Menschenrechte leiden unter der Wirtschaftskrise

Menschenrechte leiden unter der Wirtschaftskrise
Von Euronews
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Euronews im Interview mit Salil Shetty, Generalsekretär Amnesty International.

Euronews:

Die Menschen in Ägypten wählen einen neuen Präsidenten. Machen Sie sich Sorgen, über die Zukunft der Staaten, in denen der sogenannte “arabische Frühling” begann?

Salil Shetty, Generalsekretär Amnesty International:

Nun, da ist einiges im Umbruch. Das bedeutet aber oft nicht gleichzeitig das Ende der totalitären Regierungen. Daher müssen wir wachsam sein, unabhängig davon, wo und wer gewählt wird.

Es gibt nämlich noch einige Punkte, die dort dringend zu tun sind. Zunächst müssen in diesen Ländern die Notstandsgesetze abgeschafft werden. Dann muss der Sicherheitsapparat vollständig überholt werden. Wir brauchen Verfassungen, deren Rechte respektiert werden.

Ohne eine Verfassung, die auch Minderheitenrechte berücksichtigt, die Rechte der Frauen und religiöser Minderheiten (wie der Kopten), wird es unmöglich sein, den übrigen Staatsapparat demokratisch umzubauen.

Daher benötigen wir diese Verfassung, neue Institutionen, ein neues Bildungswesen. Natürlich geht das nicht über Nacht. Da wartet also noch viel Arbeit. Ich bin dennoch optimistisch: allein der Wechsel war schon sehr, sehr wichtig. Es ist aber unrealistisch, zu erwarten, jetzt würde sich alles sofort ändern lassen.

Themenwechsel: der UN-Sicherheitsrat hat in Bezug auf Syrien bislang keine klare Strategie erkennen lassen, wie er die dortige Krise lösen will. Wie denken Sie über die Rolle, die der Sicherheitsrat in der Syrienkrise spielt?

Tausende Menschen mussten in Syrien ihr Leben lassen, bevor der Sicherheitsrat überhaupt bereit war, zu Syrien Stellung zu nehmen und eine kleine Zahl militärischer Beobachter zu entsenden. Amnesty International weiß aber nach wie vor von gravierenden Menschenrechtsverletzungen in Syrien.

Der Sicherheitsrat hat jedoch nichts unternommen: er hat weder den internationalen Strafgerichtshof angerufen, noch Mindesthilfen bereitgestellt.
Leider wissen wir, dass dies der Fall ist, weil Russland kommerzielle und militärische Interessen in Syrien verfolgt und dabei von China unterstützt wird. Dies ist jedoch kein neues Muster im UN-Sicherheitsrat. Das hat es dort zuvor auch schon gegeben.

So stützten die USA jahrzehntelang die ägyptische Diktatur und Frankreich die tunesische. Wir müssen die Beschlussfähigkeit des Sicherheitsrates endlich reformieren. Er sollte für die Einwohner der Mitgliedstaaten sprechen,- statt dessen, verfolgt er eigene Interessen.

Werfen wir einen Blick auf den Westen: in Europa und den USA liegt ein Jahr voller Proteste gegen die Wirtschaftskrise liegt hinter uns. Was muss sich ändern?

Nun, die Folgen der Krise müssen oftmals die ärmsten Glieder der Gesellschaft tragen.

Wir haben in Europa gesehen, dass unter Randgruppen nach Sündenböcken gesucht wird. Immigranten und Flüchtlinge sind betroffen, als wären SIE für die Krise verantwortlich. Wir appelieren daher an die Regierungen, sicherzustellen, das aus der Wirtschaftskrise keine humanitäre Krise wird.

Bevor also die Budgets und Hilfsleistungen gekürzt werden muss zuerst sichergestellt werden, dass dies keine Einschränkung der Menschenrechte bedeutet.
Egal ob es um Gesundheit geht, um Wasser, Bildung oder Unterkünfte – es muss immer berücksichtigt werden, dass, diese Dinge betreffend, auch international relevante Verträge unterzeichnet wurden, bevor es zu Kürzungen kommt.

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