Wie der Zweite Weltkrieg Ungarn geprägt hat

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Von Rita Palfi
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Allianz mit Deutschland und der Selbstmord des Regierungschefs

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Pál Teleki, Ungarns Regierungschef zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, wollte sein Land eigentlich aus dem Krieg heraushalten. Im November 1940 trat Ungarn dem “Dreimächtepakt” mit Deutschland, Italien und Japan bei. Einen Monat später unterschrieb der Ministerpräsident einen Freundschaftsvertrag mit Jugoslawien. Als Hitler Ungarn aufforderte, Deutschland bei der Einnahme Jugoslawiens zu unterstützen, waren Ungarn und Pál Teleki zwischen die Fronten geraten. Teleki Pál nahm sich das Leben, indem er sich erschoss.

Fotos: Pál Teleki (links), der das eigentlich nicht wollte – und ungarische Truppen marschieren in Jugoslawien ein 1941 (rechts)

Großbritannien sah im Selbsmot Telekis einen anti-deutschen Akt der Verzweiflung und reservierte ihm einen Sitz im Parlament in London. Churchill war der Meinung, in dem Selbstmord habe er sich selbst geopfert, um der Schuld seines Landes willen.
Unter Telekis Nachfolger László Bárdossy marschierten die ungarischen Truppen am 11. April 1941 in Ungarn ein.

Massaker in der Vojvodina

Nach dem Einmarsch in Jugoslawien nahmen ungarische Soldaten im Januar 1942 am brutalen Angriff in der Vojvodina teil. Mehr als 4.000 Menschen – die meisten Serben und Juden – wurden bei der sogenannten Razzia von Novi Sad getötet.
Nach einer Untersuchung des Blutbades durch die ungarische Regierung 1943 wurden die Verantwortlichen zum Tode verurteilt. Als serbische Partisanen die Vojvodina zurückeroberten, verübten diese grausame Racheakte an Ungarn. Zwischen Oktober 1944 und Mai 1945 wurden etwa 40.000 Menschen gefoltert und getötet.

Erst im Juni 2013 hat das serbische Parlament diese Massaker verurteilt. Im Gegenzug entschuldigte sich der ungarische Präsident János Áder in Belgrand für die von Ungarn gegen Serben und Juden begangenen Verbrechen.

Fotos: Massaker von Novi Sad begangen von ungarischen Truppen (links); Mahnmal für die Opfer der Massaker von Subotica in der Vojvodina (rechts)

1944, Ungarns dunkelstes Jahr

Im März 1942 wurde Miklós Kállay zum Regierungschef von Ungarn ernannt. Er versprach, das Land aus dem Krieg zu führen. Tatsächlich gab es aber auch in Ungarn Rassengesetze ähnlich denen im Dritten Reich. In der Hoffnung auf einen Friedensvertrag mit den Alliierten weigerte sich Ungarn, ungarische Juden zu deportieren, stellte Nazideutschland jedoch weiterhin Truppen zur Verfügung.
Da sich Hitler aber bewusst war, dass Ungarn mit den Alliierten Frieden schliessen wollte, marschierte die deutsche Wehrmacht am 19. März 1944 in Ungarn ein.
Zuvor schon Reichsverweser blieb Miklós Horthy auch im von Nazideutschland besetzen Ungarn pro forma an der Macht. Horthy ernannte als Regierungschef Géza Lakatos, dieser sollte in geheimen Verhandlungen mit den Allierten Ungarn aus dem Krieg führen.
Trotz seiner antikommunistischen Haltung war Horthy 1944 gezwungen, einen Waffenstillstand mit der UdSSR zu unterzeichnen. Doch am selben Tag, an dem Horthy das Ende des Krieges für Ungarn verkündete, übergab Hitlerdeutschland die Macht über Ungarn an die faschistischen Pfeilkreuzler oder Hungaristen. Horthys Sohn wurde als Geisel genommen, so dass er sich gezwungen sah, abzudanken und die Pfeilkreuzler zur legitimen Regierung zu erklären.

Während die sowjetischen Truppen immer näher an Ungarn heranrückten, regierte in Budapest ein von den Nazis eingesetztes Marionettenkabinett. Die Träume einer Vereinigung der nach dem Ersten Weltkrieg über Europa verstreuten Ungarn wurden zunichte gemacht.

Fotos: Budapest 1944 (links) und von Nazideutschland eingesetze Pfeilkreuzler (rechts)

Ungarn und der Holocaust

Zwischen 1941 und 1945 wurden mehr als eine halbe Million ungarische Juden getötet – zwei Drittel der jüdischen Bevölkerung des Landes. Obwohl Ungarn auf der Seite von Hitlerdeutschland kämpfte, widersetzte sich das Land der Massendeportation von Juden. Im Vergleich zu anderen von Nazideutschland besetzen Ländern, war die Zahl der in Ungarn getöteten Juden bis 1944 mit mehreren Zehntausend relativ gering. Zwar wurden die Juden in Ungarn diskriminiert, aber die meisten von ihnen überlebten zunächst.

Fotos: Judenverfolgung 1944 (links); Holocaust-Mahnmal an der Donau in Budapest (rechts)

Das änderte sich schlagartig, als Hitler die deutschen Truppen im März 1944 in Ungarn einmarschieren ließ. In weniger als zwei Monaten wurden bis Mai 1944 mehr als 430.000 Juden und andere von den Nazis Verfolgte nach Auschwitz gebracht. Als Horthy das Ende der Deportationen anordnete, gab es nur noch in Budapest Juden, die in zwei Ghettos überlebt hatten. Geschätzt 15.000 Juden sollen von den Pfeilkreuzlern ab Oktober 1944 getötet worden sein.

Video: Hungarian Jewry: the last victims of the Holocaust

Budapest wie Leningrad und Stalingrad

Neben dem Holocaust ist der Kampf um Budapest eine der schlimmsten Tragödien in der Geschichte Ungarns. Eine halbe Million sowjetische Soldaten und etwa 1.500 Panzer erreichten am 29. Oktober Budapest. Hitler hatte den deutschen Truppen befohlen, die ungarische Hauptstadt um jeden Preis zu verteidigen. Die Schlacht dauerte 110 Tage – die längste Besetzung nach Leningrad und Stalingrad.

Etwa 120.000 Menschen starben durch Hunger und Krankheiten: Zivilisten, Soldaten der Roten Armee – vor allem Russen und Rumänier – und Soldaten der Wehrmacht. 80 Prozent der Gebäude in Budapest und alle Brücken wurden zerstört. Auch als die Nazis geschlagen waren, dauerte das Leiden der Bevölkerung an. Eine halbe Million Ungarn wurden in sowjetische Arbeitslager gebracht, Zehntausende Frauen und Mädchen wurden vergewaltigt.

Fotos: Budapest am Ende des Zweiten Weltkriegs

Die Zerstörung von Budapest (in Fotos)

Video: Sowjetische Invasion und Besetzung von Budapest

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Fotos :

1. Wikimedia Commons
2. Fortepan/ Karabélyos Péter
3. Wikipedia commons
4. MTI / Molnár Edvárd
5. Wikipedia Commonns/Deutsches Bundesarchiv
6. Wikipedia Commonns/Deutsches Bundesarchiv
7. Wikipedia Commonns/Deutsches Bundesarchiv
8. MTI /Faludi Imre
9. Fortepan / Kramer István dr.
10. Fortepan / Kramer István dr.

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