Jazenjuk: "Ukrainer hassen diese russisch-geführten Guerillas"

Jazenjuk: "Ukrainer hassen diese russisch-geführten Guerillas"
Von Euronews
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Kurz bevor Arseni Jazenjuk seinen Rücktritt als ukrainischer Ministerpräsident einreichte, sprach er in Kiew mit euronews-Korrespondent Sergio Cantone und äußerte sich zur politischen Lage im Land sowie möglichen Neuwahlen.

euronews:
Glauben Sie, dass Russland nach den neuen Sanktionen eine Art Waffenstillstand und Verhandlungen akzeptieren wird?

Arseni Jazenjuk:
Die Möglichkeit besteht, es gibt die Möglichkeit für Gespräche. Aber die einzige Gesprächsform, die von der ukrainischen Regierung akzeptiert wird, ist die, die es in Genf gab: mit den USA, der Europäischen Union, der Ukraine und Russland. Es gibt also eine Möglichkeit, aber diejenigen, die die internationalen Verbrechen begangen haben, müssen bestraft werden.

euronews:
Was erwarten Sie in den nächsten Wochen? Glauben Sie, dass das Land, das Sie erwähnen, den Druck auf die Ukraine erhöhen wird?

Arseni Jazenjuk:
Es hängt viel von den Zielen ab, die Präsident Putin und seine Verbündeten haben. Wir gehen immer noch davon aus, dass es das Ziel der russischen Förderation ist, die Ukraine auszulöschen, sie von der Landkarte zu tilgen und nicht zuzulassen, dass die Ukraine ein Mitglied der großen EU-Familie wird. Sie wollen nicht zulassen, dass die Ukraine ein unabhängiges und freies Land ist. Wir kämpfen für unsere Freiheit. Wir kämpfen für unser Land, für unseren Staat, für unsere Zukunft. Diejenigen, die gegen uns kämpfen, sind die Bösen.

euronews:
Wenn man die schwierige Situation der Ukraine betrachtet: Ist es innenpolitisch dann ein guter Zeitpunkt, um das Parlament aufzulösen und so schnell wie möglich Neuwahlen anzustreben?

Arseni Jazenjuk:
Wir haben nur zwei Möglichkeiten: Sein oder Nichtsein. Einerseits müssen wir ein Sparprogramm verabschieden, wir müssen Reformen durchführen – dafür brauchen wir stabile Verhältnisse und die Mehrheit im Parlament. Andererseits müssen wir den Willen aller Ukrainer beachten. Sie wollen entweder mit dem jetzigen Parlament weitermachen oder ein neues Parlament haben. Die Mehrheit der Ukrainer fordert vorgezogene Wahlen. Man könnte sich in der Mitte treffen: Zum Beispiel vorgezogene Parlamentswahlen, nachdem wir im Osten der Ukraine Frieden und Stabilität hergestellt haben.

euronews:
Glauben Sie nicht, dass es dringend notwendig ist, den Menschen im Osten des Landes, die unter dem Krieg leiden, eine politische Antwort zu geben? Sie werden politisch nicht ausreichend vertreten. Wie lautet in Bezug auf vorgezogene Neuwahlen Ihre Botschaft an diese Menschen?

Arseni Jazenjuk:
Lassen Sie mich zunächst etwas ganz deutlich sagen, weil Sie vermutlich die Lage vor Ort nicht kennen. Die Mehrheit der ukrainischen Präsidenten, Ministerpräsidenten und Regierungsmitglieder stammte aus der Ostukraine.

euronews:
Nicht, dass ich die Realität im Land nicht kennen würde. Aber das sagen die Leute.

Arseni Jazenjuk:
Aber wir müssen über die richtigen Fakten sprechen. Das zweite Thema ist, dass die Ostukraine deutlich im Parlament vertreten ist. Und sie bestimmen die Regionalregierungen. Drittens und da haben Sie vollkommen recht: Wir müssen eine politische Lösung finden. Aber wir müssen herausfinden, welche politischen Bedürfnisse diese Leute haben, zum Beispiel was die russische Sprache betrifft. Ich war der Erste, der sagte, dass wir noch ein geltendes Gesetz zum Sonderstatus der russischen Sprache haben.

euronews:
Ich spreche nicht über die russischen Sprache, ich spreche über das, was die Leute brauchen, was sie sagen. Sie trauen Kiew nicht.

Arseni Jazenjuk:
Vor einigen Tagen war ich in Slowjansk. Slowjansk ist eine ehemalige Hochburg dieser russisch-geführten Guerillas. Es stimmt, dass bis zu 30 Prozent der Einwohner des Ostens Kiew nicht trauen. Und das ist vollkommen normal. Doch ich habe die Augen und Gesichter derjenigen gesehen, die von der ukrainischen Armee befreit wurden. Uns mögen die wahrscheinlich nicht, diese russisch-geführten Guerillas aber hassen sie – definitiv.

euronews:
Eine letzte Frage: Werden Sie ihnen die Möglichkeit geben, im Rahmen der Dezentralisierung ihren eigenen Gouverneur zu wählen?

Arseni Jazenjuk:
Unsere Idee, das so genannte Dezentralisierungsprogramm…

euronews:
Nicht Föderalisierung?

Arseni Jazenjuk:
Das war das russische Modell, um die Ukraine auszulöschen, sie zu föderalisieren und Teile der Ukraine zu kaufen…

euronews:
Deshalb habe ich Dezentralisierung gesagt.

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Arseni Jazenjuk:
Dezentralisierung – welche Idee haben wir? Der Präsident hat ernannte regionale Regierungen. Wir wollen diese Verfahrensweise des Ernennens abschaffen und es den lokalen Räten ermöglichen, die Gouverneure direkt zu wählen. Dazu sind wir bereit, und der Präsident hat im Parlament bereits Änderungsanträge eingereicht.

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