Landung in Europa: syrische Flüchtlinge nehmen Kurs auf Samos

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Tausende Flüchtlinge vor allem aus Syrien machen sich bei gutem Wetter und ruhiger See auf den Weg über das Mittelmeer. Sie bezahlen Schlepper, die

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Tausende Flüchtlinge vor allem aus Syrien machen sich bei gutem Wetter und ruhiger See auf den Weg über das Mittelmeer. Sie bezahlen Schlepper, die sie in oft überladenen und seeuntauglichen Booten nach Europa bringen, wo sie sich ein besseres Leben erhoffen. Ein Thema, das die europäische Öffentlichkeit, aber auch die europäischen Staats- und Regierungschefs zur Zeit sehr beschäftigt.

Nach der Bootskatastrophe vor Lampedusa mit 800 Toten im April hat die EU ihr Budget für die Seenotrettung verdreifacht. Jetzt hat die EU entschieden, bereits im Juni einen Militäreinsatz gegen Schleuserbanden aus Libyen zu starten. Ein Vorschlag, nachdem die Flüchtlinge nach einer Quotenregelung auf die Mitgliedsstaaten verteile werden sollen, hat bisher keine Mehrheit gefunden.

Während in Brüssel diskutiert wird, sind in den vergangenen 15 Jahren 22.000 Menschen an der Grenze zu Europa gestorben. 2014 sind 3.500 Menschen im Mittelmeer ertrunken, fünfmal soviele als im Vorjahr. In diesem Jahr waren es bereits 1776 Opfer.

Von den insgesamt 280.000 Flüchlingen, die im vergangenen Jahr in Europa angekommen sind und die Flucht nicht mit dem Leben bezahlt haben, sind 90 % in Griechenland und Italien gelandet. Und in diesem Jahr sind es bereits im Verhältnis wesentlich mehr.

Die meisten der Flüchtlinge kommen in Italien an, aber auch immer mehr landen in Griechenland. Die Versorgung und Unterbringung der Menschenmassen überfordert die Behörden hier. Bisher müssen die Staaten, an deren Küsten die Flüchtlinge zuerst landen, die Menschen aufnehmen. Die Länder fühlen sich von der EU alleine gelassen.

Völlig entkräftet sind diese Flüchtlinge, eine unglaublich gefahrenreiche Reise liegt hinter ihnen. Manche von ihnen wissen nicht, wo genau sie überhaupt sind. Für sie zählt: es ist europäischer Boden auf dem sie stehen – und damit an der Schwelle zu einem neuen, besseren Leben fern der Heimat.

Nie zuvor sind solche Massen von Flüchtlingen über das türkischen Festland nach Griechenland gekommen. Jeden Tag begeben sich Hunderte auf die lebensgefährliche Fahrt über die Meerenge in Richtung Samos, so Euronews-Reporterin Nikoleta Drougka: “Viele der Migranten betreten hier europäischen Boden, am winzigen Strand von Sideras. Das ist kein Zufall. Denn dieser Abschnitt befindet sich nur wenige Hundert Meter entfernt vom türkischen Festland – eine Strecke, die die Flüchtlinge im Zweifel schwimmend zurücklegen können.”

Obwohl das selten nötig ist. Denn Boote scheinen stets verfügbar zu sein – gegen Geld, versteht sich. Die Bewohner von Samos meinen, ein konstantes Muster im Verhalten der Flüchtlinge zu erkennen. Die Schlauchboote seien meistens überfüllt. Die Flüchtlinge reisen nachts und kommen überall an der Ostküste der Insel an. Dann warten sie auf den Sonnenaufgang, laufen die etwa 12 Kilometer zum Hafen von Vathi. Eine Vermutung steht im Raum: Die Migranten halten sich streng an Vorgaben ihrer Schleuser. Und die sind lebensgefährlich, weiß Manolis, ein Fischer vor der Küste von Samos: “Das erste was die Flüchtlinge machen, wenn sie ankommen: sie zerstören die Boote, so dass sie sinken. In vielen Fällen wird der Untergang also mutwillig herbeigeführt.”

Die Küstenwache der Insel Samos teilt diese Ansicht, so auch Offizier Thomas Tsiaousis: “Die meisten Zwischenfälle ereignen sich auf See. Die Schlauchboote kreuzen den Weg unserer Einsatzschiffe. Sobald sie uns sehen, zerstören sie ihre Schlauchboote, um von uns gerettet zu werden. Das ist lebensgefährlich. Wir müssen sie dann retten und and Land bringen. Von unserem Einsatzzentrum werden sie dann in Auffanglanger gebracht, unter polizeiliche Aufsicht.”

Die Reise endet zunächst hinter Gittern. So hatte sich das wohl keiner der Flüchtlinge aus Syrien und anderswo erträumt. Hier, in Vathi auf Samos, warten die Menschen auf ihre Reisedokumente. Das Auffanglager leidet unter chronischem Personalmangel und mangelhaften hygienischen Bedingungen. Doch viele der Migranten sind bereit, das in Kauf zu nehmen. Einer der Flüchtlinge hier ist nach eigenen Angaben vorm Dienst an der Waffe in seiner Heimat geflogen: “Das Assad-Regime wollte mich zum Militärdienst einziehen, da bin ich weggerannt. Ich schieße nicht auf meine Landsleute.” Ein anderer sieht in Europa bessere Bildungschancen als in seiner Heimat Syrien: “Vielleicht bleibe ich in Griechenland, vielleicht reise ich weiter in die Niederlande oder Dänemark. Ich würde gern studieren und Arzt werden.”

Viele Einwohner der Insel Samos haben zwar Verständnis für die Beweggründe der Migranten, sind aber trotzdem verunsichert. Kostas wundert, dass der Großteil der Migranten genau zu wissen scheint, was nach der Ankunft in Europa zu tun ist: “Die Menschen sind genau im Bild, wie sie sich zu verhalten haben. Seltsamerweise verirren sie sich nie. Sie grüßen uns ohne Scheu und geben uns Zeichen, dass wir die Küstenwache rufen sollen. An Land entfachen die Flüchtlinge offenes Feuer, um ihre Kleider zu trocknen. Das beunruhigt uns, denn daraus kann sich mühelos ein Großbrand entzünden, der der gesamten Insel gefährlich werden könnte.”

Kiki wohnt ebenfalls aus Samos. Sie hat Angst vor von FLüchtlingen eingeschleppten Krankheiten: “Wir haben ja keine Ahnung, woher sie kommen. Und für den Tourismus ist es auch nicht gut, die Strände voller zerstörter Schlauchboote zu haben, voller Schuhe, Klamotten und sonstigem Müll.”

Im Vergleich zum vergangenen Jahr erreichen immer mehr Flüchtlinge die griechischen Inseln. Die Zahlen nähern sich den Rekorden der italienischen Küsten. Günstige Wetterbedingungen werden ihren Strom weiter anschwellen lassen.

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