Rücktritt des Präsidenten - Zeitenwende in Burkina Faso

Rücktritt des Präsidenten - Zeitenwende in Burkina Faso
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Von Euronews
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Während in anderen Ländern Westafrikas zuletzt immer wieder Konflikte ausbrachen, blieb es in Burkina Faso bislang ruhig. Das hat sich nun geändert: Am Donnerstag gab es blutige Unruhen. Mindestens dreißig Menschen wurden dabei getötet.

Die Bewohner des Landes waren auf die Straße gegangen, um ihre in der Verfassung verankerten Rechte zu verteidigen. Denn nach 27 Jahren an der Macht hatte es Präsident Blaise Compaoré zu weit getrieben. Er wollte die Verfassung zu seinen Gunsten ändern, um sich im nächsten Jahr wieder zur Wahl stellen zu können. Doch das akzeptierten die Menschen nicht – am Freitag trat Compaoré zurück.

1983 kam es in dem damals noch Obervolta heißenden Land zu einem Staatsstreich. In der Folge erklärte sich der sozialistische Revolutionär Thomas Sankara zum neuen Präsidenten des Landes. Sein enger Verbündeter damals: Blaise Campaoré. Der putschte sich drei Jahre später an die Macht und regierte das Land von da an semi-autoritär. Campaoré – im Gegensatz zu seinem Vorgänger – war loyal gegenüber der früheren Kolonialmacht Frankreich.

Der politische Schwenk wurde u.a. bei einem Treffen mit Frankreichs Präsident Francois Mitterand deutlich, als Compaoré erklärte: “Es gibt keine Entwicklung ohne Demokratie, und es gibt keine Demokratie ohne Entwicklung.” Als Präsident brachte er dann einige demokratische Reformen auf den Weg, erließ eine neue Verfassung und schuf ein Mehrparteien-System.

Doch das Land litt. Burkina Faso ist bis heute eines der unterentwickeltsten und ärmsten Länder der Welt. Mehr als Dreiviertel der Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft, fast die Hälfte ist arm. An dieser Situation hat sich über all die Jahre nur wenig geändert. Trotzdem, Compaore war beliebt im Land. Er galt als Patriarch, als ein “großer Mann”.

Und trotz des Militärputsches und einiger zwielichtiger Verbündeter fand er auch seinen Platz in der internationalen Diplomatie. Für den Westen war er der Ansprechpartner, wenn man bei regionalen Konflikten, wie z.B. in Mali oder der Elfenbeinküste, einen Vermittler brauchte.

Um mehr über die Hintergründe zu erfahren, sprach euronews mit Georges Dougueli. Er ist Journalist bei dem französischen Magazin “Jeune Afrique”.

Sophie Desjardin, euronews:
“Georges Dougueli, guten Tag. Sie verfolgen die aktuellen Entwicklungen in Burkina Faso genau. Wir haben wütende Menschen und Verwüstungen gesehen, aber keine brutale Unterdrückung: Ist das normal für Afrika? Was sagt uns das über das Land?”

Georges Dougueli:
“Wir wussten sehr wohl, dass ein Teil der Armee den Schritt des Präsidenten nicht verstehen würde, als er am 21. Oktober die Verfassungsänderung ankündigte. Wir sehen, dass die Armee den Demonstranten näher steht und sich geweigert hat, auf die Menschen auf der Straße zu schießen. Außerdem stehen einige Freunde des Präsidenten auf der Seite der Demonstranten. Das ist eine Entwicklung, die beinahe vorhersehbar war, wenn man die Politik der vergangenen Jahre in Burkina Faso verfolgt hat.”

Sophie Desjardin:
“Blaise Campaoré ist seit 27 Jahren an der Macht. Er hat häufig in einer fragwürdigen Art und Weise regiert. Der Vorstoß, die Verfassung zu ändern, ist nun der Funke im Pulverfaß. Warum reagieren die Menschen in Burkina Faso erst jetzt?”

Georges Dougueli:
“Bislang sind sie ruhig geblieben, weil er bislang das Grundgesetz respektiert hat. Aber jetzt, wegen des Versuchs gegen den Willen des Volkes zu handeln, haben sie sich zuammengeschlossen, um zu verhindern dass das Parlament dieser Änderung zustimmt.”

Sophie Desjardin:
“Gibt es einen glaubwürdiegen Nachfolger für Campaoré?”

Georges Dougueli:
“Es gibt einige. In der Opposition gibt es viele, die in der Lage wären, zu übernehmen. Zum Beispiel Roch Marc Kabore, der Campaoré sehr nah stand und die regierende Partei CDP am Schluß verließ und eine Oppositionspartei gründete. Oder Salif Diallo und Ablassé Ouedraogo oder Simon Compaoré. Es gibt mehrere große Persönlichkeiten in Burkina Faso, die das Land nach Blaise Compaoré führen können.”

Sophie Desjardin:
“Könnte das was in Burkina Faso passiert eine Initalizündung für eine Art “Afrikanischen Frühling” werden?”

Georges Dougueli:
“Was in Burkina passiert ist, kann tatsächlich zu einem Schneeballeffekt führen, zu einer Art Afrikanischem Frühling. Das nächste Land auf der Liste könnte der Kongo sein, da der Präsident sich dort noch nicht entschieden hat, ob er durch eine Verfassungsänderung an der Macht bleiben will. Auch in Benin sind sie versucht die Verfassung abzuändern, um die Grenzen zu lockern. Beide Länder könnten ein ähnliches Szenario erleben.”

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