Wie geht es mit Zypern weiter?

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Von Euronews
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Die Zeit für das Krisenland läuft ab. Wie es zu der Entscheidung der Euro-Gruppe am Samstagmorgen gekommen sei? fragte Guy Verhofstadt, Chef der Liberalen im Europaparlament. Von der Europäischen Kommission hieß es, die Entscheidung entspreche zwar nicht voll und ganz den Vorschlägen der Kommission, doch sie finde deren Unterstützung. Andere Möglichkeiten seien mit größeren Risiken verbunden gewesen und hätten die zyprische Wirtschaft stärker gefährdet. Bringt Zypern eine Selbstbeteiligung von 5,8 Milliarden Euro nicht auf, sind die Euro-Partner nicht zu Notkrediten von bis zu zehn Milliarden Euro bereit. Der Wirtschaftsexperte Zsolt Darvas von der Büsseler Denkfabrik Bruegel weist darauf hin, dass die Euro-Partner kaum Spielräume haben: “Ich kann mir nicht vorstellen, dass der deutschen Bundestag sagen wird: Wenn das zyprische Parlament die reichen russischen Inhaber von Bankguthaben nicht zur Kasse bitten will, kommt der deutsche Steuerzahler dafür auf.” Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, plädierte für eine europäische Lösung innerhalb der Eurozone. “Wir sollten der Welt nicht den Beweis dafür liefern, dass Europa seine eigenen Probleme nicht lösen kann”, so Schulz.

Euronews:
Wir sind nun mit Athanasios Orphanides in Boston verbunden, der von 2007 bis 2012 Gouverneur der Zentralbank Zyperns war und heute in den USA einen Lehrauftrag hat. Willkommen bei Euronews. Gibt es einen Plan B für Zypern?

Athanasios Orphanides:
Ich hoffe, dass dass sowohl Zypern wie auch die anderen Regierungen Europas solche Pläne haben. Die Zypern-Entscheidung der europäischen Regierungen hat zur Folge, dass Nikosia von Russland Hilfe erbittet. Für das europäische Projekt ist das ein trauriger Tag.

Euronews:
Welche Rolle kann Moskau spielen?

Athanasios Orphanides:
Russland hat beinahe ein Monopol was die Gaslieferungen nach Kontinentaleuropa anbelangt. Auch gibt es Gasvorkommen vor der Küste Zyperns. Aus wirtschaftlicher Sicht betrachtet haben die Regierungen Europas Zypern erpresst, mit Russland zusammenzuarbeiten. Das wird die Gaspreise erhöhen und die wirtschaftlichen Kosten in Europa in die Höhe treiben. Ich hoffe, dass die politischen Führer Europas Verantwortung übernehmen und eine europäische Lösung finden, bevor es schlimmer wird.

Euronews:
Wird Deutschland seine Position ändern, nachdem es abgelehnt hat, mehr als vereinbart zu zahlen?

Athanasios Orphanides:
Offen gesagt macht es nicht viel Freude, die Stellungnahmen Deutschlands zur Kenntnis zu nehmen. Überraschend sind sie nicht. Grund für die Erpressung Zyperns ist die innenpolitische Debatte im Zusammenhang mit der für September geplanten Parlamentswahl in Deutschland.

Euronews:
Was wird geschehen, wenn die Banken auf Zypern wieder geöffnet werden und welches sind die Folgen der derzeitigen Lage für die Wirtschaften Griechenlands, Spaniens und Portugals?

Athanasios Orphanides:
Es ist sehr schwierig, die Banken zu öffnen, bevor man eine Lösung gefunden hat. Das muss man abwarten. Die europäischen Regierungen haben auf Zypern Druck ausgeübt und die Regierung in Nikosia aufgefordert, Zwangsabgaben der Bürger in Kauf zu nehmen. Wie kann sich ein spanischer Kleinsparer seiner Einlagen in spanischen Banken sicher sein? Weiß er, ob die Regierungen Europas nicht das Gleiche von der spanischen Regierung fordern?

Euronews:
Halten Sie einen Austritt Zyperns aus der EU für möglich?

Athanasios Orphanides:
Wollen die Bürger Spaniens, Frankreichs oder Deutschlands das? Wollen wir wirklich den Tod des europäischen Projekts? Ich war sehr optimistisch, was Europa anbelangt und ich war von der europäischen Integration überzeugt. Inzwischen aber habe ich immer größere Zweifel. Die Bürger der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union werden ungleich behandelt.

Euronews:
Ist dies der Anfang vom Ende der Eurozone?

Athanasios Orphanides:
Korrigieren die Regierungen Europas die am vergangenen Wochenende getroffene Entscheidung nicht, könnte es der Anfang vom Ende sein.

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