Denys Gauer, der Botschafter Frankreichs in Bagdad

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Euronews-Reporter Aissa Boukanoun war in der irakischen Hauptstadt Bagdad. Dort konnte er den französischen Botschafter Denys Gauer für ein Interview gewinnen.

Der Irak ist ein gefährliches Land. Ein kaputtes Land. Die Sicherheitslage ist alles andere als beruhigend. Die Diplomaten, die im Irak Dienst tun, bekommen hohe Zulagen, doch lohnt sich das?

Der französische Botschafter in Bagdad, Denys Gauer, berichtet von seiner Arbeit in einem gefährlichen, aber interessanten Land.

Euronews: “Wie definieren Sie Ihre Rolle als Botschafter in so einem gefährlichen Land?”

Botschafter Gauer: “Sicherlich sind die Bedingungen hier in Bagdad besondere, aber ein Botschafter, ja Diplomaten im Allgemeinen, müssen sich überall auf der Welt anpassen können. Hier im Irak ist natürlich das größte Problem die Sicherheit. Um die Sicherheit ist es jetzt schlimmer bestellt als noch 2006, 2007. Die mangelnde Sicherheit erschwert unsere Lage. Wir haben dadurch eine Reihe von Problemen. So müssen zum Beispiel die Gebäude, in denen wir arbeiten, die Botschaften, besonders gesichert werden. Einige Botschaften sind in der sogenannten “Grünen Zone”. Das ist eine abgeriegelte und sichere Gegend in Bagdad.

Die französische Botschaft liegt allerdings außerhalb dieser Zone. Das setzt uns noch größerer Gefahr aus.

Dann gibt es das Problem, wie wir sicher zum Arbeitsplatz kommen. Das ist eigentlich am gefährlichsten. Wenn ein Botschafter sich irgendwohin begeben will, braucht er einen Sicherheitskonvoi. Das schränkt uns enorm in unserer Bewegungsfreiheit ein. Die Rolle eines Diplomaten sollte ja auch sein, den Kontakt mit den Leuten in dem Land zu pflegen, wo er seinen Dienst tut. Wenn wir kaum irgendwohin können, weil wir ein Sicherheitsaufgebot sondergleichen brauchen, dann stellt das schon ein Problem dar.”

Euronews: “Haben die irakischen Politiker, mit denen Sie sprechen, ein offenes Ohr, wenn es um solche Themen wie Demokratie, Freiheit und Gleichheit geht?”

Botschafter Gauer: “Ich glaube schon. Ich bin oft überrascht, wie offen und wissbegierig meine Gesprächspartner sind.

Der Irak ist ein Land, das wieder aufgebaut werden muss. Alle, die sich daran beteiligen wollen, haben zwangsläufig ein großes Interesse daran, was in der Welt passiert. Sie wissen, dass sie hier beim Wiederaufbau ganz unten anfangen müssen.

Was jetzt speziell Frankreich angeht, so sehe ich ein großes Interesse an unserer politischen Erfahrung, aber auch an unserem sozialen System und an der Art und Weise, wie wir in Frankreich mit religiösen Unterschieden umgehen, wie die Gesellschaft und die Presse organisiert sind.

Ich stehe in engem Kontakt mit den Medien. Sie zeigen großes Interesse an Fortbildungen. Ich glaube, der Irak ist ein Land, das sich wirklich dem Rest der Welt öffnen will, um sich das Beste herauszusuchen, damit der Wiederaufbau gelingt.”

Euronews: “Ist die prekäre Sicherheitslage ein Problem für europäische Investoren?”

Botschafter Gauer: “Für sie ist die Sicherheitslage genauso ein Problem wie für uns Diplomaten. Die Unternehmer, die hierher kommen, sehen das mit ihren eigenen Augen. Aber das ist nicht unbedingt ein allzu großes Hindernis. Man kann heute schon arbeiten in Bagdad und auch im Rest des Landes. Man kann sich auch in den Provinzen bewegen und Projekte umsetzen. Man muss nur vorsichtig sein.

Die Unternehmer müssen eben bestimmte Maßnahmen zu ihrem Schutz ergreifen. Hauptsächlich, wenn es darum geht, sich im Land zu bewegen. Aber das ist etwas, das muss miteinberechnet werden, wenn jemand im Irak investieren will.”

Euronews: “Stellt der Irak denn jetzt in der Finanzkrise eine besondere Investitionsmöglichkeit für europäische Unternehmen dar?”

Botschafter Gauer: “Ganz zweifellos. Ich würde sogar soweit gehen, zu sagen, dass kein anderes Land der Welt solche Möglichkeiten im Moment bietet wie der Irak. Der Irak hat 33 Millionen Einwohner. Die gesamte Infrastruktur muss neu aufgebaut werden. Das ist ein enorm großer Markt. Außerdem gibt es dort Öl. Es ist also eigentlich ein reiches Land. Die Ölausfuhren und die Einnahmen dadurch sind seit 2011 wieder angestiegen. Doch, es gibt hier viele Möglichkeiten.”

Euronews: “Der Irak braucht ja dringend Investitionen. Was kann Frankreich da konkret beitragen?”

Botschafter Gauer: “Wir haben Glück, denn unsere Unternehmen sind gut ausgerüstet, um genau darauf einzugehen, was der Irak braucht. Zum Beispiel, was die Infrastruktur im Irak angeht. Sie muss von ganz unten wieder aufgebaut werden.

Wir können auch im Ölgeschäft und beim Aufbau des Stromnetzes helfen. Das irakische Volk braucht übrigens dringend Strom. Auch im Transportwesen gibt es viel zu tun, sei es in den Städten oder was die Zugverbindungen im Land angeht. Dasselbe gilt für die Wasserwirtschaft. Trinkwasser, Abwasser, – es gibt viel zu tun. Krankenhäuser, die Telekommunikation, auf all diesen Gebieten können französische Unternehmen tätig werden. Und unsere Unternehmen, die ins Land kommen, sind in der Tat zahlreich.

Im Jahr 2008 exportierten wir für 170 Millionen Euro in den Irak. 2011 waren es schon 850 Millionen Euro. Da sehen Sie, wie sich das in nur drei Jahren gesteigert hat. Und ich glaube, wir können das noch viel weiter steigern.”

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