Sharons Rolle im Friedensprozess: "Zuhörer, kein Entscheider"

Sharons Rolle im Friedensprozess: "Zuhörer, kein Entscheider"
Von Euronews
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euronews:
“Mit dem ehemaligen palästinensischen Chefunterhändler Nabil Shaath sprechen wir über die palästinensisch-israelischen Beziehungen sowie die wichtigsten politischen Hindernisse während der Amtszeit von Ariel Sharon. Wie beschreiben Sie die Verhandlungen mit den Israelis, als Sharon Ministerpräsident war?”

Nabil Shaath:
“Ariel Sharon hat eine stille Rolle während der Verhandlungen gespielt. Er sprach wenig und ist in den Sitzungen manchmal eingeschlafen. Ich glaube, er hatte für sich vorher entschieden, dass er diese Verhandlungen nicht will und hatte die Sichtweise, dass die Gespräche Netanjahu damals von den Amerikanern aufgedrängt worden waren. Er war ein Zuhörer, kein Entscheider. Einmal aber wurde er wütend, als er über den Seehafen sprach. Ich sagte, dass alle Argumente und Ausflüchte darauf zielen, die Dominanz Israels mithilfe des Hafens von Ashdod im Norden aufrechtzuerhalten. Sie wollten keinen zusätzlichen Hafen für die Palästinenser in Gaza. Dann unterbrach er die Stille und sagte: ‘Nein, ich bin dafür, einen Hafen in Gaza zu bauen und werde Rinder für meine eigene Farm über diesen Hafen importieren.’ Das wurde nie umgesetzt.”

euronews:
“Wie bewerten Sie den von Sharon durchgesetzten Rückzug aus dem Gazastreifen und die damalige Räumung von Siedlungen?”

Nabil Shaath:
“Die israelischen Interessen in Religion, Sicherheit, Wasser und Land sind auf das Westjordanland gerichtet, nicht auf den Gazastreifen. Sharon hat das durch den einseitigen Rückzug erreicht und den Gazastreifen dann geographisch und durch Belagerung isoliert. Damit hat er das, was 2007 in Gaza passierte, ermöglicht. Das führte auch zu einer politischen Trennung und zusätzlich hat er während seiner Amtszeit die Blockade gegen Jassir Arafat angeordnet und wiederholt geäußert, dass man ihn loswerden müsse. Das bestätigt, dass er mit der Ermordung Arafats zu tun hat. Wir untersuchen immer noch die Umstände der Belagerung seines Amtssitzes und die Ermordung von Präsident Abu Ammar.”

euronews:
“Welches sind die wichtigsten Änderungen im israelisch-palästinensischen Verhältnis, seitdem Sharon nicht mehr im Amt ist?”

Nabil Shaath:
“Nach Sharons Ägide gab es keine israelische Regierung, die von der Politik der israelischen Rechten abgewichen ist. Mehr Intoleranz und übertriebener Hass sind etabliert worden. Gleiches gilt für das Töten von Palästinensern und die Besetzung von deren Land. Diese Entwicklung sieht man vor allem auch innerhalb des Likudblocks, der seit Sharons Amtszeit noch extremere Positionen vertritt und noch weiter nach rechts gerückt ist. Jetzt erkennen wir auf allen Gebieten die konkreten Ergebnisse dieser Politik.”

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