Mobbing am Arbeitsplatz

Mobbing am Arbeitsplatz
Von Euronews
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Vielfalt bei den Angestellten ist eine Bereicherung für Unternehmen. In Europa wird das allmählich erkannt, aber die Statistiken zeigen, dass es immer noch sehr viel Mobbing am Arbeitsplatz gibt.

Mobbing ist häufig ein Tabu-Thema. Viele Betroffenen schweigen und leiden so jahrelang. Der Franzose Marc ist einer von ihnen. Er wurde fast zehn Jahre lang an seinem Arbeitsplatz gemobbt:
“Ich wurde wegen meiner Homosexualität angegriffen. Ich kam nach meiner Mittagspause zurück und auf meinem Schreibtisch stand geschrieben: “Stirb du Schwuchtel.” Während der Arbeit bekam ich anonyme Anrufe mit Todesdrohungen. Ich wurde herabgesetzt und bekam nur kleine Aufgaben zugeteilt. Es kann passieren, wie in meinem Fall, dass man monatelang alleine in einem Büro sitzt, ohne Kontakt zu den anderen Angestellten und ohne Arbeit.”

Im Jahr 2000 wurde mit zwei europäischen Direktiven ein rechtlicher Rahmen für den Kampf gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz geschaffen.

Dank dieser Richtlinien konnte Marc sich zur Wehr setzen: “Europa hat uns gezeigt, dass auch Homesexuelle ein Recht auf Respekt haben. Europa hat uns die Möglichkeit gegeben, uns am Arbeitsplatz zu verteidigen. Ich habe das genutzt.”

Nach einem langwierigen Kampf hat Marc eine finanzielle Entschädigung erhalten und seine Peiniger wurden bestraft.

Die europäische Union verfügt über weit entwickelte rechtliche Mittel im Kampf gegen Diskriminierungen. In jedem EU-Staat ist eine unabhängige Behörde damit beauftragt die Chancengleichheit zu fördern.

Diese Behörden wurden im Jahr 2000 gegründet.
Sie sollen dabei helfen die Anti-Diskriminierungsgesetze anzuwenden. Sie sind alle miteinander vernetzt in einer Struktur namens Equinet.

Ihr Vorstand Jozef De Witte, leitet auch das Zentrum für Chancengleichheit in Brüssel: “Als erstes müssen wir den Menschen klar machen, dass es eines ihrer Grundrechte ist, nicht diskriminiert zu werden. Und, dass sie sich, wenn sie ein Problem haben, an eine Behörde wie das Zentrum für Chancengleichheit wenden können, um eine Lösung zu finden.
Wir können eine Untersuchung veranlassen und mit dem Arbeitgeber reden, unter anderem mit den Menschen, die das Opfer gemobbt haben. Wir könnten das Mobbing stoppen, versuchen für das Opfer eine Entschädigung zu erhalten und verhindern, dass es an diesem Arbeitsplatz erneut zu Mobbing kommt.”

In der Europäischen Union wurde ein rechtlicher Schutzrahmen geschaffen, in dem sechs Kriterien berücksichtigt werden: ethnische Herkunft, Geschlecht, Alter, sexuelle Orientierung, Behinderung und Religion.

Doch oft ist es für Mobbing-Opfer schwierig Diskriminierung am Arbeitsplatz zu beweisen. Der Franzose Yacouba Barry, der aus Burkina Faso stammt, hat es am eigenen Leib erlebt. Er bestand die Schuldirektor-Prüfung und musste dann eine Probezeit von zwei Jahren an einer Schule in der Nähe von Paris absolvieren.

Dort bekam er es mit einer sehr feindseligen Chefin zu tun. Yacouba erinnert sich: “Als sie mich zum ersten Mal sah, waren ihre ersten Worte: “Was machst du hier? Ich will dich hier nicht haben. Ich werde alles tun, um dich loszuwerden.” Zwei Jahre lang ging das in diesem Ton weiter. Sie hat vor keiner Form von Erniedrigung und keiner Form von Verfolgung zurückgeschreckt.”

Trotz der gesammelten Beweise, der Unterstützung der Lehrer, bekam Yacouba nach seiner Probezeit nicht den angestrebten Posten. Er sagt, dass auch Inspektoren des Bildungsministeriums seine Fähigkeiten in Frage stellten. “Das Bildungsministerium gehört zu den Institutionen, die sich dem Kampf gegen Diskriminierung verschrieben haben. Aber zwischen den Gesetzen und dem was wirklich passiert, tut sich oft ein Graben auf,” so Yacouba.

Das Verwaltungsgericht soll sich demnächst dem Fall annehmen. Yacouba will diese Geschichte endlich hinter sich bringen: “Während ich darauf warte, dass die Justiz für Gerechtigkeit sorgt, muss ich das Ganze alleine ausbaden.”

Jozef de Witte weiß, was Mobbing-Opfer wie Yacouba durchmachen: “Abgelehnt zu werden für das was man ist und nicht für das was man tut ist sehr schwierig. Viele Menschen wollen sich aus diesem Grund nicht mit dem Problem auseinandersetzen, weil sie sich so verletzbar und schwach fühlen. Man muss diesen Menschen Mut machen, denn nur dann werden sie sich trauen ihren Fall vor einem Zentrum für Chancengleichheit oder einem Gericht vorzubringen.”

Diskriminierung zu bekämpfen, das bedeutet auch Chancengleichheit am Arbeitsplatz zu fördern.
In ganz Europa gibt es diesbezüglich Chartas. Unternehmen, die sie unterschreiben, vepflichten sich dazu Chancengleichheit zu unterstützen.

In Spanien hat sich Myrtha Casanova für eine solche Charta eingesetzt. Sie lebt in Barcelona und beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Thema. Sie hat das europäische Institut für Vielfalt und Gleichstellungsfragen gegründet und geleitet. Ihr fielen als erstes die großen Unterschiede zwischen Nord- und Südeuropa auf:
“Im Jahr 2000 führten wir unsere erste Untersuchung zur Vielfalt in Europa durch. Wir kamen zu dem verblüffenden Ergebnis, dass die Leistungen im Bereich Integration in den nördlichen Ländern sehr viel höher waren. 20 Prozent der Unternehmen engagierten sich für Chancengleichheit. Im Süden Europas hat sich nur ein Unternehmen von tausend mit der Frage beschäftigt.”

Seitdem hat der Süden Europas große Fortschritte gemacht. Immer mehr Unternehmen fördern Vielfalt und Chancengleichheit. “Die Vielfalt-Charta ist sehr nützlich, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Die Unternehmen, die diese Charta unterschreiben, übernehmen Verantwortung. Wenn in einem Land mehrere Unternehmen die gleiche Charta unterschreiben, dann können sich sich untereinander austauschen, voneinander lernen. So ensteht eine Dynamik, die dazu führt, dass Gleichstellungsregeln verabschiedet werden,” so Myrtha Casanova.

Zurück in Frankreich, das als erstes Land in Europa die Vielfalt-Charta unterschrieben hat. Die SNCF, die französische Bahngesellschaft, hat die Charta angenommen und alle Manager müssen eine Fortbildung machen. Claude Mwangelu ist für Chancengleichheit bei der SNCF zuständig: “Die Unternehmen heute engagieren sich nicht nur für diese Fragen, um ihr Ansehen zu verbessern. Die Vielfalt wird vielmehr als eine Bereicherung angesehen. Wir bemühen uns alle zu integrieren, ihren Wert zu erkennen, alle zu akzeptieren, mit ihren Unterschieden und Fähigkeiten.”

Der Arbeitsplatz musste für Pierre Vautrin angepasst werden. Eine kleine Investition, die sich gelohnt hat. Pierre leitet heute ein neunköpfiges Team, das die Fahrzeiten der Züge handhabt.
Pierre erzählt: “Man muss eine Arbeit finden, bei der man so selbstständig wie möglich sein kann. Man sollte auch berücksichtigen, dass Menschen wie ich, eine andere Sichtweise haben. Mir gefällt meine Arbeit, es läuft gut, ich bin mit meinem Los zufrieden.”

Vielfalt und Chancengleichheit am Arbeitsplatz, der rechtliche Rahmen steht, er muss nur noch überall umgesetzt werden.

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