"Vorbeugen ist besser als Heilen" - Die Gesundheitspolitik der Zukunft

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Die europäischen Gesundheitssysteme müssen sich auf gewaltige gesellschaftliche Veränderungen einstellen. Das ist die Botschaft der Konferenz “Acting

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Die europäischen Gesundheitssysteme müssen sich auf gewaltige gesellschaftliche Veränderungen einstellen. Das ist die Botschaft der Konferenz “Acting together – a roadmap to sustainable healthcare” – “Zusammen handeln – ein Fahrplan zur nachhaltigen Gesundheitspflege” in diesem Monat in Brüssel. Im Jahr 2050 werden 37 Prozent der Europäer älter als 60 Jahre sein – eine Herausforderung auch für die wirtschaftliche Stabilität der Gesundheitssysteme.

Die “European Steering Group” hat Akademiker, Beschäftigte des Gesundheitswesens und Politiker versammelt und will Lösungen aufzeigen. Ihre Vorsitzende ist die frühere irische Gesundheitsministerin Mary Harney. “Der derzeitige Zustand des Gesundheitswesens ist keine Option mehr. Wenn wir weiterhin in Europa ein Gesundheitssystem mit hoher Qualität wollen, das für jeden auf der gleichen Basis akzeptabel ist, ohne Angebote einzuschränken, dann müssen wir auf radikale Weise unsere Angebote verändern; die Art, wie wir mit Patienten umgehen. Wir müssen früher eingreifen und die Bürger ermutigen, mehr Verantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen”, sagt sie.

Die Gruppe hat gut 30 Pilotprojekte in 21 Ländern entwickelt. Mehr als ein Jahr lang wurden Daten gesammelt und Tests durchgeführt. Die Ergebnisse wurden im “Weißen Papier” bei der Konferenz präsentiert. Professor Walter Ricciardi von der Katholischen Universität in Rom hat daran mitgearbeitet. “Heute haben wir eine alte Bevölkerung, besonders in Europa und vor allem in Italien und in Deutschland”, erklärt er, “für diese Bevölkerungsgruppe und ihre chronischen Leiden, die sich über mehrere Jahre hinziehen und oft unheilbar sind, müssen wir die Angebote neu organisieren. Nicht nur die Krankenhäuser, auch die Angebote vor Ort und zu Hause.”

Chronische Leiden sind für 86 Prozent der Todesfälle bei den über 65-Jährigen verantwortlich. Das ist auch wirtschaftlich wichtig, jedes Jahr werden in diesem Bereich geschätzte 700 Milliarden Euro ausgegeben. “Nehmen wir etwa das Beispiel Onkologie. Sie hat sich von akutem Eingreifen mit sehr ernsten Prognosen zu eher chronischem Eingreifen entwickelt. Nur wirklich frühes Eingreifen kann den Ernst dieser chronischen Krankheiten mildern und den Menschen zu einem längeren Leben verhelfen”, sagt Pascale Richetta, Vize-Präsidentin von AbbVie Westeuropa und Kanada:

Das frühere Eingreifen stand im Mittelpunkt eines Forschungsprojekts, an dem in Madrid mehr als eine Million Menschen beteiligt waren. Es ging um Erkrankungen der Muskeln und des Skeletts, wichtige Ursachen für Leiden in allen Altersgruppen. Das Projekt hat beeindruckende Ergebnisse geliefert. “Wir konnten die Fehlzeiten am Arbeitsplatz durch krankheitsbedingte Abwesenheit um 40 Prozent senken. Die ökonomischen Ergebnisse waren sehr gut, denn für jeden Euro, den man in das Programm investiert, erhält man nach ein paar Jahren elf zurück”, sagt Professor Juan Jover, Chef der rheumatologischen Abteiliung des San Carlos- Krankenhauses in Madrid.

Auch gesunde Lebensstile werden sich auf die Wirtschaft auswirken, besonders in Ländern wie Großbritannien, wo 67 Prozent der Männer und 57 Prozent der Frauen als übergewichtig gelten. Ein von Wissenschaftlern in Rom entwickeltes Modell ermöglichte es, genaue Zahlen vorauszusagen. Professor Vincenzo Atella von der Iniversität Rom: “Ein vorsichtigerer Lebensstil ab 50 Jahren kann es Menschen ermöglichen, weniger übergewichtig zu sein. Das würde Europa zwischen jetzt und 2050 100 Milliarden Euro einsparen – nur mit einer Veränderung des Lebsensstils, nicht mit Medikamenten oder anderen Maßnahmen.”

Das Gesundheitswesen neu zu organisieren sollte aber nicht nur zu Streichungen führen, auch nicht in Zeiten der Krise. Einschneidende Maßnahmen können auch nach Auffassung von EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukatis auch kontraproduktiv sein.
Der EU-Kommissar für Gesundheit, Vytenis Andriukaitis: “Wenn wir über Strukturreformen reden, dann müssen wir auch über die Folgen für die öffentliche Gesundheit sprechen. Man kann mit diesen sogenannten ‘Strukturreformen’ nicht einfach den Zugang zum Gesundheitswesen versperren. Was bedeutet Gesundheitspflege? Sie ist Voraussetzung für Wachstum und Arbeitsplätze.” Das Motto “Vorbeugen ist besser als Heilen” trifft also auch auf eine wirtschaftliche Sichtweise der Dinge zu, Das Rezept ist einfach – man muss es nur in die Praxis umsetzen.

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