Flämische Separatisten fordern Staatsreform

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Nach ihrem hohen Sieg bei der Kommunalwahl in Belgien fordern die flämischen Separatisten eine Staatsreform. Der Chef der flämisch-nationalistischen Partei NVA und künftige Bürgermeister Antwerpens Bart De Wever will mehr Macht für die Regionen. “Wir wollen dem flämischen Volk die Macht auf allen Ebenen geben”, so De Wever kurz nach seinem Sieg in der Hafenmetropole. “Ich wende mich daher mit der Aufforderung an den Ministerpräsdenten Elio di Rupo und an die französischsprachigen Politiker, gemeinsam mit uns eine Konföderation vorzubereiten.” Der belgische Ministerpräsident und frisch wiedergewählte Bürgermeister von Mons erwiderte, er erkenne den Sieg der NVA an, doch es gäbe keinen Zusammenhang zwischen der Kommunal- und der Wahl auf föderaler Ebene. Der Konflikt zwischen dem flämischen Norden und dem wallonischen, französischsprachigen Süden prägt seit Jahrzehnten die Politik des bundesstaatlich organisierten Königreiches Belgien. Sollte sich der Erfolg der flämischen Separatisten bei der landesweiten Parlamentswahl 2014 wiederholen, droht eine Krise. Seit der Parlamentswahl 2010 ist die NVA auf Bundesebene stärkste Kraft in der unteren Kammer.

Über die möglichen Folgen des Wahlerfolgs der flämischen Separatisten sprachen wir mit dem Politologen Pascal Delwit von der Freien Universität Brüssel.

Euronews:
Ist der Vormarsch De Wevers nach seinem Sieg in der zweitgrößten Stadt Belgiens, in Antwerpen, nicht mehr aufzuhalten? Kommt es zu einer Spaltung Belgiens?

Pascal Delwit:
Der Erfolg hat hohen symbolischen Wert, doch man muss betonen, dass es sich um eine Kommunal-, nicht aber um eine Bundes-, noch um eine Regionalwahl handelte. Auch darf man den Sieg De Wevers in Antwerpen nicht verallgemeinern. In der zweitgrößten Stadt Flanderns, in Gent, konnten die Sozialisten gemeinsam mit den Grünen zulegen, während die NVA mit Siegfried Bracke mäßig abgeschnitten hat. Antwerpen ist eine bedeutende Stadt mit einem hohen symbolischen Stellenwert, doch Flandern mit der Gesamtheit seiner Wahlbezirke beschränkt sich nicht auf Antwerpen.

Euronews:
Bart De Wever spricht von einer Konföderation. Was ist darunter zu verstehen?

Pascal Delwit:
Was Bart De Wever meint, läuft auf die Teilung Belgiens und die Unabhängigkeit Flanderns hinaus, doch er weiß, dass er dieses Ziel nur mit Mühe erreichen kann. Auf dem Weg dahin befindet er sich zur Zeit in einer Zwischenetappe, in der er dem Bundesstaat die Zuständigkeiten abspricht.

Euronews:
Bart De Wever spricht von einem unaufhaltsamen Vormarsch, von dem größten Sieg seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Was besagt dieser kriegerische Ton, diese Kampfansage?

Pascal Delwit:
Der Ton ist ohne Zweifel kriegerisch. Er unterstreicht ihn damit, wie er sich in Szene setzt. Zusammen mit seinen Anhängern marschierte er zum Rathaus Antwerpens und richtete sich an den belgischen Regierungschef. Reaktionen auf seine Rede aber blieben aus. Keiner der Chefs der niederländischsprachigen Parteien reagierte darauf, auf französischsprachiger Seite wollten weder der Chef der Regionalregierung noch die französisch-sprachigen Parteien darauf eingehen.

Euronews:
Elio di Rupo sagte, es gäbe keinen Zusammenhang zwischen der Kommunal- und der Bundeswahl. Versucht er sich zu verstecken?

Pascal Delwit:
Man sollte zwischen öffentlichen Auftritten und der Realität unterscheiden. Selbstverständlich wird jeder einer Kommunalwahl bundestaatliche Bedeutung geben, doch eine solche Interpretation besagt nicht immer etwas. Darüber hinaus gibt es den öffentlichen Auftritt. Elio Di Rupo hat sich eines anderen Tonfalls bedient als De Wever. Im Grunde war der Sieg De Wevers in Antwerpen kein Anlass, um nationale Fragen aufzuwerfen und daher gab es für den belgischen Regierungschef keine Ursache, solche Fragen zu beantworten.

Euronews:
Ist De Wever den Herausforderungen der größten Stadt Flanderns gewachsen?

Pascal Delwit:
Das ist zweifellos eine wichtige Frage. Man wird sehen, welche Koalition er auf die Beine bekommt. Es könnte eine Rechtskoalition werden, mit den Sozialisten und den Grünen in der Opposition. Das wird nicht einfach sein und De Wever wird beweisen müssen, dass er nicht allein gut reden, gut kommunizieren kann. Er wird anpacken und in der Stadtregierung Verantwortung übernehmen müssen.

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