Cornelia Schleime und ihre trotzigen Geschichten

Cornelia Schleime und ihre trotzigen Geschichten
Von Kirsten Ripper
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
WERBUNG

Das zweite Buch der Malerin Cornelia Schleime “Das Paradies kann warten” ist ein kleines Buch mit Illustrationen, es riecht gut und fühlt sich gut an. Das gehört zum Programm beim Verlag Fuchs & Fuchs, den die Buchhändlerin Kristina Kienast Anfang 2014 gegründet hat -als “Trotzreaktion gegen all die, die immer sagen, Bücher haben keine Zukunft.”

Trotz, den lässt auch die 1953 geborene Cornelia Schleime in ihren Werken spüren, und er zieht sich durch ihr Leben. Die Geschichten sind autobiografisch. Am eindringlichsten ist die vom Tod der Mutter. Kurz vorher an Weihnachten hat es noch Streit gegeben: “Auch Jo spürte die Spannung, die sie aufgebaut hatte, konnte sie aber nicht mehr wegdrücken. Im Gegenteil, schneidend bäumte sich alles in ihr auf.”

Eines ihrer Markenzeichen ist der Nonkorformismus: “In der Masai Mara hatte Jo einmal Safaritouristen geärgert, indem sie darauf bestand, ihre goldene Paillettenweste anzubehalten.” Cornelia Schleime, die Unangepasste, sie gibt viel Preis, sie sagt, “die Geschichten waren in mir drin”, sie ist schonungslos mit sich selbst, schippert im weißen Seidenkleid allein auf Kreta, ihre erste Reise – und immer wieder lässt sie sich gegen Gegenleistung mit diversen Männern ein.

Dann gibt es noch die Geschichte von Hannelore, in der Cornelia Schleime, die in der DDR aufgewachsen ist, all ihre Verachtung gegen die neuen Bewohner vom Prenzlauer Berg untergebracht hat. Hannelore ist schon älter, hat nur noch ihren kleinen Hund, und jetzt lebt sie umgeben von TV-Moderatoren und Werbefritzen, die ihre Kinder grenzenlos verwöhnen.

Diese Hannelore erinnert an Renée, die hochintelligente Concierge aus dem Erfolgsroman der Philosophieprofessorin Muriel Barbery “L‘élégance du hérisson” (“Die Eleganz des Igels”). Beide stehen für den gesunden Menschenverstand in einer vom Wohlstand verdorbenen Welt. Die Autorin wünscht sich ein rotzigeres, ein frecheres Berlin.

Jetzt findet Cornela Schleimes Lesung in einem Gebäude der Deutschen Bank statt und der in Baden-Württemberg geborene Dieter Kosslick moderiert den Abend. Angesichts Schleimes Kritik an den neuen Bewohnern des Berliner Ostens hat das eine gewisse Ironie, die in Kosslicks Gesprächskonzept aber nicht so recht aufgehen will – so richtig bekommt der Berlinale-Direktor die Autorin nicht zu fassen.

Die nächste Ausstellung mit Werken von Cornelia Schleime findet im Oktober im französischen St. Etienne statt, dort zeigt sie Zeichnungen und Aquarelle vor allem von jungen Mädchen “zwischen frühreifer Erotik und engelhafter Zartheit”.

Im Video sehen Sie ein Portrait von Cornelia Schleime.

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

In Gedanken im Krieg: Ukrainer und Russen in Deutschland

Berlinale: Goldener Bär geht an Dokumentarfilm "Dahomey"

Landwirte und LKW-Fahrer protestieren in Berlin