Gewalt ohne Ende in Ägypten

Gewalt ohne Ende in Ägypten
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Von Euronews
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Die Spirale der Gewalt dreht sich in Ägypten unaufhörlich weiter. Und das, obwohl für den 14. und 15. Januar ein Verfassungsreferendum angesetzt ist und in einem halben Jahr Parlaments- und Präsidentschaftswahlen anstehen. In Anschas, 100 Kilometer nördlich von Kairo, explodierte am Sonntag eine Autobombe vor dem Gebäude des Militärgeheimdienstes. Besonders aufgeheizt ist die Stimmung in Kairo rund um die Al-Azhar-Universität. Dort hatten Anhänger der inzwischen verbotenen Muslimbrunderschaft den Prüfungsbeginn gestört. Mit so massiven Krawallen, dass Blut floss. Ein Trakt der Handelsfakultät brannte aus. 100 Studenten wurden festgenommen, etliche verletzt. Am Dienstag, dem 24. Dezember, waren bei einem Selbstmordattentat in Al-Mansura 16 Menschen getötet worden. Zu der Tat bekannte sich eine auf der Sinai-Halbinsel stationierte Dschihadistengruppe, die sich als von Al-Kaida inspiriert bezeichnet. Die Muslimbruderschaft verurteilte den Anschlag. Trotzdem wurde sie am folgenden Tag von der Regierung unter ausdrücklicher Berufung auf diesen Anschlag zur “terroristischen Vereinigung” erklärt. Seither wurden hunderte Mitglieder der Muslimsbruderschaft und sie unterstützende Demonstranten verhaftet. Gleichzeitig schlossen die Behörden karitative Einrichtungen der Bruderschaft. Unterstützer riskieren jetzt bis zu 5 Jahre Gefängnis, wenn sie sich so offen zu der “terroristische Vereinigung” bekennen. Sie können dann nach dem Terrorismus-Paragraphen verurteilt werden. Trotzdem gingen in Kairo wie in Alexandria wieder Tausende auf die Straße.

Mohammed Shaikhibrahim , euronews :
Nach Angaben der Sicherheitsdirektion der Regierung handelte es sich bei dem Anschlag im Stadteil al-Mansura von Kairo um einen Bombenangriff. Der hatte zur Folge, dass die Muslimbruderschaft offiziell als “terroristische Organisation” eingestuft wurde. Über die Auswirkungen dieser Entscheidung sprechen wir mit dem Sicherheitsexperten Khaled Okasha .
Welche Beweise führen die ägyptischen Behörden an für den Verdacht , dass die Gruppe
“Ansar Beit Almaqdis” den Angriff ausgeführt hat?

Khaled Okasha :
“Ansar Beit Almaqdis” ist eine jener Gruppen, die wir als die “ zweite Generation” von al Kaida Terrorgruppen bezeichnen. Es ist eine kleine Gruppe, die aus der Revolution von 25. Januar 2011 erwuchs, sie ist insbesondere in der Region Sinai verwurzelt und dort bekannt. Was den Beweis anbelangt: es gibt Techniken und Methoden, die bei diesem Angriff verwendet wurden. Die sind fast identisch mit Spuren von früheren Anschlägen dieser Gruppe.

euronews :
Worin besteht die Verbindung zwischen dieser Gruppe und der Muslimbruderschaft ? “

Khaled Okasha :
Diese Gruppe und die Muslim-Bruderschaft verfügen über bestimmte Kommunikationslinien in der Region Sinai. Die Muslimbrüder versuchen, diese Gruppe als bewaffnete Terroristen zu nutzen, gewissermassen als einen eigenen verlängerte bewaffneten Arm, um wirklichen Druck aufzubauen, mit dem sie den Militärrat politisch erpressen und bestimmte Abläufe in der Übergangsphase beeinflussen können. .

euronews :
Wie wirkt sich die Einstufung der Muslimbruderschaft als terroristische Organisation in Ägypten aus?

Khaled Okasha :
Ab sofort wird die Freiheit der Muslimbruderschaft eingeschränkt. Das sind Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und der Sicherheit bei Razzien. So wurden zum Beispiel am vergangenen Freitag zum ersten Mal 256 Mitglieder der Muslimbruderschaft festgenommen, darunter 40 Frauen, während sie in den Straßen demonstrierten.
Die Festgenommen müssen damit rechnen, nach Artikel 86 und Artikel 89 des Strafgesetzbuches, das sind die Terrorismus-Paragraphen, Strafen bis 5 Jahre Haft für die Teilnahme an Demonstrationen zu bekommen. Da ist sogar die Todesstrafe nicht mehr ausgeschlossen

euronews :
Glauben Sie, dass die ägyptische Regierung zu schnell gehandelt hat, als sie die Muslimbruderschaft zur terroristischen Organisation erklärte?

Khaled Okasha :
Die Entscheidung der Regierung, die Bruderschaft zur Terrorgruppe zu erklären, wurde hastig und mit einem Mangel an Objektivität getroffen. Ich halte das für das schlechteste Timing, das es für die ägyptischen Sicherheitskräfte geben konnte.

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