Moderne Medien retten Menschenleben

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Von Euronews
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Mit 210 km/h tobte am 4. Dezember der Taifun “Bopha” über die Philippinen. Das war ein Sturm der Kategorie 5. Fast 2000 Menschen verloren ihr Leben bei diesem schlimmsten Wirbelsturm des Jahres 2012. So steht es im Weltkatastrophenbericht 2013, den die Föderation der Rotkreuz- und Roter-Halbmond-Gesellschaften in Genf veröffentlicht hat. Im gleichen Bericht heißt es aber auch: Mit “nur” 10.000 Menschen weltweit, sind 2012 so wenige durch Naturkatastrophen ums Lebens gekommen wie seit zehn Jahren nicht mehr. Die Schadenshöhe sei aber mit 117 Milliarden Euro die fünfthöchste des Jahrzehnts gewesen. Dabei verursachte allein der Wirbelsturm “Sandy”, der im Oktober über Jamaika, Kuba, den Bahamas und dem Nordosten der USA wütete, etwa 37 Milliarden Euro Schaden.

Einen wichtigen Platz im Bericht nehmen die Möglichkeiten der Schadensbegrenzung ein. So sollen künftig bei absehbaren Katastrophen mit Hilfe sozialer Medien und moderner Kommunikationstechnologie noch mehr Menschen in Sicherheit gebracht werden können als bisher. Die Lehre aus der Bopha-Katastrophe auf den Philippinen lautet: Tausende Menschen konnten gerettet werden, weil 99 Prozent der betroffenen Bevölkerung Zugang zu Mobilfunk hatten und so rechtzeitig gewarnt werden konnten.

Craig Cooper vom amerikanischen Roten Kreuz erinnert an die guten alten Methoden, über Fernsehen und Radio zu warnen und betont, Handy oder iPhone seinen einfach als die Weiterentwicklung der bewährten Warnsysteme anzusehen. Als ein Beispiel nennt er das Erdbeben in Neuseeland, wo in Trümmern eingeschlossene Opfer via Twitter gefunden wurden. In diese Richtung gehe die Entwicklung, über soziale Medien könnten nötige Informationen vor, während und nach Katastrophen weitergeleitet werden.

Das Rote Kreuz hat mit seinem System TERA schon drei Millionen Menschen per SMS erreicht. So konnte zum Beispiel auf Haiti umfassend gewarnt werden, als auf das Erdbeben vom Januar 2010 eine Cholera-Epidemie folgte. Es ist auch dem Einsatz moderner Medien zu verdanken, dass 2012 von Naturkatastrophen weniger Menschen betroffen waren, als in acht anderen Jahren des vergangenen Jahrzehnts.

INTERVIEW: “Drohnen könnten hilfreich sein”

Chris Cummins, euronews
In Boston in den USA sprechen wir mit Patrick Vinck von der Harvard Humanitarian Initiative. Er hat am aktuellen Weltkatastrophenbericht mitgearbeitet, den die Rotkreuz- und Roter-Halbmond-Gesellschaften gerade herausgegeben haben. Schwerpunkt des Berichts sind in diesem Jahr Technologie und die Zukunft humanitärer Einsätze. Patrick, welche Chancen bietet diese neue Ära menschlicher Konnektivität mit all den Mobiltelefonen und sozialen Netzwerken für humanitäre Organisationen und die Menschen, die von Naturkatastrophen und Gewalt bedroht sind?

Patrick Vinck
Die zentrale Frage für Helfer und auch für Menschen in Unglücksregionen ist es, wie man die humanitäre Hilfe effektiver gestalten kann. Technologie hat dafür ein enormes Potential, sei es, dass man durch Luftaufnahmen oder Satelliten genauere Informationen über ein Gebiet erlangt oder seien es Studien am Boden, die mit Hilfe von Mobiltelefonen durchgeführt werden. Es geht auch darum, Menschen eine Stimme zu geben, über soziale Netzwerke, über SMS oder Telefonate.

Chris Cummins
Woher kommt der Antrieb zur Entwicklung neuer Technologien für die humanitäre Hilfe? Kommt das aus dem humanitären Bereich selbst, wird hier in Innovationen investiert, oder kommt es von auswärtigen Agenturen, die auf diesem aufstrebenden und potentiell lukrativen Markt Fuß fassen möchten?

Patrick Vinck
Das ist eine interessante Frage, hier arbeiten viele Menschen zusammen: Leute mit Ideen und humanitäre Helfer; und von denen sind die einen innovativer als die anderen. Aber es gibt viele Probleme bei diesem Thema. Das Hauptproblem, das wir in diesem Bericht ansprechen, ist die digitale Kluft. Es geht darum, wer die Möglichkeiten hat, in neue Technologien zu investieren, sie zu erlernen und anzuwenden, und wer nicht.

Chris Cummins
Lassen Sie uns über zwei andere neuere Entwicklungen sprechen, die schnelle elektronische Überweisung von Geld und die biometrische Identifizierung. Beides spielt eine entscheidende Rolle in der humanitären Hilfe. Welche Vorteile bringt das für Katastrophen-Opfer?

Patrick Vinck
Elektronisches Geld und die elektronische Überweisung sind ein gutes Bespiel dafür, wie Technologie humanitäre Hilfe effektiver macht. Wir umgehen das Risiko von Verlusten – was ein freundlicher Weg ist um zu sagen, dass das Geld nicht beim Empfänger ankommt, sondern in den Händen von jemand anderem landet – und man hat so keine Transaktions- oder sonstigen Kosten, die bei der herkömmlichen Überweisung anfallen. Es ist ein wirklich gutes Beispiel für nützliche Technologie und wie sie schnell von humanitären Helfern angewandt wird. Die Biometrik kommt aus derselben Notwendigkeit für Effizienz. Eine der größten Herausforderungen für humanitäre Helfer ist es sicherzustellen, dass diejenige, die Hilfe brauchen, diese auch bekommen, dass die Ressourcen nicht umgeleitet werden und dass die Menschen auch im Laufe der Zeit die Hilfe bekommen, die sie brauchen. Wir müssen also in der Lage sein, die Empfänger langfristig zu begleiten. Es ist eine Win-win-Situation.

Chris Cummins
Lassen Sie uns über ein kontroverses und komplexes Thema sprechen. Welche Vor- und Nachteile hat die Drohnentechnologie bei Katastropheneinsätzen?

Patrick Vinck
Das ist ein schwieriges Thema. Drohnentechnologie ist relativ neu, und sie ist potentiell auch hilfreich. Stellen Sie sich beispielsweise ein Erdbeben oder eine andere Katastrophe vor, bei der sich nicht nur schnell Bilder beschaffen, sondern auch 3D-Modelle der Situation vor Ort erstellen lassen. Stellen Sie sich vor, Sie könnten in sehr entlegenen Gegenden helfen, bei Operationen etwa, indem Sie ohne aufwendige Logistik Impfstoffe liefern, wodurch man auch die Kosten für die Materialsendung in bestimmte Regionen senken kann.

Es geht dann aber auch um Themen wie Privatsphäre oder die Daten, die dadurch gesammelt werden, das muss besprochen werden. Wir müssen sehr vorsichtig sein, wie wir mit dieser Technologie umgehen und sie bewerten. Gleichzeitig müssen wir eine Brücke schlagen zwischen den Leuten, die in Sachen Datenschutz, Privatsphäre, Ethik Erfahrung im Drohnenbereich haben, und humanitären Helfern, die sich vielleicht weniger darum kümmen. Denn ihr Job ist es vor allem, Leben zu retten, und das tun wir, was auch immer es kostet.

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