Vielfalt Kaukasus - Vorbilder kultureller Toleranz?

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Von Euronews
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Der Kaukasus ist Heimat mehr als 50 ethnischer Gruppen und etlicher Glaubensgemeinschaften. Auch Christen, Muslime und Juden leben hier Seite an Seite.

Das friedliche Miteinander ist gerade im kleinen Land Aserbaidschan ein wichtiges Thema, mit dem sich auch das Zweite Weltforum für Interkulturellen Dialog in der Hauptstadt Baku beschäftigt – eine Veranstaltung, die die Unterstützung der UNESCO und der Vereinten Nationen genießt. Aus der ganzen Welt sind Glaubensführer und Meinungsmacher angreist, um über die Beziehungen der Kulturen untereinander zu beraten.

“Mit Blick auf die Globalisierung stellen wir eine Menge Spannung fest und auch, dass die weltweite Angleichung der Kulturen den Menschen als große Herausforderung und als Bedrohung ihrer lokalen Gemeinschaften und Identitäten vorkommt. Wir erforschen, wie Menschen in diesem großen Kontext lokal authentisch bleiben können”, so einer der Teilnehmer des Forums, der anglikanische Pfarrer Alistair Macdonald-Radcliff.

Khinalig – Minderheit auf 2300 Metern

In dem auf 2300 Metern im Kaukasus gelegenen Dorf Khinalig leben Angehörige der Kettidt, einer ethnischen Minderheit im Land. Die Einwohner sprechen eine eigene Sprache – und auch einige Worte Aserbaidschanisch. Übrigens ist dieses Dorf die älteste menschliche Höhensiedlung in Europa. Hier leben rund 2300 sunnnitische Muslime – die Mehrheit der Menschen in Aserbaidschan ist schiitischen Glaubens. Die Menschen Khinaligs wollen ihre Besonderheiten um jeden Preis bewahren, so einer der Bewohner: “Es ist wichtig, die Geschichte zu bewahren, die Kultur und die Sprache dieser Gemeinschaft. Unsere Vorfahren lebten hier schon vor 6000 Jahren und für uns ist es eine Pflicht, ihr Erbe am Leben zu erhalten. Das ist auch wichtig für unser Land, weil es auch dessen Kultur bereichert. Wir wollen der ganzen Welt zu zeigen, dass hier noch immer so kleine ethnische Minderheiten existieren können.”

Das Dorf Kuba – vom Miteinander der Religionen

Khinalig liegt in der Region um die Stadt Kuba im Norden Aserbaidschans – ein bisher fast unberührtes Paradies für Bergsteiger aus aller Welt.
Kirmisi Kasaba, die “rote Siedlung” im Herzen Kubas, ist der alte jüdische Teil der Stadt. Die Menschen hier nennen sich selbst Bergjuden und sprechen Juhury, eine Sprache, die zu 70 Prozent aus Elementen des Hebräischen, des Türkischen und des Persischen (Farsi) besteht. Die Vorfahren dieser Menschen sollen einst von den Persern aus Babylon hierher gebracht worden sein. Im 18. Jahrhundert zog es sie dann aus den Bergen in die Stadt, wo sie seither an der Seite aserbaidschanischer Muslime leben, wie auch Rabbi Elazar Nisimow weiß: “Der Konflikt zwischen Juden und Muslimen wird nicht ewig dauern. Wir sind doch Triebe einer selben Wurzel, Äste desselben Baums, Muslime und Juden, und hier bei uns versteht das auch jeder.”

Von Zeit zu Zeit kommt die jüdische Gemeinde zusammen, um über die Beziehungen zu anderen Glaubensgemeinschaften zu diskutieren. Das Oberhaupt der Juden der Stadt, Boris Simanduew, ist 80 Jahre alt und hatte früher viel mit den örtlichen muslimischen Führern zu tun. Den Imam der örtlichen Moschee, Haci Naib, kennt er gut: “1995 habe ich hier als Imam angefangen und seitdem arbeite ich an der Verbesserung der Beziehungen zwischen uns und der jüdischen Gemeinde”, so Naib.

Doch bei aller Toleranz – die Gemeinschaften mischen sich nicht untereinander, sagt Imam Haci Naib: “In Kubas ‘Roter Siedlung’ gibt es nur sehr wenige Hochzeiten zwischen Juden und Muslimen, ein kleiner Prozentsatz. Aber es ist nicht ausgeschlossen.”

Eheschließung nicht ausgeschlossen – nicht nur das Zweite Weltforum für Interkulturellen Dialog in Baku will zeigen, dass eine friedliche Koexistenz der Kulturen und Religionen, dass gegenseitiges Verständnis möglich ist – trotz der vielen religiös motivierten schwelenden Konflikte überall auf der Welt. Ein Vorhaben, das ganz in der Tradition der 2001 von der UN-Vollversammlung beschlossenen Resolution für den “Dialog zwischen den Zivilisationen” steht. Darin bekennen sich die Vereinten Nationen zu gemeinsamen ethischen Standards – für alle Menschen, überall auf der Welt.

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