EU erhält Friedensnobelpreis

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Die Europäische Union hat für sechs Jahrzehnte
erfolgreicher Aussöhnungspolitik den Friedensnobelpreis erhalten. Die EU habe entscheidend daran mitgewirkt, Europa von einem Kontinent des Krieges zu einem Kontinent des Friedens zu machen, hiess es zur Begründung. Euronews hat die drei Repräsentanten der EU befragt, die stellvertretend für die 500 Millionen Europäer den Preis entgegen genommen haben.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sagte, die EU sei auf der Basis der Aussöhnung nach zwei Weltkriegen gegründet worden. Er sei überrascht gewesen, dass man die fundamentalen Verdienste der EU wahrgenommen habe, selbst in diesen schwierigen Tagen, in denen die Union sich befinde.

Kommissionspräsident José Manuel Barroso meinte, man wisse aus Erfahrung, dass Populismus und Nationalismus eine Gefahr für den Frieden darstellten. Doch die EU sei ein Projekt für einen Frieden, der über den Unterschieden der Nationen stehe. Auch den Kampf gegen den Nationalismus könne man gewinnen.

Der Präsident des Europaparlamentes, Martin Schulz, zeigte Verständnis für diejenigen, die an der EU zweifelten. Man sei nicht in allerbester Verfassung. Aber die europäische Idee, dass Staaten und Nationen gemmeinsame Institutionen über ihre Grenzen hinweg aufbauten, um den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts entgegenzutreten, wie sie es schon im 20. Jahrhundert getan hätten, sei unanfechtbar.

Geteilt zwischen reichen Ländern im Norden und den überschuldeten Staaten im Süden bildet Europa längst keine Einheit mehr. So forderte der Präsident des Nobelkomitees Thorbjörn Jagland denn auch die Europäer dazu auf, in die Zukunft zu blicken. Ein Paradox, denn das Land, in dem der Nobelpreis verliehen wird, Norwegen, ist weder Mitglied der EU noch der Eurozone.

Euronews-Korrespondentin Isabelle Kumar sagt, manche europäische Führer seien wegen ihrer Europa-skeptischen Politik der Preisverleihung ferngeblieben, darunter auch der britische Premierminister David Cameron. Das sei ein Hinweis auf die steigende Europaskepsis auch in dessen Partei.

Sechs Jahrzehnte Frieden

“Wir müssen den Schrecken der Vergangengeit den Rücken kehren, wir müssen in die Zukunft schauen und eine Art Vereinigte Staaten von Europa gründen.” Das waren die Worte des britischen Premierministers Winston Churchill nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Es ging darum, den alten Kontinent zu stabilisieren, damit sich ein derartiger Krieg niemals wiederholen würde.

“Wenn man mal historisch zurückblickt, dann herrschte doch eine Menge Unruhe vor der Europäischen Union”, meint die Norwegerin Rut. “Ich denke, sie haben viel Gutes getan, um den Frieden zu wahren, und sie haben sich nach Osten ausgebreitet, das heisst, sie haben auch Osteuropa stabilisiert.”

Der Friedensnobelpreis für die Europäische Union hat vor allem historische Gründe. Im Laufe der Jahre haben Politiker und Menschen Europa aufgebaut und größer werden lassen. Und das alles in einer demokratischen Tradition, die mit der französisch-deutschen Aussöhnung begonnen hat. Der Fall der innderdeutschen Mauer 1989 symbolisiert auch den Fall einer in zwei unterschiedliche politische Systeme geteilte Welt.

Im Jahr 2004 gab es den größten Schritt im Erweiterungsprozess der EU, als gleich zehn Länder auf einmal der Union betraten, acht von ihnen stammten aus dem ehemaligen Ostblock. 2007 folgten Bulgarien und Rumänien, andere Staaten, vor allem im ehemaligen Jugoslawien, warten auf den Beitritt. Die EU ist ein Garant für den Frieden in Europa geworden, seit gut 60 Jahren.

Doch es gibt auch kritische Stimmen. Etwa in Griechenland, das von der derzeitigen Eurokrise besonders hart betroffen ist. “Das ist ein Witz”, sagt ein Grieche, “die EU ist ein bürokratischer Mechanismus, sie besteht aus dem Kapital der Banken. Sie ist eine Gruppe von Kapitalisten, die gegen die Menschen arbeiten. Die mit dem Friedensnobelpreis auszuzeichnen ist ein Witz.”

Europa heute, das sind auch wütende Menschen, die angesichts der Finanzkrise eine neue Politik fordern. Angesichts der Sparprogramme in mehreren EU-Staaten haben immer mehr Menschen und Politiker Probleme, sich mit dem Projekt Europa zu identifizieren.

Nationalismen und Unababhängigkeitsbestrebungen haben derzeit in mehreren EU-Staaten Hochkonjunktur. Viele Menschen lehnen die europäische Idee ab, in Griechenland etwa haben die Rechtsextremisten der Partei “Goldene Morgenröte” in den vergangenen Jahren erheblichen Zulauf erhalten.

Der Friedensnobelpreis für die Europäische Union ist eine umstrittene Entscheidung. Es ist eine Auszeichnung für eine Institution, die nach fast 60 Jahren vor zahlreichen Umbrüchen und Neuorientierungen steht.

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