Tsipras' Quadratur des (Schulden-) Kreises

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Von Sigrid Ulrich
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Eigentlich müsste Griechenlands neuer Regierungschef Alexis Tsipras längst graue Haare haben: Alle wollen von ihm Geld, er hat kaum Reserven. Aber er

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Eigentlich müsste Griechenlands neuer Regierungschef Alexis Tsipras längst graue Haare haben: Alle wollen von ihm Geld, er hat kaum Reserven. Aber er ist angetreten, die Quadratur des Kreises zu schaffen.

Gut 320 Milliarden Euro hat sich Griechenland von anderen geliehen – so viel wie alle Griechen zusammen in mehr als eineinhalb Jahren (174 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) erarbeiten – fast dreimal so viel wie die europäische Zielmarke (60 Prozent des BIP).

Allein in diesem Jahr werden mehr als 20 Milliarden Euro an Schuldendienst fällig. Europas Schuldenprogramm für Griechenland endet Ende Februar und das Land will partout keine neuen EU-Kredite. Die flüssigen Mittel in Griechenlands Staatskasse werden nicht mehr wie früher auf 5 Milliarden Euro geschätzt, sondern auf wenig mehr als 1 Milliarde Euro.

Welche Länder in der Eurozone träfe ein Ausfall am härtesten? Deutschland wäre nach Expertenschätzungen (Aufstellung der französischen Management-Schule IESEG, Lille) mit rund 56,5 Milliarden Euro dabei, dann kämen Frankreich (42 Milliarden), Italien (37 Milliarden) und Spanien (25 Milliarden Euro).

Die Geldgeber müssen nun entscheiden, wie es weitergehen soll. Gläubiger in der Eurozone wie Regierungen und der 2010 gegründete Krisenfonds EFSF halten den Löwenanteil der griechischen Schuld – 60 Prozent. Bedeutende Pakete liegen auch beim IWF und der Europäischen Zentralbank.

Vagelis Agapitos, unabhängiger Ökonom:

“Ich meine, Griechenlands Möglichkeiten sind begrenzt, wegen des dringenden Liquiditätsbedarfs von Bankensystem und Wirtschaft in Griechenland. Gleichzeitig scheint Deutschland an einer Lösung interessiert. Das werden harte Verhandlungen, aber ein Kompromiss ist vorstellbar, wobei Griechenland einen ausgeglichenen Haushalt bietet und die Rückzahlung der meisten Schulden garantiert, während es sich zur gleichen Zeit zu weitere Reformen verpflichtet.”

Aber wo ansetzen?

Wenn die Ausgaben kurzfristig nur schwer weiter zu senken sind – Fachleute gingen zum ersten Höhepunkt der Krise (Wirtschaftsprofessor Panajiotis Petrakis 2010) davon aus, dass bis zu 24 Prozent aller Arbeitnehmer im öffentlichen Sektor beschäftigt waren – dann bleibt Regierungschef Tsipras nichts anderes übrig als an den Einnahmen zu arbeiten.

Griechenland dürfte zum Beispiel durch eine überdurchschnittlich große Schattenwirtschaft von geschätzt 40 Prozent des BIP (Schätzung für Deutschland: 15 Prozent) jedes Jahr Steuereinnahmen zwischen 12 und 30 Milliarden Euro verlieren. Die griechische Denkfabrik Hellenic Foundation for European and Foreign Policy bezifferte den Einnahmeausfall durch Steuerhinterziehung auf 13 Milliarden Euro jährlich (2011).

Im Vertrauen auf versprochene Steuersenkungen haben sich die Steuerzahler schon seit Herbst zurückgehalten. Athener Wirtschaftsfachleute beziffern den Fehlbetrag von November und Dezember auf 4 Milliarden Euro. Auch im Januar lägen die Einnahmen 1 Milliarde Euro hinter den Plänen zurück.

“Vereinfachende Steuerreformen sind erlassen,” hieß es Mitte 2014 in einer Griechenland-Studie des Internationalen Währungsfonds, “um das Verwaltungssystem zu vereinfachen und langjährigen Schwächen beizukommen. Aber zur gleichen Zeit müssen die Behörden sich wehren gegen Versuche, Fortschritte zurückzudrehen.”

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