Warum fürchtet das Regime im Iran so sehr die "Grüne Bewegung"

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Von Euronews
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Die drei Führer von Irans “Grüner Bewegung” rufen nach Reformen und nach einer Entwicklung der Gesellschaft.
Mir Hussein Musssawi, Mahdi Karrubi und Zahra Rahnaward sitzen seit tausend Tagen im Hausarrest fest.
Ohne Gerichtsurteil. euronews hatte in London Gelegenheit, mit den Sohn von Mahdi Karrubi zu sprechen. Mohammad Taght Karrubi lehrt Rechtswissenschaften an der University of Westminster.

euronews
Herr Karrubi, Ihr Vater wird nun schon seit Februar 2011 im Hausarrest festgehalten. Im vergangenen Jahr erklärten der Justizminister und der Bürgermeister von Teheran, sein Fall läge in den Händen des Nationalen Sicherheitsrates. Ein Parlamentsabgeordneter berichtete, ihm habe der Oberste Führer gesagt, wenn die Anführer der “Grünen Bewegung” vor Gericht kämen, dann würde das Urteil wegen ihrer schweren Verbrechen äußerst hart ausfallen. Warum ist die Islamische Republik Iran in diesem Fall mit Informationen so zurückhaltend?

Mohammad Taghi Karrubi
Das Verhalten des Regimes gegenüber den Anführern der Protestbewegung war von Beginn an unklar.
Alle Maßnahmen erfolgten inoffiziell. Sie wurden von Polizisten in Zivil beschattet und unter Kontrolle gehalten. Nach internationalem Recht ist der Staat auch für das verantwortlich, was inoffizielle Gruppen tuen. Deren Methoden reichten bis zu einem versuchten Mordanschlag auf meinen Vater, sie legten Feuer an seiner Haustür und warfen Sprengkörper ins Haus. Das Regime hat für solche Aktionen seine Leute, Gruppen, die das volle Vertrauen genießen, aber nicht offiziell agieren. Es sollte so eine offizielle Konfrontation zwischen Staat und Grüner Bewegung vermieden werden. Deshalb haben die Behörden offiziell nicht einmal die Verantwortung für den Hausarrest übernommen, was im Rahmen der bestehenden Gesetze möglich wäre. Einige Offizielle haben indirekt eingestanden, dass dieser Fall nicht ihrer Kontrolle unterliegt, dass dieser Fall vielmehr “ganz oben” angebunden sei. Der Oberste Führer hat kürzlich klar zum Ausdruck gebracht, dass dieser Fall von Hausarrest allein in seiner Hand liege. Das war für uns nicht neu. Meiner Meinung nach hat die Bekanntheit dieses Falles dazu geführt, dass er auf einem neuen Niveau behandelt wird.

euronews:
Ihr Vater hat deutlich erklärt, dass er bereit ist, vor jedem Gericht zu erscheinen, um auf die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zu antworten. Aber der Oberste Führer hat gesagt, seine Verbrechen seien viel zu massiv, auch wenn, wie er meinte, der Staat Herrn Karrubi und zwei andere Politiker mit viel zu viel Güte behandele. Glauben Sie, dass der Oberste Führer längst seine Entscheidung getroffen hat, diesen Fall außerhalb der geltenden Rechtsordnung zu behandeln?

Mohammad Taghi Karrubi
Laut Verfassung gilt das Prinzip der Unschuldsvermutung bis ein Gericht sein Urteil über den Angeklagten gesprochen hat. Mein Vater war sich immer der Bedingungen im Lande bewusst. Von Beginn seines Hausarrestes an hat er mehrfach erklärt, dass er bereit sei, in einer öffentlichen Verhandlung sich einem ordentlichen Gericht zu stellen. Seine einzige Bedingung ist, dass er, wie in Artikel 168 der Verfassung vorgesehen, dabei selber frei zu seiner Verteidigung sprechen darf. Und genau das hat ihm das Regime bisher verweigert. Es hat keinerlei juristische Verfahren eingeleitet. Der Oberste Führer sagt , die Anführer der “Grünen Bewegung” seien schuldig, ihre Verbrechen müssten vor Gericht gebracht werden. Nur dann, wenn ein Schuldspruch ergangen sei, könnten sie bestraft werden. Dabei hat der Oberste Führer doch bereits die Strafen verhängt. Selbst jetzt, Jahre später, glaubt er, dass das Regime gegenüber den drei Oppositionsführern Güte habe walten lassen. Das alles zeigt, dass dieser Fall nicht der Justiz überlassen werden soll. Es zeigt, die Justiz ist nicht unabhängig, wenn es um die Anführer einer Oppositionsbewegung geht, die die Menschen in Iran beeinflussen können.

euronews:
Nachdem im vergangenen Jahr ein gemäßigter Politiker zum Präsidenten gewählt wurde, waren die Menschen glücklich. Sie gingen auf die Straße und riefen die Namen der Anführer der grünen Bewegung.
Warum will das Regime dieses Hausarrest beibehalten?

Mohammad Taghi Karrubi Nach der Verhaftung der Anführer der Grünen Bewegung versuchte das Regime die Propaganda so zu lenken, dass die Iraner schlecht über diese Leute denken sollten. Gleichzeitig bekamen die so Beschuldigten keine Gelegenheit, sich zu verteidigen. Studenten und politische Aktivisten kamen ins Gefängnis. Das erwies sich aber als ein großer historischer Fehler des Regimes. Diese Propaganda hatte nicht den gewünschten Erfolg. Die letzten Wahlen haben das deutlich gezeigt. Heute ist nicht nur eine öffentliche Aufmerksamkeit für die Grüne Bewegung und ihre Anführer gewachsen, auch deren Popularität wächst ständig. euronews:
Sprechen wir über die Bedingungen beim Hausarrest Ihres Vaters. Zunächst wurde er in seinem eigenen Haus festgehalten und dann wurde er in ein anderes “sicheres” Haus gebracht, das vermutlich dem Geheimdienst gehört. Heute ist er wieder in seinem eigenen Haus. Welchem Zweck dient das ? Mit Herrn Mosavi und Frau Rahnavard Mosavi wurde nicht so verfahren.

Mohammad Taghi Karrubi
Mein Vater wurde nach einigen Monaten zu Hause in eines der Gebäude des Geheimdienstes gebracht.
Unsere Familie denkt, dadurch sollte mehr Druck auf ihn ausgeübt werden. Er hielt sich für zweieinhalb Jahre allein in einer sehr kleinen Wohnung auf, die nur mit dem Allernötigsten ausgestattet war. Meine Mutter wurde aus dem Hausarrest entlassen, aber er musste bleiben. Aus Mangel an Sonnenlicht und frische Luft wurde er krank, er bekam an Asthma und Rachitis. Allein in den letzten sieben oder acht Monaten musste er sich vier Operationen unterziehen. Das Regime hat mit dieser Art der Haft bewusst seine Gesundheit zerstört.
Erst danach erlaubte man ihm, in seine Heimat zurückzukehren. Sein Hausarrest wird dort fortgesetzt.

euronews:
Für Politiker ist es schon ein Problem, wenn ihnen der Kontakt zur Gesellschaft abgeschnitten wird.
Wie ist es mit dem Essen? Wer versorgt Ihren Vater?

Mohammad Taghi Karrubi
Das darf jetzt die Familie tun. Meine Mutter darf einkaufen gehen. Während mein Vater im Haus des Geheimdienstes lebte, besorgte der auch die Nahrungsmittel. Die Familie musste sie natürlich bezahlen.
Dort bekam er einige Zeit nur kalte Verpflegung. Nur kurzfristig bekam er auch manchmal warmes Essen.

euronews:
Wer darf Ihren Vater besuchen?

Mohammad Taghi Karrubi
Derzeit dürfen das meine Brüder, ihre Frauen und ihre Kinder. Sie besuchen ihn einmal in der Woche. Jeder Besuch kann zwischen einer halben Stunde und zwei Stunden dauern. Einer meiner Brüder wurde für insgesamt 14 Monate davon ausgeschlossen, weil er dem Vater politische Neuigkeiten erzählt hatte.

euronews:
Stehen Sie in Kontakt mit internationalen Menschenrechtsorganisationen ?

Mohammad Taghi Karrubi
Wir haben versucht, die Menschen über die Bedingungen zu informieren, unter denen mein Vater und Herr Mosavi ihren Hausarrest verbringen müssen. Es ist doch die Pflicht der Menschenrechtsorganisationen, öffentlich zu machen, wo immer es Ungerechtigkeit gibt in der Welt. Aber wir selbst stehen nicht in Kontakt mit internationalen Organisationen. Wir haben versucht, weltweit über das Schicksal meines Vaters zu informieren und wir erwarten, dass die internationalen Institutionen ihre Arbeit machen.

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