Prof. Kupchen zu Romneys Wandelbarkeit

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Was hat Mitt Romney, dass er Obama schlagen kann? Charles Kupchen ist Professor für Internationale Verbindungen an der Georgetown University in Washington. Herr Professor, noch vor einigen Wochen sah Präsidentschaftskandidat Mitt Romney total chancenlos aus. Was steckt hinter seiner rasanten Aufholjagd?

Charles Kupchan
Ich denke da an drei Schlüsselelemente, die Romney wieder ins Spiel gebracht haben. Als erstes hat er sich in Wisconsin mit Paul Ryan einen Vize gesucht, der die Konservativen begeistert. Plötzlich kamen auch mehr Spenden, es ging aufwärts.
Der zweite Schlüsselmoment kam mit der ersten Fernsehdebatte. Ich denke, viele Leute werden da von Romney überrascht gewesen sein, zumal dessen Wahlkampf bis dahin nicht besonders effektiv war und der Kandidat inkompetend erschien, nicht für für den Job. Plötzlich zeigte er vorher nie gekannte Fähigkeiten. Und drittens zeigte er sich in den letzten beiden Debatten als ein eher moderater, mehr der Mitte zuzurechnender Politiker. Anders als er sich zuvor in seinem Wahlkampf gegeben hatte. Ich denke, damit wollte er die Wähler der Mitte ansprechen, die am Ende den Ausschlag geben könnten. Viele von denen leben in den “swing states”, die wahlentscheidend werden können.

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Wer ist Mitt Romney wirklich? Wenn er ins Weiße Haus einzieht, werden wir dann wieder den “moderaten” Mitt bekommen, der er schon als Gouverneur von Massachusetts war? Und welche Rolle spielt dann der eher die Ultrakonservativen ansprechende Vizepräsident Paul Ryan?

Charles Kupchan
Das ist eine sehr schwierige Frage, die keiner beantworten kann. Wenn ich spekulieren würde, würde ich auf die Wirtschaftsthemen verweisen.
Er wird sich sehr weit nach rechts bewegen. Er wird die Regierung verkleinern, er wird Steuern kürzen. Für ihn ist zuviel Staat das Problem. In der Sozialpolitik wird er wohl mehr ein Mann der Mitte sein. Er will nicht in die Grabenkämpfe um Abtreibung verwickelt werden, oder um Einwanderung, um Waffenbesitz, um Homosexuellenehe. Da wird er sich wohl zurückhalten. Außenpolitisch könnte er versuchen, als ein zweiter George W. Bush zu erscheinen, als “Unilateralist”, er wird das Verteidigungsbudget erhöhen wollen wollen . Ich glaube aber nicht, dass er dazu in der Lage sein wird, weil er vom Rest der Welt zuviel Gegenwind bekommen wird und auch, weil die extremen Vertreter von niedrigeren Steuern in seiner eigenen Partei keine steigenden Verteidigungsausgaben wollen sondern Einsparungen überall.

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Wieweit spiegelt die Polarisierung auf dem Capital Hill eigentlich die Einstellung der echten Amerikaner wider? In den Medien wird oft dieses “rote gegen blau” hochgespielt.
Wieweit entspricht das der Realität?

Charles Kupchan
Ich denke, das Land ist so tief polarisiert wie seit dem 19.Jahrhundert nicht mehr. Niemals seit dem Ende des II. Weltkrieges war unser politisches System so stark zwischen Republikanern und Demokraten gespalten. Und was interessant ist, dabei geht es nicht nur um die traditionell umstrittene Innenpolitik. Es geht auch um Außenpolitik. Aber ich sehe einen wichtigen Grund für das Problem in der Wirtschaft. Amerikas Mittelschicht leidet unter stagnierenden Löhnen seit fast zwei Jahrzehnten. Die Vereinigten Staaten sind heute unter den Industriestaaten jener mit der größten Ungleichheit. Und das hat zu den tiefsten ideologischen Spaltungen geführt, die es seit dem New Deal in den 1930er Jahren gab.
Die Schlüsselfrage für den nächsten Präsidenten wird lauten, wie kann er frischen Wind in die Wirtschaft bringen, damit Amerikas Mittelschicht wieder auf die Beine kommt. Das ist die Voraussetzung, wenn man versuchen will, die ideologischen Brüche zu überwinden und irgendwie ein politisches Zentrum zusammen zu führen, das die Grundlage bildet für jede Regierungskoalition, egal ob der Präsident Demokrat ist oder Republikaner.

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