Die Stadt der Zukunft auf der Tallinner Architekturbiennale

Die Stadt der Zukunft auf der Tallinner Architekturbiennale
Von Anja Bencze
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Bekannt ist Tallinn, die baltische Metropole als Experimentierfeld für Internet und E-Society. Was allerdings den stark Auto-orientierten

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Bekannt ist Tallinn, die baltische Metropole als Experimentierfeld für Internet und E-Society. Was allerdings den stark Auto-orientierten Stadtverkehr betrifft, sind kreative Vordenker dringend gefragt.

An Tallinns befahrendster Kreuzung, dem Viru-Platz, werden die Herausforderungen der modernen Stadtplanung deutlich: viel zu viel Lärm, viel zu viel Beton und viel zu viele Autos. Wie könnte das urbane Epizentrum der Zukunft aussehen? Darum geht es auf der Architekturbiennale zum Thema selbstfahrende Stadt!”

Der zentrale Viru-Platz, der in den vergangenen 100 Jahren schon manches Mal umgestaltet, zerstört und wieder aufgebaut wurde, stand im Zentrum des Ideenwettbewerbs Vision Competition der Biennale. Von den 23 Vorschlägen zum Thema selbstfahrende Stadt gewann der äußerst pragmatische Vorschlag “Enhanced Urban Movement” den mit 4000 Euro dotierten ersten Preis. Gefolgt von zwei estnischen Entwürfen.

Ott Alver, Co-Kurator, “Vision Competition (Arhitekt Must)”: “Die Gewinner, zwei in Dänemark ansässige Franzosen, bieten eine Antwort auf alle Herausforderungen: selbstfahrende Autos, Fußgänger und die urbane Infrastruktur des Platzes an sich. Und sie bringen etwas Neues nach Tallinn.”

Die Architekturbiennale will mit einer Reihe von Veranstaltungen und Ausstellungen zum Nachdenken anregen über die Zukunft unserer Städte, wenn intelligente Technologien nicht nur unseren Lebensstil, sondern auch unsere gesamte Umgebung neu definieren werden. Hauptkurator ist der Architekt und Urbanist Marten Kaevats, mit Grasroots-Erfahrung, der maßgeblich an der Gründung der ersten Stadtteilbewegung in Tallinn beteiligt war.

Marten Kaevats, Hauptkurator der Biennale: “Selbstfahrende Autos bedeuten zehnmal weniger Autos, das ist ziemlich radikal, es gibt keine Staus mehr! Durch die autonome Mobilität und zehnmal weniger Autos kann der vorhandene Platz viel effizienter genutzt werden. Aber was machen wir mit diesem Platz? Denn wir werden eine Menge davon haben. Architekten und Stadtplaner müssen kreativ werden. Und sie brauchen neue Instrumente und Methoden.”

Genau damit beschäftigt sich die Hauptausstellung der Biennale im Estnischen Architektur Museum unter dem Titel Body Building. Zehn internationale Acrchitektenbüros stellen Prototypen und Materialstudien vor, hybride Konstruktionen zwischen Architektur und Wissenschaft. Der Titel der Schau entstand im Spiel mit den Begriffen “Body” (Körper) und “Building” (Gebäude).

Siim Tuksam, Co-Kurator, “Body Building”: “Wir definieren Body und Building als zwei Extreme, die sich gegenüberstehen. Wobei Building etwas Reguläres, standardisiertes bedeutet, ein Gebäude mit geraden Wänden, aus Beton und Glas, und Body etwas Organisches, Selbstregulierendes, Anpassungsfähiges. Es ist ein System.”

Sille Pihlak, Co-Kurator, “Body Building”: “Und das wir haben versucht, auf den Raum anzuwenden und die Objekte so aufzustellen, dass sie den Raum von einem Extrem zum Anderen ausfüllen.”

Zum Beispiel “Behavioral Prototypes” vom experimentellen Architekturbüro Kokkugia, das sich am komplexen Organisationsverhalten biologischer und sozialer Systeme inspiriert. Roland Snooks Arbeiten erinnern an Skulpturen, seien jedoch Prototypen, sagt der Architekt.

Roland Snooks, Architekt: “Unsere Arbeit beruht zum Großteil auf Algorithmendesign. Statt ein Gebäude oder ein architektonisches Objekt direkt zu zeichnen oder ein Modell davon anzufertigen, interessieren wir uns für die Bedingungen, unter denen es entstehen kann. Zum Beispiel: Viele Algorithmen, die wir benutzen, beruhen auf Schwarmverhalten, die Art und Weise, wie sich Vögel oder Fische in Schwärmen organisieren. Durch die Interaktion vieler kleiner Entscheidungen entsteht ein komplexes Verhalten. Und wir versuchen, Architektur aus diesem Blickwinkel zu betrachten.”

Und was, wenn es gar keine Architekten gäbe? World Without Architect? ist ein lettisches Projekt, bei dem der User ein Gebäudemodell virtuell entwerfen, gestalten und auf dem 3D-Drucker ausdrucken kann. Die Tallinner Architektur Biennale geht noch bis zum 11. Oktober.

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