Enthüllte Offshoregeheimnisse

Enthüllte Offshoregeheimnisse
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Von Euronews
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Es sah aus wie ein Schlag aus heiterem Himmel.
Angeführt vom internationael Netzwerk der Enthüllungsjournalisten ICIJ publizierten mehr als 30 Medien überall in der Welt die Daten von Leuten, die ihr Geld in sogenannten “Offshorebanken” vor dem heimischen Fiskus verstecken. Von 120.000
“Offshoregesellschaften” ist die Rede, die mehr als 130.000 Reichen aus aller Welt bei dieser speziellen Art der Vermögensverwaltung helfen. In den Listen findet man bekannte Namen wie Maria Imelda Marcos, Tochter des ehemaligen philippinischen Diktators, die spanische Kunstsammlerin Carmen Thyssen-Bornemisza; den georgischen Ministerpräsidenten Bidzina Ivanishvili; auch die iranische Handelsmarine mag Offshorebanken.

Der Franzose Jean-Jacques Augier war beim Wahlkampf des französischen Präsidenten Hollande vor einem Jahr für das Finanzielle zuständig, die Russin Olga Shuvalova ist mit den russischen Vize-Ministerpräsidenten verheiratet, der Kananadier Tony Merchant mit einer Senatorin seines Landes. Auch der ehemalige mongolische Finanzminister Bayartsogt Sangajav beherrscht diese Art, Steuern zu sparen, ebenso die Töchter des aserbaidschanischen Präsidenten Allijev.

15 Monate sollen die Ermittlungen mit vereinten Kräften gedauert haben, bis die Journalisten die diversen Steuerparadiese und Verstecke für Schwarzgeld rund um die Erde gefunden hatten, von den Cook Inseln bis nach Singapur. Seit die Schweiz mit der EU zusammenarbeitet, sollen auf den ehemals so beliebten Schweizer Banken nur noch 0,05% des weltweit versteckten Reichtums liegen.
Mario Tuor, der Sprecher des Schweizer Staatssekretariates für internationale Finanzfragen sagte: “Solche Enthüllungen zeigen auch, dass wir mit unserer Finanzmarktpolitik auf dem richtigen Weg sind, dass wir eben keine unversteuerten Gelder in der Schweiz wollen, keine kriminellen Gelder. Und wir hoffen jetzt auch, dass man natürlich sieht, die Schweiz macht effektiv etwas, um dieses Ziel zu erreichen. Und vielleicht machen andere Finanzplätze hier weniger und dass die auch dazu gezwungen werden, ähnliche Massnahmen zu treffen wie die Schweiz.” Aus Brüssel kam prompt die Reaktion, die EU-Länder würden der Steuerflucht größte Aufmerksamkeit widmen und hätten sich auch schon auf eine gemeinsame Definition des Wortes “Steuerparadies” geeinigt. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte: “ Für die Europäische Kommission kann es kein Entgegenkommen geben gegenüber Firmen oder Einzelpersonen oder Drittländern, die europäische oder nationale Gesetze umgehen, um Steuerhinterziehung zu organisieren.”
Den EU-Ländern entgehen nach eigenen Angaben jährlich durch Steuerfluch Einnahmen in Höhe von mehr als tausend Milliarden Euro. Laut Tax Justice Network werden in den Steuerparadiesen bis zu
23 000 Milliarden Euro gehortet. Die G 20-Staaten hatten bereits 2009 beschlossen, etwas gegen jene Finanzmethoden zu unternehmen, die zur Finanzkrise von 2008 geführt hatten. Der damalige britische Premier Gordon Brown sagte damals, man sei übereingekommen, dass mit den Steueroasen Schluß sein müsse. Auch das Bankgeheimnis der alten Art müsse beendet werden. Und die Staaten müssten sich auf Standards und Sanktionen einigen gegen jene, die künftig aus der Reihe tanzen wollen.
Im Juni treffen sich die G 20 wieder, diesmal in Großbritannien. Was erreicht wurde, wird man dann.sehen.

Über das Offshorefinanzsystem sprach Euronews-Korrespondent Stefan Grobe in Washington mit einem der Autoren des Berichts Michael Hudson vom Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ):

“Als Erstes mussten wir die Datenmenge bereinigen, uns damit vertraut machen, um zu sehen, wie wir da ein System reinbekommen können. Es scheint ja manchmal ganz einfach für westliche Journalisten, sich irgendwo einzuklinken und nach ein paar Tagen zu glauben, alles zu wissen. Tatsächlich waren es aber die einzelnen Reporter vor Ort, die die wichtigsten Personen kannten, die Regeln, die ganze Geschichte. DIE sind unverzichtbar, auf sie waren wir angewiesen.”

“Was wir festgestellt haben, ist das viele dieser megareichen Leute das Offshoresystem brauchen, um ihre Jachten zu betreiben – das wussten wir – das sie es aber auch nutzten, um sich Villen oder Schmuck zu kaufen, das war uns neu. Die Sache, die uns aber wirklich überrascht hat ist, dass einige dieser superreichen Leute Offshorekonten nutzen, um sich Kunstsammlungen zuzulegen. Wir fanden zum Beispiel Nachweise über den Kauf und Verkauf eines Van Gogh.”

“Die Mega-Reichen haben viele Möglichkeiten, ihr Leben und ihren Reichtum zu organisieren. Der Durchschnittsbürger bei uns aber muss erstens teurer bezahlen und findet zweitens später dann weniger an Infrastruktur und öffentlichen Dienstleistungen in seinem Heimatland vor, da die entzogenen Steuergelder im Haushalt des Gemeinwesens fehlen.”

“Allein die Macht und das viele Geld dieser Menschen kann wirklich großen Schaden anrichten. Daher brauchen wir sehr dringend eine höhere Transparenz in diesen Dingen. Wir müssen wissen, wo das Geld ist und wer dort was tut in der Offshorewelt. “

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