Davutoğlu besteht auf Visumfreiheit für Türken

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Der türkische Außenminister Ahmet Davutoğlu gilt als Architekt der neuen türkischen Außenpolitik. Der Politikwissenschaftler und Historiker hat den Spitznamen, der “türkische Kissinger”. Mit seiner “Null-Probleme-Politik” gegenüber den Nachbarstaaten hat er die Türkei zu einem wichtigen regionalen Faktor gemacht.

euronews: Vielen Dank, dass Sie sich am Rande der Syrien-Konferenz Zeit für uns genommen haben. Die Krise in Syrien zieht sich hin. Der Anannplan hat dem Regime Zeit verschafft. Andererseits versuchen wir die Opposition zu vereinigen. Das braucht Zeit. Wird die Türkei in Schwierigkeiten kommen, wenn die Krise anhält? Eine Pufferzone ist auch eine Option.

Ahmet Davutoğlu: Natürlich wird bei einem Anhalten der Krise nicht nur die Türkei, sondern die ganze Region Schwierigkeiten bekommen. Denn Syrien befindet sich in eine geopolitisch wichtigen Position. Es ist eng mit allen Nachbarstaaten verzahnt. Es ist ein bedeutender Nachbar der Türkei. Jegliche Spannung in Syrien kann auf alle Nachbarstaaten ausstrahlen. Deshalb ist Abwarten keine Option. Die Völkergemeinschaft muss einschreiten und verhindern, dass dies ein Herd der Instabilität wird.

euronews: Befürchten Sie einen bewaffneten Konflikt?

Ahmet Davutoğlu: Den gibt es schon.

euronews: Ich meine eine Ausweitung.

Davutoğlu: Das hängt von der internen Entwicklung ab. Aber das Risiko besteht. Alle internen Konflikt betreffen letztendlich die Nachbarstaaten und die Region. Das ist offensichtlich. Daher haben wir eine humanitäre und historische Verantwortung gegenüber dem syrischen Volk – und die werden wir wahrnehmen.

Wir sind ebenfalls entschlossen, dies im Einklang mit der Völkergemeinschaft zu unternehmen. Wenn dieser Konflikt die Interessen der Türkei zu beeinträchtigen droht, dann hat die Türkei jedes Recht, alle erforderlichen Schritte für ihre nationale Sicherheit zu unternehmen.

euronews: Sie sind gerade aus dem Iran zurückgekehrt. Syrien ist ein wichtiger Streitpunkt zwischen der Türkei und dem Iran. Beide Länder haben verschiedene Vorstellungen über die Zukunft Assads. Belastet das die Beziehungen zwischen der Türkei und Syrien?

Davutoğlu: Nein, unsere Beziehungen sind tief verwurzelt. Wenn wir Meinungsverschiedenheiten haben, teilen wir sie so wie früher. Unser Ministerpräsident hat unsere Sorgen seinem iranischen Amtskollegen mitgeteilt. Natürlich haben wir Meinungsverschiedenheiten, was die syrische Regierung und ihre Zukunft angeht. Wir sind in ständigem Kontakt mit dem Iran, um diese Probleme zu überwinden. Syrien ist ein Anrainer der Türkei. Die Türkei ist besorgt über die Entwicklungen im Syrien. Es ist wichtig, dass die Völkergemeinschaft unsere Position anerkennt.

euronews: Es sieht so aus, als sei das Interesse der Türkei an der EU geschwunden. Es scheint, dass die Beziehungen zur EU eingefroren werden, wenn Zypern den Ratsvorsitz übernimmt. Was halten Sie von der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei?

Davutoğlu: Ich finde es ist falsch, zu sagen, dass unser Beziehungen zur EU zurückfallen. In der vergangenen Woche war ich zum ersten Mal zu einem Außenministerrat in Brüssel eingeladen. Die Beziehungen entwickeln sich weiter. Aber wir haben Schwierigkeiten in der Frage des EU-Beitritts. Mit der Integration Südzyperns in die EU ist eine Abnormalität aufgetreten, und die erreicht nun ein neues Stadium.

Tatsächlich ist nach Europarecht die ganze Insel EU-Mitglied. Nun übernimmt eine Land, Griechisch-Zypern, das nicht ganz Zypern repräsentiert, die Ratspräsidentschaft. So weitet sich die Abnormalität aus. Wenn die EU nicht in der Lage ist, diese Schwäche zu überwinden, dann werden Fortschritte bei den Verhandlungen nicht einfach sein, egal, wie sehr sich die Türkei anstrengt. Zunächst muss sich die EU entscheiden. Sie muss alle Hindernisse für eine türkische Vollmitgliedschaft aus dem Weg räumen. Wenn die EU eine globale Macht werden will, geographisch und kulturell, mit einer geopolitischen Basis, wirtschaftlicher Dynamik und kultureller Inklusion, dann muss die Türkei Vollmitglied werden.

Die türkische Wirtschaft ist stark und dynamisch. Das zeigt den strategischen Wert der Türkei für die EU. Aber wir brauchen europäische Politiker, die fähig sind, das zu verstehen. Wir brauchen Visionäre. Unglücklicherweise ist es ohne solche Visionäre schwer für die Türkei und die EU eine neue Dimension ihrer Beziehungen zu erreichen.

euronews: Letzte Frage. Visumpflicht für Türken. Die Türkei verlangt Bewegungsfreiheit für ihre Bürger in der EU. Aber das wird nicht zugestanden. Wer blockiert Ihres Erachtens die Reisefreiheit der Türken in der EU?

Davutoğlu: Das ist für uns eine entscheidende Frage. Lassen Sie es mich ganz klar sagen. Das ist ein Recht unserer Staatsbürger. Es war zwingend nach dem Abkommen über die Zollunion 1996 eine Liberalisierung der Visumpflicht durchzuführen. Es gibt mehrere Entscheidungen der Europäischen Gerichte die entschieden haben, dass die Visumpflicht gegen Europarecht verstößt. Die Logik der Zollunion und der Gerichtsentscheidungen zeigen, dass die Umsetzung Visumpflicht illegal ist. Darüberhinaus ist es für uns schwer verständlich, dass für gewisse südamerikanische Staaten, die nichteinmal den Status eines Beitrittskandidaten besitzen, keine Visumpflicht besteht. Das ist ein illegitimes Vorgehen.

Trotz aller Versprechungen sollen einige Länder gegen Erleichterungen sein. Aber wenn wir sie ansprechen, dann sagen sie uns, sie hätten nichts gegen Visumerleichterungen oder dass sie nicht gegen die Bewegungsfreiheit für Türken in der EU seien. Am 26. April wird sich der innenpolitische Ausschuß der EU treffen. Bei diesem Treffen müssen wir Fortschritte erreichen. Zusammenfassend, die EU-Mitglieder müssen verstehen, dass Bewegungsfreiheit für türkische Staatsbürger ein Recht ist, und dass wir alles unternehmen werden, was wir können, damit diese Recht anerkannt wird.

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