Erste Präsidentenwahl der "Nach-Chavez-Ära"

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In Venezuela wird der Nachfolger von Hugo Chávez gewählt. Der Verstorbene dominierte den Wahlkampf, so wie er über Jahrzehnte das Land dominiert hatte. Der Favorit ist natürlich der von Chavez zu seinem Nachfolger auserkorene Nicolas Maduro. In dieser Ausgabe von News Plus werden wir mit einer Spezialistin für lateinamerikanische Politik sprechen.

Wer wird der erste Präsident der Nach-Chavez-Ära?
Nach der Wahl am Sonntag wird man wissen, ob Chavez politischer Ziehsohn Nicolas Maduro dessen “Sozialismus des 21. Jahrhunderts” weiterführt oder ob Oppositionschef Henrique Capriles dieser Entwicklung ein Ende macht. Nicolas Maduro benutzt seinen am 5. März verstorbenen Förderer als sein stärkstes Wahlkampfargument. Mit diesem “weiter so!” liegt er in Umfragen klar in Führung..
Der Politikwissenschaftler Oswaldo Ramirez bezeichnet Maduro als einen recht schwachen
Charakter. Er habe weder das Charisma von Hugo Chavez noch dessen Führungsqualitäten.
Wenn man aber genauer hinschaue, bemerke man einen ganz großen Vorteil: Er habe hinter sich den gesamten von Chavez aufgebauten Staatsapperat, jenen der Regierung und jenen der sozialistischen Partei.
Henrique Capriles versucht, Maduro eben diesen Chavez-Mythos zu nehmen. Viele seiner Wahlkampfreden gipfeln in dem einfachen Satz: “Nicolas ist nicht Chavez!” Er sagt auch:” “ Beim Wahlkampf geht es um Nicolas und mich. Lasst Chavez da raus.” Der Nachfolger von Chavez wird sich großen Herausforderungen stellen müssen:
Die Wirtschaft läuft gar nicht mehr gut. Der Ölpreis stagniert bei 100 Dollar für ein Barrel. Und die Inflation hat 2012 einen Rekordzuwachs von 20 % erfahren. Die andere große Herausforderung heisst Sicherheit: In den 14 Chavez-Jahren hat das Land die höchste Mordrate von Südamerika erreicht – von hunderttausend Einwohnern werden 55 ermordet.
Das sind achtmal mehr als im weltweiten Durchschnitt. Trotz der vielen von Chavez auf den Weg gebrachten Sozialprogramme, der vielen kubanischen Ärzte im staatlichen Gesundheitswesen wartet auch die Armut als Riesenproblem auf den Wahlsieger vom 14. April.

Mario Alfaro. euronews
Wir sind jetzt in Madrid mit Susanne Gratius verbunden, Spezialistin für Lateinamerika bei der Stiftung für Internationale Beziehungen.
In Venezuela gewinnt Maduro in allen Umfragen – oder kann es noch eine Überraschung geben?

Susanne Gratius
Im Prinzip sollte es keine Überraschung geben, denn alle Umfragen deuten auf einen klaren Vorsprung von Nicolás Maduro. Es ist möglich, dass er gewinnt, vielleicht nicht ganz so überlegen, wie Präsident Chávez bei den Wahlen im Oktober letzten Jahres, wo der 55% der Stimmen bekam.

Mario Alfaro. euronews
Kann der “Chavismus” auch ohne die physische Präsenz von Chávez weitergehen?

Susanne Gratius
Ich denke, wir sehen, dass es weitergehen kann, auch wenn das Land in drei Blöcke geteilt ist. Ein großer Prozentsatz der Venezuelaner ist weder für Chavez noch für die Opposition. Wer aus diesem Lager die meisten Stimmen bekommt, wird gewinnen. Ich glaube, es gibt eine Tendenz zum Chavismus ohne Chávez , denn Chávez wurde bereits zur religiösen Figur für diesen Chavismus.
Er hat Nicolás Maduro ausdrücklich zu seinem Nachfolger als Präsident ernannt und ihn damit zum ligitimen absoluten Führer, zum “maximo lider” der chavistischen Bewegung erhoben..

Mario Alfaro. euronews
Was sind die wichtigsten Herausforderungen für den nächsten Präsidenten?

Susanne Gratius
Das Hauptproblem der Venezolaner heisst Unsicherheit, Gewalt. Sogar noch schlimmer als in Mexiko und in anderen Ländern Mittelamerikas.
Ich denke, sie brauchen eine Sicherheitspolitik, die effizienter ist als die aktuelle. Das andere Problem ist die Wirtschaft. Die Inflationsrate ist hoch, in den Läden fehlen die Waren des täglichen Bedarf.
Venezuela hat das kubanische Wirtschaftsmodell importiert mit stark subventionieren Lebensmitteln und überhaupt einem starken Interventionismus des Staates in der Wirtschaft.

Mario Alfaro. euronews
Was wird mit Kuba ?

Susanne Gratius
Wenn der Kandidat der herrschenden Partei gewinnt, dann, so denke ich, wird Nicolás Maduro die kubanischen Militärberater nach Hause schicken, was er bereits angekündigt hat. Der wirtschaftliche Austausch aber muss fortgesetzt werden.
Wir wissen nicht, was passieren wird, wenn die Opposition gewinnt. Ich denke, dann wird der Handelsaustausch verringert.

Mario Alfaro. euronews
Wie werden sich die Beziehungen mit der Europäischen Union nach dem 14. April entwickeln?

Susanne Gratius
Die Beziehungen zwischen Venezuela und der EU laufen recht gut, aber Venezuela ist kein sehr wichtiges Land für die EU. Allerdings ist es Teil der “Ibero-Αmerikanischen Gemeinschaft”, und dadurch gibt es eine enge Beziehung zwischen Spanien und Venezuela. Es geht dabei um Erdöl und um die in Venezuela tätigen spanischen Unternehmen.
Es gibt wirtschaftliche Interessen. Es gab in der Vergangenheit mit Hugo Chavez einige Spannungen. Aber ich glaube, die Beziehungen funktionieren. Von Seiten der EU gab es Kritik an Chávez autoritärem Führungsstil. Venezuelas Beziehungen zur EU unterscheiden sich von jenen zu den USA.

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