Weltausstellung in Mailand: Korruption, Mafia und Skandale

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Die Weltausstellung in Mailand: Ein Großprojekt, das sich über eine Million Quadratmeter erstreckt. Die Kosten für die Expo belaufen sich auf rund 14

Die Weltausstellung in Mailand: Ein Großprojekt, das sich über eine Million Quadratmeter erstreckt. Die Kosten für die Expo belaufen sich auf rund 14 Milliarden Euro und davon wollten die Mafia und andere kriminelle Elemente etwas abhaben.

Im vergangenen Jahr wurde ein großer Schmiergeldskandal, die sogenannte Expo-Betrugskuppel, aufgedeckt. Mehrere Politiker und Expo-Manager wurden verhaftet. Die italienische Regierung verabschiedete ein neues Gesetz, um die Vergabe von Aufträgen transparenter zu machen. Bei dem Expo-Betrugskuppel-Skandal kassierten Expo-Manager Dutzende Millionen Euro von Bauunternehmern, die sich auf diese Weise die besonders lukrativen Aufträge sicherten.

Staatsanwalt Claudio Gittardi erklärt: ‘‘Bei zwei Expo-Verträgen gab es eine geheime Absprache bei der Vergabe der Verträge. Es wurde auf Korruption und andere kriminelle Machenschaften zurückgegriffen, um den Prozess zu beeinflussen. Es war ein klarer Fall von Korruption.”

Der Fall erinnert viele an die 1990er Jahre, als die Staatsanwälte in Mailand versuchten, mit der Aktion ““Mani Pulite”, “Saubere Hände”,”:http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/koffein-italien-und-die-sauberen-haende-11284838.html gegen die wuchernde Korruption in Politik und Verwaltung vorzugehen. Doch Unkraut vergeht nicht. Zwanzig Jahre später wird die Expo von kriminellen Machenschaften überschattet.

Diana Bracco, die Präsidentin der Weltausstellung, war nicht erfreut über die Einmischung der Justiz: ‘‘Natürlich war ich besorgt, denn es war meine Aufgabe, Italien so gut wie möglich zu repräsentieren und dafür zu sorgen, dass alles rechtzeitig für die Eröffnung fertig ist. Mit diesen Ermittlungen haben wir Monate vergeudet, alles stand still und das hatte weitreichende Konsequenzen. Manche Menschen kündigten. Wir waren sehr besorgt.”

Durch die Verzögerungen beim Bau gab es viele Probleme. Der italienische Designer Dante Ferretti erklärte weniger als einen Monat vor der Eröffnung, dass er nicht mehr daran teilnehmen wolle. Denn die Arbeiten an seinem Entwurf hatten noch nicht einmal begonnen. ‘‘Ich rief meinen Anwalt an und sagte ihm: Es tut mir leid, aber ich möchte nicht mehr an der Expo teilnehmen. Mein Ruf steht auf dem Spiel,” so Ferretti.

Ferretti arbeitete vier Jahre an seinem Entwurf für die Straßen Cardo and Decumano. Trotz der Verzögerungen entschied er sich am Ende dazu teilzunehmen, um die italienische Kochkunst zu feiern. Er erinnert sich, was ihn umstimmte: ‘‘Der frühere italienische Präsident Giorgio Napolitano rief mich an. Ich kenne ihn persönlich. Er sagte: ‘Ferretti es hat mich viel Zeit gekostet, die Expo nach Mailand zu bringen. Was passiert ist, tut mir leid. Können wir die Enthüllung deines Designs für die Decumano Straße auf den Tag der Republik, den Nationalfeiertag am zweiten Juni, verschieben?’ Ich sagte natürlich: ‘Ja, alles ist möglich.’”

In der Aufregung um die Verzögerungen wurden auch Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft laut. Die Ermittlungen machten es unmöglich, den Zeitplan einzuhalten, klagten unter anderem die Organisatoren der Expo.

Staatsanwalt Gittardi zufolge war die Arbeit der Justiz absolut notwendig. Denn so habe man viele Seilschaften aufdecken können: ‘‘Erstens haben unsere Ermittlungen die Vorbereitungen zur Expo nicht verzögert, denn die Bauarbeiten wurden nicht gestoppt. Zweitens konnten wir beweisen, dass es kriminelle Machenschaften gab und wir konnten verhindern, dass diese Verbrechen weitergehen. Und so konnten wir dafür sorgen, dass sich die Situation der Expo nicht verschlechtert.”

Der italienische Pavillon hat doppelt soviel gekostet wie anfangs vorgesehen. Wie genau das passieren konnte, soll die Anti-Korruptionseinheit klären, die im Juni 2014 gegründet wurde. Geleitet wird sie von Raffaele Cantone, der es auch schon mit den süditalienischen Mafiaklans der Camorra aufgenommen hat. Cantone erklärt: ‘‘Die nationale Anti-Korruptionseinheit hat Sonderbefugnisse von der Expo bekommen. Ab dem 24. Juni 2014 haben wir alle Vergabeprozesse überwacht. Bei verdächtigen Verträgen haben wir einen Verteter in die Baufirma geschickt. Im Großen und Ganzen war es eine mutige Aktion. Unser Kontrollsystem des Vergabeprozesses hat international Aufmerksamkeit erregt. Die OECD, mit der wir zusammengearbeitet haben, sagte, dass unser Model beispielhaft sei.’‘

Italiens öffentliche Verwaltung ist sehr korrupt. Durch die Schmiergelder entstehen bei Bauprojekten zusätzliche Kosten von bis zu 40 Prozent. Bei der Expo 2015 musste die Anti-Korruptionseinheit in zwei Fällen eingreifen. Cantone erklärt, dass die Betriebsinhaber durch einen Kommissar ersetzt wurden. Und der Kommissar habe sich ab dann um die Verträge gekümmert, die Verdacht erregt hatten.

Bei den Ermittlungen ist auch herausgekommen, dass Unternehmer in der Lombardei Geschäfte mit der Mafia und insbesondere mit der kalabrischen ‘Ndrangheta machen. Francesco Paolo Tronca, der Präfekt von Mailand, handelte. 55 Unternehmen wurden insgesamt 80 Verträge entzogen. ‘‘Mailand war in den vergangenen Monaten ein Testgelände, um zu sehen, ob die neuesten Anti-Mafia-Maßnahmen und der Einsatz von Kommissaren, etwas nutzen,” so Tronca.

‘Ndrangheta hat laut der Anti-Korruptionseinheit versucht mit Expo-Verträgen 100 Millionen Euro einzustreichen. Es sei eine gängige Praxis: Kriminelle Organisationen bemühen sich um kleine Verträge unter 150.000 Euro, denn diese werden nicht kontrolliert. Tronca sagt: ‘‘Die Mafia nutzt meistens Mittelsmänner, wenn sie sich um Verträge bewirbt. Wenn die Mafia ein Gebiet kontrollieren will, greift sie auf heimtückische Methoden zurück. Sie hilft den Schwachen und Unternehmen, die in Schwierigkeiten stecken und am Ende werden sie von der Mafia vereinnahmt, sie werden Teil des Systems.”

Der ‘Ndrangheta ist es gelungen in der Geselllschaft und der Wirtschaft der Lombardei Wurzeln zu fassen. Um gegen die Mafia vorzugehen, müsste man als erstes die Politiker enttarnen, die mit ihr unter einer Decke stecken. Piero Colaprico, Journalist bei ‘‘La Repubblica’‘, sagt: ‘‘Die Expo ist die erste große Veranstaltung, die von Schatten aber auch von Licht geprägt ist. Die “Graue Zone” hat einen schweren Schlag eingesteckt. Gegen mehrere Unternehmen und Mittelsmänner wurden Verbote ausgesprochen. Und nach den Ermittlungen der Präfektur und der Staatsanwaltschaft durften illegale Firmen nicht mehr an der Expo mitwirken. Die Expo ist jetzt ein Mafia-freies Ereignis.”

Experten sind sich uneins darüber, ob Italien aus der Expo Profit machen kann. Eines steht jedoch fest, richtiges Wirtschaftswachstum wird erst möglich sein, wenn Korruption und der Einfluss der Mafia eingeschränkt werden. Denn solange sie was zu sagen hat, ist Schmiergeld und nicht Kompetenz entscheidend.

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