Wann wird es endlich Sommer?

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Von Euronews
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Von wegen Wonnemonat Mai: In ganz Westeuropa klagen die Menschen über die Kälte. In den Alpen fällt so viel Schnee wie seit zehn Jahren nicht mehr. Hier auf der französischen Seite des Petit Saint Bernard nahe Italien werden seit einem Monat die Straßen mit vier Fahrzeugen geräumt.

Luc Mercier, Schneeräumdienst:

“Der Schnee liegt bis zu acht Meter hoch, die ganze Straße lang.”

Anderes Land, gleiche Misere: Auch im Stern-Gebirge in Portugal schneit es. Im zentralen Hochland des Landes ist das nichts ungewöhnliches, aber Ende Mai hat es das letzte Mal vor acht Jahren geschneit. Eine englische Touristin wundert sich:

“Das ist schon seltsam, ganz Europa hatte einen extrem langen Winter, aber im Mai Schnee hier im Stern-Gebirge hätte ich jetzt doch nicht erwartet.”

Ein kalter Frühling: drei Grad Celsius Mitte Mai im spanischen Burgos.

In Frankreich liegen die Temperaturen vier bis fünf Grad unter dem Normalwert, es muss weiter geheizt und der Öltank gefüllt werden. Bei 90 Cent pro Liter Heizöl schmerzt die Rechnung: 445 Euro für diese Familie.

Auch die Stromrechnung ist fünf bis zehn Prozent höher als normal, die Preise für Holz und Pellets sind ebenfalls gestiegen. Dieses Unternehmen verkauft hundert Säcke pro Woche.

Jerôme Cassier:

“Für das Granulat gilt das Gleiche wie für Heizöl. Viele Leute müssen mehr Säcke kaufen, um über den Winter zu kommen. Und im Gegensatz zu anderen Jahren haben wir immer noch Anfragen für Neuinstallationen.”

Es ist auch ein sehr nasses Frühjahr, eines der feuchtesten der letzten 30-40 Jahre. Das schlechte Wetter verursacht viele Überschwemmungen und Schäden, wie hier im deutschen Erfurt. Am 18. Mai fielen dort mehr als 46 Liter Regen pro Quadratmeter – Jahresrekord.

Im norditalienischen Vicenza befürchtet man, dass der Fluß Bacchiglione über die Ufer tritt. Starke Regenfälle setzten die Reisfelder der Region unter Wasser. Eine dramatische Situation für die Landwirte.

“Nach ersten Schätzungen verlieren wir etwa 30 Prozent der Ernte. Wenn das Wetter so bleibt, können die Verluste noch höher werden, denn viele Bauern können noch nicht mal ihr Saatgut ausbringen.”

Auch die Händler leiden, denn die Geschäfte bleiben leer. Bei der Kälte und dem Regenwetter haben die Kunden keine Eile, Sandalen zu kaufen, egal wie schön sie sind. Denn man kann sich nicht damit auf die Terrasse eines Cafés setzen. Bleibt die sorgenvolle Frage: Wann wird es endlich Sommer?

Um den Grund für das schlechte Wetter zu erfahren, sprach euronews mit Jean-Marc Linden vom Meteorologischen Institut in Brüssel:

“Leider haben wir noch zu viel kalte Luftströmungen. Der Grund dafür ist, dass es zur Zeit in der Mitte des Atlantischen Ozeans ein Hochdruckgebiet gibt, das für ein Tief über Island und Westeuropa verantwortlich ist. Das bringt kalte unruhige Luftströme zu uns und deswegen haben wir diese Temperaturen. Heute haben wir zum Beispiel eine Temperatur, die zehn Grad unter dem Durchschnittswert zu dieser Jahreszeit liegt, und das wird bis Ende des Monats so bleiben.

Der kalte Luftstrom schiebt sich von den Polen über die Benelux-Staaten nach Frankreich und Teile von England. Und ein Teil dieses Luftstroms hat sich abgelöst, das nennen wir den “kalten Tropfen”.

Es ist so: Wenn es in Westeuropa kalt ist, dann ist es in Russland und Finnland sehr warm. Dort können die Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad erreichen. Es kommt sehr häufig vor, dass es in Teilen Europas lange Zeit kalt ist und zur gleichen Zeit warme Temperaturen in anderen Teilen Europas herrschen. Wir sind also zwangsläufig gerade auf der schlechten Seite der Temperaturen.

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euronews:
“Jetzt kommt die entscheidende Frage: Wie soll der Sommer werden bei diesem schlechten Frühling?”

Jean-Marc Linden:
“Das eine Frage, die für jeden Meteorologen schwer zu beantworten ist. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen einem kalten Frühling und einem warmen Sommer oder umgekehrt. Wir sprechen von atmosphärischer Zirkulation.
Das heißt, wir können viele verschiedene Wetterbedingungen in relativ kurzer Zeit haben.

Es können sich also relativ schnell sehr warme Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad in Frankreich und den Benelux-Staaten einstellen. Das bedeutet aber, wir benötigen ein Hochdruckgebiet über der Mitte Europas, etwa Bulgarien. Dann hätten wir aufsteigende heiße Luftströme, die drei Wochen andauern würden. Aber es ist unmöglich vorherzusagen, was passieren wird.”

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