Iran-Krise: "Die Situation wird noch schlimmer"

Iran-Krise: "Die Situation wird noch schlimmer"
Von Euronews
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Irans Währung, der Rial, befindet im freien Fall. Seit Ende 2011 hat er mehr als 80 Prozent seines Werts gegenüber dem Dollar eingebüßt. Ein Dollar kostete am Dienstag 45 000 Rial. Und damit 8000 Rial mehr als einen Tag vorher, am Montag.

Irans Präsident Ahmadinedschad machte unter anderem den Westen für den Währungsverfall verantwortlich. Die Sanktionen gegen den Iran seien ein geheimer Krieg gegen das Volk, sagte er. Das Vorgehen des Westens habe keine wirtschaftliche Rechtfertigung. Das Land werde aber dem Druck nicht nachgeben und das Atomprogramm fortsetzen.

Die Sanktionen, mit denen der Westen Teheran im Atomstreit zum Einlenken zwingen will, treffen die Ölexporte und Banken des Iran ebenso wie die Bevölkerung. Die muss immer mehr für Lebensmittel zahlen. Wir analysieren die Krise nun im Gespräch mit dem iranischen Wirtschaftswissenschaftler Jamshid Assadi.

Reihaneh Mazaheri, Euronews:
Dr. Jamshid Assadi ist Wissenschaftler und Dozent für Wirtschaft in Paris, guten Tag.
Die Preise der iranischen Währung unterlagen in den letzten Jahren immer wieder Schwankungen, aber niemals in dem Maße wie heute. Was sind die Gründe?

Dr. Jamshid Assadi, Professor an der Burgundy Business School:
Die Krise hat vor etwa einem Jahr begonnen. Das heißt, der Rial hat im Vergleich zum Dollar und Euro stetig an Wert verloren. Das liegt hauptsächlich am schwindenden Vertrauen der Iraner – sowohl der Familien als auch der Unternehmen – in ihre Regierung. Wegen des instabilen Rial wollten die Menschen lieber in Dollar investieren. Deswegen ist die Nachfrage nach dem Dollar gestiegen, und weil das Angebot kleiner wird, steigt der Wechselkurs mehr und mehr an.

Euronews:
Der Sprecher des amerikanischen Außenministeriums sieht in dieser Währungskrise eine Verbindung zu den internationenen Sanktionen gegen das iranische Atomprogramm. Denken Sie, dass die Sanktionen die iranische Wirtschaft geschwächt haben?

Dr. Jamshid Assadi, Professor an der Burgundy Business School:
Seit Beginn der iranischen Revolution hat die Wirtschaftspolitik der Regierung versagt. Das ist eine Schwäche der iranischen Wirtschaft. Außerdem gibt es internationale Sanktionen, die die Lage weiter verschlimmert haben. Trotzdem existierten die starke Inflation und die Arbeitslosigkeit schon vor den Sanktionen.

Allerdings zeigen die Sanktionen die gefährliche Seite der Wirtschaftskrise. Einerseits ist die Krise auf die Struktur einer kranken Wirtschaft zurückzuführen. Außerdem richtet sich die Wirtschaftpolitik der Islamischen Republik von Anfang an gegen den wirtschaftlichen Fortschritt.
Doch mit Ahmadinedschad an der Macht hat sich alles weiter verschlechtert.

Wie die schlechte Import-Export-Politik des Landes, wegen der ein Großteil der iranischen Hersteller in den letzten Jahren bankrott gegangen ist. Hinzu kommt die Korruption der Regierung, die die Dinge nicht besser macht.

Euronews:
Laut einem Teil der iranischen Opposition trägt die Regierung, und da besonders Mahmud Ahmadinedschad die Hauptschuld an der Währungsschwankung auf den Märkten. Ihr zufolge zieht er einen Nutzen aus den Turbulenzen auf den Märkten. Sehen Sie das auch so?

Dr. Jamshid Assadi, Professor an der Burgundy Business School:
Es stimmt, dass Ahmadinedschad Teil des Problems ist, aber man darf nicht die Verantwortung der früheren Regimeführer vergessen.
Doch seitdem er an der Macht ist, hat sich die Krise verschlimmert. Trotzdem profitiert Ahmadinedschad von der Situation. Denn die Regierung besitzt ausländische Währungen und profitiert von den Unterschieden des offiziellen Wechselkurses und jenem auf dem Schwarzmarkt.

Euronews:
Wird Ihrer Meinung nach die Krise weiter andauern?

Dr. Jamshid Assadi, Professor an der Burgundy Business School:
Leider muss ich sagen, dass die Situation noch schlimmer werden wird. Das ist leicht zu erklären: Es liegt am Vertrauensverlust der Iraner in ihre Regierung auf allen Gebieten, wie in der Wirtschaft oder der Politik. Aber auch wegen des möglichen Kriegs mit Israel wollen viele Iraner entweder auswandern oder ihre Ersparnisse ins Ausland retten.

Euronews:
Welche Schwachstelle hat Ihrer Meinung nach derzeit die iranische Wirtschaft? Wie lange kann die Regierung diese Krise überleben?

Dr. Jamshid Assadi, Professor an der Burgundy Business School:
Solange das Rückgrat der iranischen Wirtschaft das Öl bleibt, und das wegen der Spannungen mit der Internationalen Gemeinschaft nicht auf den internationalen Märkten verkauft werden kann, wird es keine Lösung für diese Krise geben. Das Regime muss mit der Internationalen Gemeinschaft verhandeln, vor allem was ihr Atomprogramm betrifft, und die Bedingungen der Internationalen Gemeinschaft akzeptieren. Hinzu kommt, dass die Iraner derzeit nicht auf Kernenergie angewiesen sind.

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