Wie wählt Ungarn?

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Von Euronews
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Die ungarischen Parlamentswahlen werden 2014 zum ersten Mal nach dem neuen Wahlgesetz vom Dezember 2011 abgehalten. Dabei gibt es einige wichtige Neuerungen: Statt zwei wird es nun nur noch einen einzigen Wahlgang geben. Außerdem wird die Zahl der Abgeordneten von 386 auf 199 reduziert.

106 Abgeordnete werden direkt gewählt, in den sogenannten Einerwahlkreisen – dafür genügt die relative Mehrheit (der zuvor übliche zweite Wahlgang wurde abgeschafft). Die übrigen 93 Sitze werden proportional an Kandidaten aus nationalen Listen vergeben. Die Opposition kritisiert, dass die Regierungspartei Fidesz, die die stärkste Partei ist, durch dieses System und durch den Zuschnitt der Wahlkreise bevorzugt wird.

Eine weitere wichtige Veränderung: die Mindest-Wahlbeteiligung fällt weg. In Zukunft wird das Ergebnis auch dann gültig sein, wenn weniger als 50 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben haben.

Wer kann kandidieren?

Für einen Abgeordnetensitz kann jeder ungarische Staatsbürger über 18 kandidieren, der bei seinen Wählern mindestens 500 Unterschriften gesammelt hat. In Einerwahlkreisen können sowohl Unabhängige wie auch Parteikandidaten antreten. Ein Kandidat kann auch von mehreren Parteien gemeinsam aufgestellt werden, jeder Kandidat kann aber nur in jeweils einem Wahlkreis antreten.

Die nationalen Listen werden von mehreren Gruppen aufgestellt: Von Parteien oder von Vertretern ethnischer Minderheiten wie Roma, Slowaken oder Deutschen. Parteien sind dann berechtigt eine nationale Liste aufzustellen, wenn sie in der Hauptstadt, in mindestens 27 Einerwahlkreisen sowie in mindestens neun der 19 ungarischen Landkreise (Komitate) einen Kandidaten aufgestellt haben.

Während 63 Parteien registriert sind, haben sich nur 18 von ihnen für die Aufstellung einer nationalen Liste qualifiziert. Von den nationalen Minderheiten hat die Wahlkommission 13 Listen registriert.

Wer kann wen wählen?

Personen mit ständigem Wohnsitz in Ungarn dürfen für einen Kandidaten aus ihrem Einerwahlkreis sowie für eine Parteiliste stimmen. Angehörige der nationalen Minderheiten stimmen ebenfalls für einen Wahlbezirkskandidaten, sie wählen anstelle einer Parteienliste aber eine Minderheitenliste.

Wahlberechtigte ohne ständigen Wohnsitz (z.B. im Ausland lebende ungarische Staatsbürger) können nur für eine Parteiliste stimmen, nicht aber für Kandidaten aus Einerwahlkreisen.

Veränderte Wahlkreise

Im neuen System umfasst jeder Wahlkreis durchschnittlich 76.000 Wahlberechtigte. Weil die Zahl der Wahlkreise insgesamt reduziert wurde, verringert sich auch die Zahl der Wahlkreise in der Hauptstadt Budapest von 32 auf 18. Die geringste Zahl an Wahlkreisen hat der Landkreis Nograd im Nordungarn: statt der bisher vier gibt dort nun nur noch zwei.

Wie werden die Ergebnisse berechnet?

In den Einerwahlkreisen ist der Kandidaten mit den meisten gültigen Stimmen gewählt. Eine absolute Mehrheit ist nicht mehr notwendig.

Die 93 Listen-Sitze werden hingegen proportional nach dem D’Hondt-Verfahren vergeben. Dabei gilt eine Hürde: Parteien oder nationale Minderheiten, die weniger als fünf Prozent der Stimmen auf ihre Liste vereinen konnten, erhalten keine Sitze im neuen Parlament. Wenn zwei Parteien eine gemeinsame Liste aufgestellt haben, steigt diese Hürde auf zehn Prozent – und auf 15 Prozent, wenn drei Parteien beteiligt sind.

Um bei der Direktwahl auftretende Überhangmandate auszugleichen, werden bei der Verteilung der Listen-Sitze die sogenannten „Reststimmen“ miteinbezogen: Dies sind alle Stimmen für Kandidaten, die ihren Wahlkreis nicht gewinnen konnten. Ihre Direktstimmen werden zu den Listenstimmen für die entsprechenden Partei- oder Minderheitenlisten hinzuaddiert. Bei unabhängigen Kandidaten werden die „Reststimmen“ nicht weiter berücksichtigt.

Nationale Minderheiten, die an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert und deshalb nicht direkt von Abgeordneten im Parlament vertreten sind, können den ersten Kandidaten ihrer Minderheiten-Liste statt dessen als „Ombudsmann“ ans Parlament entsenden.

Weitere Informationen: http://www.valasztasirendszer.hu/wp-content/uploads/PC_ElectoralSystem_120106.pdf

Wahlen un Ungarn 2014

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