"Kein einziger Experte erwartet wirklich einen Angriff Nordkoreas"

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Von Euronews
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Michel Santos, Euronews
Nordkorea hat in den vergangenen Wochen die politischen und militärischen Spannungen verschärft – mit ernsten Drohungen gegen seine Feinde Südkorea, Japan und die USA. Es begann im Februar mit einem unterirdischen Atomtest, worauf der UN-Sicherheitsrat mit Sanktionen reagierte. Von dort war es nur ein Schritt zur atomaren Drohung.
Nordkorea hat schätzungsweise zehn Atomsprengköpfe, wesentlich weniger als Russland mit 8.500 oder die USA mit 7.700.
Aber Pjöngjang könnte zu einem Schlag gegen die USA fähig sein – mit seiner Taepodong-2-Rakete, die eine Reichweite von 6.000 km hat, oder mit der noch nicht getesteten UNHA-3 mit einer geschätzten Reichweite von 10.000 km.
Wir sind nun mit Steven Herman in Seoul verbunden, dem leitenden Redakteur für Nordost-Asien bei dem US-Rundfunksender Voice of America. Steven, wird Pjöngjang so weit gehen und angreifen?

Steven Herman, Voice of America
Nicht ein einziger Experte, mit dem ich gesprochen habe, erwartet das. Weder Diplomaten noch Militärs noch Geheimdienstler rechnen damit. Sie glauben nicht, das Nordkorea irgend eine Art von militärischen Angriff durchführen wird. Man rechnet eher mit einem Raketentest, aber gibt Zweifel, dass schon in wenigen Tagen die neue Mittelstreckenrakete – Musadaun – getestet wird. Die ist nämlich noch nie getestet worden. Es wäre das erste Mal, und ein Fehlschlag ausgerechnet in der Zeit des Geburtstags des Staatsgründers Kim Il-sung wäre äußerst peinlich.
Aber Nordkorea sorgt für große Unsicherheit, und seine Entscheidungen sind wie immer unvorhersehbar, man kann also nicht vorhersagen, was geschehen wird. Ein Krieg ist jedoch äußerst unwahrscheinlich.

MS, Euronews
Wer führt Nordkorea wirklich?

SH, VOA
Ich glaube nicht, dass es irgendeinen Grund zum Zweifel gibt, dass es Kim Jong-Un ist, der Enkel des Staatsgründers Kim Il-sung. In der koreanischen Geschichte ist die Erbfolge von größter Bedeutung. So war es mit den Königen im Laufe der Jahrhunderte. Und es gibt anscheinend kaum Grund zum Zweifel, dass es auch heutzutage so ist, auch wenn Kim Jong-un sehr jung ist. Man hört, er sei zu jung, unerfahren, ein Trottel oder Teufel. Aber das hörte man auch, als sein Vater Kim Jong-Il an die Macht kam. Der Zusammenbruch seines Regimes wurde vielfach vorausgesagt. Aber Kim Jong-Il war eine lange Zeit an der Macht.

MS, Euronews
Aber manche sagen, hinter dieser Krise stecke China, und die Zielscheibe sei Japan; es gehe um Erdöl und einige umstrittene Pazifikinseln. Stimmen Sie zu?

SH, VOA
Dass China die Vorgänge manipuliert, ist eine interessante Theorie, aber ich glaube nicht, dass sie viele Anhänger hat. Es geht dabei anscheinend um mehrere verschiedene Themen. Nordkorea will beachtet werden, will von Washington als Verhandlungspartner anerkannt werden. Und Nordkorea will Hilfe, ob die nun aus Washington kommt oder aus Seoul. Durch diese Provokationen und den Eindruck einer unmittelbaren Kriegsgefahr könnte Nordkorea der Wirtschaft hier im Süden Schaden zufügen. Vielleicht will Nordkorea irgendwelche Zugeständnisse erlangen von der neuen Regierung unter Südkoreas neuer Präsidentin Park Geun-hye, etwa Verhandlungen und die Wiederaufnahme erheblicher Hilfeleistungen wie schon unter einigen ihrer Amtsvorgänger vor einigen Jahren.

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