Interview mit Jyrki Katainen: "Griechenland muss kooperieren."

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Im euronews-Interview geht EU-Wettbewerbskommissar Jyrki Katainen auf den milliardenschweren Investitionsplan der Juncker-Kommission ein, und er verlangt von Griechenlands Regierung die Bereitschaft z

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Griechenland dominiert die Schlagzeilen in Sachen europäischer Wirtschaft. Aber es geht um mehr. Es geht um Wachstum und um die Schaffung von Arbeitsplätzen. Um darüber zu sprechen, habe ich mich mit EU-Kommissar Jyrki Katainen getroffen. Er ist Vizepräsident der EU-Kommission und dort für Wachstum, Beschäftigung, Wettbewerb und Investitionen zuständig.

Maithreyi Seetharaman, euronews
Wie flexibel ist die europäische Politik? Griechenland ist das wichtigste Beispiel dafür.

Jyrki Katainen
Es gibt nur wenige Länder, die die Möglichkeit haben, ihre Wirtschaft zu stimulieren. Der beste Impuls, den alle Mitgliedsstaaten geben können, sind Reformen. Diese müssen ein Land wirklich so verändern oder reformieren, dass es flexibler wird, was den Arbeitsmarkt oder ein freundliches Umfeld für Unternehmen angeht. Die Flexibilität und der Impuls bedeuten, dass wir bereit sein müssen, unsere Gesellschaften zu reformieren, und viele Regierungen tun dies bereits.

.jyrkikatainen</a> speaking to <a href="https://twitter.com/euronews">euronews: the best stimulus member states can do is national reforms.#InvestEU

— Helen Kearns (@HelenKearns) 12. Februar 2015

euronews
Würden Sie sagen, Griechenland ist dazu nicht bereit? Oder reagiert Europa einfach zu schwerfällig, so dass die Treffen der Eurogruppe und der Troika am Ende zu nichts führen?

Jyrki Katainen Griechenland hat viel Gutes erreicht. Der Primärüberschuss ist einer der höchsten in Europa. Auch das Wirtschaftswachstum ist sehr stark. Nach den Wahlen haben sich die Grundlagen aber nicht verändert. Die Eurogruppe hat gerade den ersten Schritt unternommen, und sie wird weiter versuchen, eine Lösung zu finden, die für alle 19 Eurostaaten annehmbar ist. Wir müssen also die Tatsache anerkennen, dass sich die wirtschaftlichen Umstände Griechenlands nicht verändert haben, auch wenn sich die Regierung geändert hat.

euronews
Griechenland hat viel Hilfe erhalten, aber kann es sein, dass alles zu lang dauert und das Ziel in weite Ferne rückt?

Jyrki Katainen
Bei der europäischen Entscheidungsfindung sind wir recht schnell. Erst vor wenigen Monaten sagten wir, wir würden ein neues Investitionsdreick aufstellen mit einem Risiko-Fonds, einem vertieften Binnenmarkt und einer transparenten Projekt-Pipeline. Und das ist nun im Gange. In diesem Frühjahr werden viele Puzzleteile zusammengefügt. Aber einen Staat zu reformieren dauert immer einige Zeit, denn man muss gesellschaftlich sehr tief greifende Reformen durchsetzen. Das ist politisch sehr schwierig, und es dauert eben seine Zeit.

euronews
Was wäre Ihrer Ansicht nach ein guter Kompromiss für Griechenland, der auch für Länder tragfähig ist, die Syriza sehen und nun um ihre eigene innenpolitische Lage fürchten?

Jyrki Katainen
Griechenland hat viel Hilfe von den anderen europäischen Steuerzahlern erhalten. Daher ist es klar, dass sie die wachstumsfreundlichen Reformen fortsetzen müssen. Im Moment ist es noch zu früh, um zu sagen, wie das Ergebnis aussehen wird. Aber die EU-Kommission ist entschlossen, Griechenland zu helfen. Wir müssen etwa sicherstellen, dass die Menschen ihre Medizin und notwendige Behandlungen bekommen. Wir sind an der Seite des griechischen Volkes, und es gibt 19 Eurostaaten, 19 Wahlvölker, 19 Regierungen und Parlamente, die das Hilfsprogramm akzeptieren müssen. Aber das Wichtigste ist, dass die griechische Regierung bereit sein muss, zu kooperieren.

euronews
Wenn die Investitionsoffensive mit ihrem 315 Milliarden Euro auf wachstumsgebundenen Anleihen basiert, warum sollte die griechische Regierung solche Anleihen dann nicht anbieten?

Jyrki Katainen
Die griechische Regierung muss sicherstellen, dass das Vertrauen in das Land wächst. Sie muss zeigen, dass sie den Mut für wachstumsfreundliche Reformen hat. Sie müssen sich auch um ihre Finanzpolitik kümmern, denn wenn die Unsicherheit wächst, so, wie es in den vergangenen Wochen geschehen ist, wird niemand in Griechenland investieren. Aber durch die Investitionsoffensive der EU-Kommission können Projekte finanziert werden, auch private Projekte. Die Offensive wurde so gestaltet, dass sie mehr Risiken verkraften kann. Aber das Umfeld und das Vertrauen müssen auf hohem Niveau sein, ansonsten wird niemand in Griechenland investieren wollen.

.jyrkikatainen</a> telling <a href="https://twitter.com/euronews">Euronews : Greece must show courage to do growth friendly reforms. #investeupic.twitter.com/jNlQ5SjqKz

— Helen Kearns (@HelenKearns) 12. Februar 2015

euronews
Wie haben potentielle Investoren auf die Investitionsoffensive reagiert? Ist der Plan realistisch?

Jyrki Katainen
Das Feedback war sehr ermutigend. Zunächst einmal: Wir können sehr schnell liefern, daher sollte alles Ende Juni geregelt sein, und wir können schon davor mit den KMU-Krediten beginnen. Wir kennen die Projekte noch nicht, das hängt vom privaten Sektor ab, denn neue Mittel werden nur in den privaten und in öffentlich-private Partnerschaften fließen. Unter anderem kam die Frage auf, warum wir so hohe Summen verwenden, wenn wir über einen Hebel reden, aber die Basis sind die bisherigen Kredite der Europäischen Investitionsbank#. Unsere angepeilten 315 Milliarden Euro liegen sogar etwas unter dem normalen Hebel der Bank. Also, ein Datum kann niemand nennen, dennoch ist das die beste Nachricht, die wir im Moment haben. Natürlich interessieren wir uns auch für Ressourcen von außerhalb Europas. Wenn alles fertig ist, bin ich gerne bereit, alle Teile der Welt zu besuchen.

euronews
Glauben Sie, das Aufkaufen von Anleihen durch die EZB erleichtert es Ihnen, Ihren Plan zu verkaufen?

Jyrki Katainen
Das war sehr hilfreich und hat die Lage stabilisiert. Wenn man sich die Geldpolitik anschaut und den billigen Euro und billiges Öl dazurechnet, dann ist das ein enormer Anreiz und Impuls für die Wirtschaft der Eurozone.

euronews
Letzte Frage: Was hält Sie nachts wach? Die Deflation, Griechenland, mangelndes Wachstum, die Investitionsoffensive?

Jyrki Katainen
Sagen wir, die Investitionsoffensive, denn bei ihr ist noch so viel zu tun. Über die Deflationsspirale mache ich mir im Moment keine Sorgen. Ich arbeite sehr hart an der Investitionsoffensive, denn sie kann etwas bewirken. Sie wird sicher nicht die ganze Welt verändern, aber sie wird Privatinvestoren dabei helfen, in europa zu investieren, in die Schaffung von Jobs überall in Europa.

ZUSATZLINKS
Europäische Investitionsoffensive
Jyrki Katainen auf der Seite der EU-Kommission

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