druck auf die Gesetzgeber oder die ukrainischen Gerichte auszuüben. Ich wünsche mir, dass Timoschenko ihre Unschuld beweist. Wenn sie einen Fehler gemacht hat, und das ganze Land deshalb leiden muss, sollte sie es zugeben. Wenn sie keine Steuern gezahlt hat, sollte sie das zugeben und zahlen. Das wäre selbstverständlich. Wir wollen, dass die Ukraine erwachsen wird, sich integriert und die modernen europäischen Standards und Richtlinien anwendet.

euronews:
Die Anschuldigungen stammen aber von der internationalen Gemeinschaft.

Janukowitsch:

Die Ukraine muss sich zum Besseren verändern, aber Druck auf uns auszuüben, ist falsch. Die Entwicklung ist immer noch im Gange, aber sie bringt bereits positive Veränderungen mit sich.

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