Davy Tith und die Kriegsfolgen in Kambodscha

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Wir sind in der Provinz Battambang, wo wir Davy Tith treffen wollen. Sie ist unermüdlich im Einsatz für die Opfer von Pol Pot und für die Aussöhnung.
In der kleinen Ortschaft Treng wird sie von allen geliebt.
Seit der ersten Begegnung mir Davy Tith vor einigen Jahern hat sich das Leben von Sothea Nam und seiner Frau geändert.
“Seit Sie mir zwei Schweine gegeben haben, züchte ich Schweine und verkaufe sie,” sagt er.
Davy fragt: “Und davon leben sie jetzt? Und von Ihrer Ernte?”
“Ja, wir verkaufen auch Gartengemüse,” bestätigt er.
Mit Hilfe von Davy Tith und Ihrem Verein OEC konnte Sothea Nam das Elend überwinden, in das er durch einen Unfall 1990 geraten war. Der einstige Soldat und Polizist trat bei einem Patroulliengang auf eine Mine und verlor ein Bein.
Auch heute, in Friedenszeiten und nach Jahren der Minenräumung, kommt es noch regelmäßig zu solchen Unfällen.
Davy sagt: “Nach dem Krieg gingen die Menschen auf die Felder, um zu pflanzen, oder sie brachten Tiere auf die Weiden, und da waren noch viele Minen. Sie waren eingegraben und vergessen worden. Auch heute gibt es noch viele Minen im Boden. Man hört immer wieder, hier oder dort sei eine Mine explodiert.”

Einige Kilometer weiter erkundigt sich Davy nach einem kleinen Jungen, um den sich ihr Verein kümmert, damit er zur Schule gehen kann.
“In der Schule hat er so ein kleines Ding gefunden, das war eine ganz kleine Mine. Er hat damit geklopft, und da ist sie explodiert. Er ist an mehreren Stellen verletzt.”

Den Menschen helfen, die noch immer unter den Kriegsfolgen leiden: Das ist der Lebenzweck für Davy Tith. Sie war einmal Lehrerin, und sie hat selber viel erlebt und gelitten in den Jahren der Diktatur und des Krieges:

“Wer von Schwierigkeiten spricht, der untertreibt. In der Zeit von Pol Pot musste man seinen namen verschweigen, man musste alles vergessen. Wenn herausgekommen wäre, dass ich Lehrerin war, hätte das für mich den Tod bedeutet.
Ich musste zu jeder Art von Arbeit bereit sein: Exkremente abtransportieren, – was auch immer, alles tun, was gerade nötig war.
Und wir haben sehr viele Tote gesehen. Ich bin über Leichen hinweg gelaufen. Wenn ich die Kleider meiner Kinder im Fluss gewaschen habe, habe ich aufgedunsene Wasserleichen gesehen. Und ich habe gehört, wie die Köpfe von Leichen gegen Brückenpfeiler geprallt sind.
Und ich habe geschworen: Wenn ich das überlebe, werde ich alles tun, was ich kann, um anderen Menschen zu helfen.
Nach der Lehre des Buddha haben gute Taten gute Folgen für das nächste Leben.”

Im Jahre 1995 setzt Davy ihren Schwur um, als eines ihrer Kinder in Battambang ins Krankenhaus kommt.
“Ich habe kranke Kinder aus armen Familien gesehen. Sie haben geweint und geschrieen, weil sie nichts zu Essen hatten, und weil Medikamente fehlten.”
Sie gibt ihre Arbeit als Übersetzerin für internationale Organisationen auf, um sie ganz den Kindern zu widmen, die an Dengue-Fieber litten, an Unterernährung, oder an Verletzungen durch Minen. Sie gründet den Verein “Operation Kinder Kambodschas” OEC.
“Manchmal begegne ich Überlebenden und erkenne sie nicht. Wenn mir dann jemand sagt: Sie haben mein Leben gerettet, dann ist das meine Belohnung.”

Im Laufe der Jahre hat der Verein seine Aktivitäten ausgeweitet. Er hilft behinderten Kindern. Heute kommen Familien aus allen umliegenden Provinzen, um an dieser Verteilung von OEC teilzunehmen.
Medizinische und materielle Hilfe, wirtschaftliche Unterstützung, Alphabetisierung: Davy Tith hilft allen, die von der Gesellschaft ausgeschlossen sind.
Dabei setzt sie sich über Verbote hinweg: Sie kümmert sich auch um entlegene Dörfer tief im Dschungel, wo sich seit langem einstige Kämpfer der Roten Khmer versteckt halten.
“Dies ist Aussöhnung. Wenn wir nicht allen Kindern und der ganzen Bevölkerung zu elementarer Bildung verhelfen, würden wir getrennt bleiben und uns gegenseitig als Feinde betrachten.”

Mehrere Mitglieder ihres Teams gehörten zu den Roten Khmer, so auch Bunheng, die sich heute um Kinder kümmert, die an Behinderungen oder Verletzungen durch Minen leiden:
“Alle diese unschuldigen Kinder leiden an Kriegsfolgen. Sie haben nichts böses getan, aber sie müssen an diesem Erbe leiden. Ich helfe den Kindern, damit sie eine Zukunft haben.”

Für Davy kann man die Kriegsfolgen nur überwinden, wenn man nicht Partei ergreift:
“Ich möchte das Land wiederaufbauen! Ich habe genug von Konflikten, genug vom Krieg! Deshalb will ich etwas tun, was wirklich nottut, etwas für die Gesellschaft, nicht für die Politik. Frieden entsteht durch Gemeinschaft, nicht durch Politik, durch Gewalt oder Waffen, sondern nur durch die Gemeinschaft selbst.”

Gegen ein besonderes Übel kämpft Somaly: gegen sexuelle Ausbeutung. Mehr dazu im nächsten Kapitel von Women and War.

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