Kampf um Tikrit: "Die USA haben dem Iran die Bodenoffensive überlassen"

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Von Euronews
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Die Truppen der irakischen Regierung sind auf dem Vormarsch auf Tikrit. 30.000 Mann kämpfen nach Angaben der Regierung gegen die Terrormiliz

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Die Truppen der irakischen Regierung sind auf dem Vormarsch auf Tikrit. 30.000 Mann kämpfen nach Angaben der Regierung gegen die Terrormiliz IS. Neben der Armee kämpfen iranische Revolutionsgarden und schiitische Milizen, die mit dem Iran verbündet sind.

Als Teherans Mann im Irak gilt der General Kassem Soleimani, Befehlshaber der al-Kuds-Brigaden, einer Auslandsspezialeinheit der iranischen Revolutionsgarden. Seine Präsenz im Irak war lange ein offenes Geheimnis, das hat sich mit der Offensive auf die strategisch wichtige Stadt Tikrit geändert. Zudem unterstützt Teheran die Schlacht um Tikrit mit Waffen und Drohnen, das berichtete unter anderem das Wall Street Journal.

Der wachsende iranische Einfluss im Irak bringt vor allem die USA in eine delikate Lage. Zwar haben Teheran und Washington mit der IS-Miliz einen gemeinsamen Feind. Aber Soleimani und ein Anführer der schiitischen Kämpfer im Irak stehen auf der US-Terrorliste. Washington unterstützt die Tikrit-Offensive nicht mit Luftschlägen, ist die iranische Beteiligung der Grund dafür? Oder gibt es doch Allianzen?

“Ein Großteil der Aktion wird von den Revolutionsgarden angeführt”

Um die Beteiligung iranischer Truppen am Kampf um die Befreiung Tikrits von der IS-Miliz zu analysieren, hat Maria Sarsalari für euronews per Skype mit Dr. Houchang Hassaan-Yari, Professor für Politikwissenschaften an der Königlichen Kanadischen Militärakademie.

Maria Sarsalari, euronews: “Selbst während des achtjährigen Krieges mit dem Irak hat sich der Iran wohl nie träumen lassen, jemals so nah an Saddam Husseins Heimatstadt Tirkit vorzudringen. Jetzt kämpfen iranische Kräfte zusammen mit irakischen, um Tikrit zu befreien. Wie groß ist die iranische Militärpräsenz – besonders bei dieser Aktion?”

Houchang Hassaan-Yari: “Über die Zahl der Soldaten gibt es keine exakten Informationen. Was aber wichtig und deutlich ist, ist, dass ein großer Teil der Operation unter iranischem Kommando steht. Das geschieht in Anwesenheit von Befehlshaber Kassem Soleimani und anderen Kräften der Revolutionsgarden. Deshalb kann man sagen, dass der Großteil der Aktion von den Revolutionsgarden ausgeführt wird.”

euronews: Haben diese gemeinsamen Truppen die Kraft, die IS-Miliz aus Tikrit zu vertreiben?”

Houchang Hassaan-Yari: “Schauen wir uns die Zahlen an, dürfte das möglich sein. Es beteiligen sich schätzungsweise 30.000 Soldaten daran, das ist sehr viel. Dazu kommen diejenigen, die zu Hilfe gekommen sind. Seien es die libanesische Hisbollah oder die Revolutionsgarden. Angesichts dieser Zahlen sollten sie in der Lage sein zu gewinnen. Wie auch immer, wir werden sehen, ob sie kampffähig sind oder nicht. Ein großer Teil von ihnen sind Reservisten, untrainierte Zivilisten und diejenigen, die sich wegen ihrer Überzeugungen an dem Kampf beteiligen. Es bleibt abzuwarten, wer diesen ideologischen Krieg gewinnen wird, denn auch die IS-Kämpfer sind ideologisch motiviert. Wir sollten abwarten und sehen, wie sie kämpfen und wer die Schlacht gewinnt.”

euronews: “Was geschieht, wenn es zu einem Zermürbungskrieg kommt?”

Houchang Hassaan-Yari: “Wenn es zu einem Zermürbungskrieg käme, würde es auf der irakischen Seite mehr Opfer geben, denn sie ist der IS-Miliz zahlenmäßig überlegen. Wichtiger ist aber wohl, ob sie in der Lage sind Tikrit zu erobern, oder nicht. Das wird deutliche Signalwirkung dafür haben, was in Mossul geschieht.”

euronews: “Der amerikanische Oberbefehlshaber der US-Truppen im Nahen Osten hat gesagt, seine Truppen hätten mit Teheran nicht zusammengearbeitet. Allerdings hätten die Amerikaner die Aktivitäten des Iran beobachtet. Kann man daraus schließen, dass die USA in schweigender Übereinkunft diesen Teil des Problems, nämlich den Einsatz von Bodentruppen, dem Iran überlassen haben?”

Houchang Hassaan-Yari: “Das ist definitv so. Wichtig ist, dass es zwischen iranischen und amerikanischen Einsatzkräften keine Kämpfe gegeben hat, was bedeutet, dass eine solche Koordination besteht. Der zweite Punkt Ihrer Frage ist sehr wichtig: Haben die Amerikaner die Bodenoffensive dem Iran überlassen? Das ist definitiv der Fall. Denn die USA wollen ihre Bodentruppen nicht im Irak und in Syrien einsetzen. Deshalb begrüßen sie alle anderen Kräfte, seien es iranische, irakische oder die Peschmerga. Schließlich unterstützt diese Beteiligung die USA in ihrem Ziel, die IS-Miliz zu besiegen.”

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