Friedlicher Machtwechsel im Senegal: Macky Sall verspricht neue Ära

Friedlicher Machtwechsel im Senegal: Macky Sall verspricht neue Ära
Von Euronews
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Nach zwölf Jahren bekommt Senegal einen neuen Präsidenten. Der greise Amtsinhaber Abdoulaye Wade muss nach der Stichwahl Macky Sall weichen. Beobachter lobten die Wahl als “Lehrstunde der Demokratie” für die Region. Der gelernte Geologe ging vor 19 Jahren in die Politik. Er wird der vierte Präsident des westafrikanischen Landes. Euronews sprach mit Macky Sall in Dakar.

Francois Chignac für euronews:
“Guten Tag Herr Präsident Macky Sall und vielen Dank für Ihre Bereitschaft, mit euronews zu sprechen. Meine erste Frage ist einfach: Sie definieren sich selbst als ein Präsident einer neuen Ära. Was bedeutet diese Zäsur für Senegal?”

Präsident Macky Sall:
“Es wird eine mustergültige Regierungsführung werden, eine nüchterne, aber effektive Regierung. Wir werden öffentliche Gelder für die lebenswichtigen Bedürfnisse der Bevölkerung ausgeben. Die Lebenshaltungskosten sind sehr teuer im Senegal, es gibt wenig Einkommen, keine Arbeit. Es muss sichergestellt werden, dass öffentliche Gelder besser ausgegeben werden. Derzeit gibt es einen sozialen Notstand. Die Leistungen der Krankenversicherung, der Wohlstandsindikator des Landes müssen verbessert werden. Die gesellschaftlichen Bedürfnisse in Bezug auf Bildung, Ausbildung und Lernen müssen erfüllt werden. Die Regierung muss Investoren gewinnen und Arbeitsplätze schaffen. Ich denke, das ist die Zäsur.”

euronews:
“Sie sprechen von einer mustergültigen Regierung. Die Gewalt der letzten Wochen hat die Verärgerung der senegalesischen Bewvölkerung gezeigt. Werden Sie Richter berufen, die mögliche Veruntreuungen während der Präsidentschaft von Abdoulaye Wade untersuchen, oder werden Sie Richter berufen, die die Vergangenheit ruhen lassen?”

Präsident Macky Sall:
“Nein, es wird weder das eine noch das andere geben. Das mindeste was man macht, wenn man die Macht übernimmt, ist eine Inventur, damit man weiß, woran man ist. Man muss sehen, in welchem Zustand das Land ist, welche Verpflichtungen es hat und wie hoch die Verschuldung ist. Beispielsweise scheint die Verschuldung in den letzten Jahren exponentiell gewachsen zu sein. Wir müssen wissen, was das für uns bedeutet jetzt und für die Zukunft. Das ist das Hauptproblem. Ich werde keine Hexenjagd beginnen, aber ich werde einen Kassensturz machen, um herauszufinden, in welchem Zustand sich das Land befindet und wohin es sich entwickeln soll.”

euronews:
“Also kein reiner Tisch im Namen des Volkes. Obwohl die Senegalesen das fordern.”

Präsident Macky Sall:
“Aber ja doch! Es wird eine Bestandsaufnahme geben. Wir werden genau prüfen, in welchem Zustand sich das Land befindet, und wenn sich herausstellt, dass es Rechtsverstöße gab, werden sie geahndet werden. Aber das ist nicht die Aufgabe des Präsidenten, dafür gibt es Gerichte. Wir sind eine Republik mit bestimmten Verfahrensregeln. Wenn es Prozesse geben wird, wenn Menschen angeklagt werden, werden sie vorgeladen und können sich verteidigen. Aber all das wird in einem normalen, ruhigen Rechtsverfahren geschehen, ohne Zugeständnisse oder Rachsucht.”

euronews:
“Sie sagen, Sie sind der Präsident einer neuen Ära. Was entgegnen Sie Kritikern, die behaupten, Sie wären nur ein Zögling, ein Günstling von Abdoulaye Wade?”

Präsident Macky Sall:
“Darum geht es nicht. Ja, es stimmt, ich wuchs als junge Führungskraft in seinem Schatten, in seiner Partei heran. Und wir kämpften 19 Jahre gemeinsam, Seite an Seite. Ich habe keine Probleme damit, zuzugeben, dass Wade mein Mentor war. Aber irgendwann trennten uns politische Fragen. Ab diesem Moment nahm ich mein politisches Schicksal selbst in die Hand und gründete eine Partei. Ich hatte ein offenes Ohr für die Senegalesen und dreieinhalb Jahre später brachte mich mein Handeln dahin, wo ich heute stehe. Ich bin ein politischer Führer. Ich habe eine klare Vision der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Landes. Ich kenne die Prioritäten des Senegals, weil ich dieses Land bis in die entlegensten Gebiete bereist habe. Ich habe die Verpflichtung, dieses Land mit Hilfe der Mehrheit der Senegalesen aus seiner Unterentwicklung herauszuführen. Und ich bin überzeugt, dass wir es schaffen werden. Dass wir durch harte Arbeit ein prosperierendes Land werden.”

euronews:
“Während der Präsidentschaftswahlen hatten Sie die Unterstützung des Sängers Youssou N’Dour, der sich nicht selbst zur Wahl stellen konnte. Wird Youssou N’Dour ihr Kulturminister werden?”

Präsident Macky Sall:
“Sie wissen, dass Youssou N’Dour im Moment einer der besten Botschafter ist, den der Senegal für die Förderung seines Image haben kann. Das ist so, seit er international berühmt ist. Ich glaube, er könnte eine entscheidende Rolle in der Regierung spielen, entweder in der Kultur oder in einem anderen Bereich. Wenn er will, warum nicht!”

euronews:
“Es wurde und wird heftig kritisiert, dass Präsident Abdoulaye Wade und seine Regierung nicht genug tun, um den Konflikt in der Region Casamance zu lösen. Der Guerillakrieg dort dauert an. Kürzlich wurden dort Soldaten getötet und manchmal werden Touristen Opfer der Rebellen. Werden Sie dieses Problem lösen?”

Präsident Macky Sall:
“Das ist eines der schwierigsten Probleme des Senegals, denn dieser Konflikt dauert bereits 30 Jahre. 30 Jahre Verzweiflung, Tod und Blutvergießen. Es ist höchste Zeit, alle nationalen Ressourcen zu mobilisieren, um einen dauerhaften Frieden in der Casamance zu erreichen. Es wird für mich oberste Priorität haben, die Voraussetzungen für einen nationalen Dialog zu schaffen, an dem nicht nur alle an diesem Konflikt beteiligten Parteien – wie die Rebellen und die Menschen der Casamance – einbezogen werden, sondern auch befreundete Länder, die in diesen Konflikt involviert sind. Denn ihr Gebiet – sowohl in Gambia wie auch in Guinea Bissau – wird manchmal von den Rebellen als Operationsgebiet genutzt.
Parallel zu den Friedensbemühungen werden wir die Entwicklung der Casamance vorantreiben, die Region an das Land anbinden und versuchen, den geografischen Bruch zwischen Norden und Süden zu schließen. Zwischen Casamance und dem Rest des Senegals liegt das souveräne Land Gambia. Dieser Territoriumskonflikt muss gelöst werden. Kurz gesagt, wir wollen, dass die Region Frieden in einem vereinten und unteilbaren Senegal findet.”

euronews:
“Herr Präsident, ich danke Ihnen, dass Sie uns empfangen und sich den Fragen von euronews gestellt haben.”

Präsident Macky Sall:
“Ich danke Ihnen.”

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