Zinswende: Aufgeschoben oder aufgehoben?

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Baldige Zinserhöhung eher unwahrscheinlich Im ersten Quartal hat die Bank von England noch eine Zinserhöhung ins Auge gefasst. Doch dann fielen die

Baldige Zinserhöhung eher unwahrscheinlich

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Im ersten Quartal hat die Bank von England noch eine Zinserhöhung ins Auge gefasst. Doch dann fielen die Ölpreise, die Wirtschaft weltweit verlangsamte sich und die britischen Wirtschaftsdaten waren verwachsen. Die Zentralbank entschied sich dazu zu warten.

Im September gab es positive Signale, insbesondere der jüngste Infaltionsbericht für Großbritannien, die Situation am Arbeitsmarkt und die Verkaufszahlen. Mark Carney, der Governor der Bank von England, erwägt nun eine Zinserhöhung in der ersten Jahreshälfte von 2016.

Die Aussicht auf höhere Zinsen in den USA ist Experten zufolge eher unwahrscheinlich. Verspechen wurden nicht gehalten. Und nach dem Treffen in Jackson Hole im vergangenen Monat herrscht Unsicherheit. Es soll dort die Rede von einer Zinserhöhung aber auch von zusätzlicher monetären Lockerung gewesen sein.

Die Fed hat die Märkte in Angst versetzt, als sie am vergangenen Freitag ankündigte, dass es voerst keine Zinsänderung geben werde. Janet Yellen sagte, dass man die Wirtschaftsentwicklungen im Ausland im Augen behalten müsse, bevor man eine Entscheidung treffen könne.

Analyse: “Die Fed unternimmt nichts, um Klarheit zu schaffen.”

Daleen Hassan, euronews:
“Die US-Notenbank Fed, die Bank von England und die Chinesische Volksbank – diese drei Zentralbanken spielen eine entscheidende Rolle. Um zu analysieren was im vierten Quartal auf uns zukommt, sprechen wir mit Nour Eldeen Al Hammoury, Chefmarktstratege bei ADS securities.
Wie haben sich die Strategien der Zentralbanken in den USA, in Großbritannien und in China seit dem ertsne Quartal geändert?”

Nour Eldeen Al Hammoury:
“Sprechen wir als erstes über die Chinesische Volksbank. Sie war bereit einzugreifen, falls die Wirtschaft sich weiter verlangsamt und genau das ist eingetreten. Die Bank musste mehrmals Maßnahmen ergreifen, um das Wachstum zu fördern. Was die Bank von England und die Fed anbelangt, hätten beide Banken eine Zinserhöhung nach einem Rekordtief von mehr als sieben Jahren begrüßt. Doch sie konnten die Zinsen nicht anheben, denn die weltweite Verlangsamung der Wirtschaft schürte Ängste. Die Banken haben daraufhin die Zinsen nicht geändert. Die Fed gab das in der vergangenen Woche bekannt. Eine Zinserhöhung wird es jetzt also frühestens im Dezember oder nächstes Jahr geben.”

euronews:
“Die Strategie der Fed wirft viele Fragen auf. Mehrmals gab es Andeutungen einer Zinserhöhung, doch dann wurde die Entscheidung jedesmal verschoben. In ihrer jüngsten Stellungsnahme hat Janet Yellen die ungewisse Zukunft der Weltwirtschaft verantwortlich gemacht. Was halten Sie davon?

Nour Eldeen Al Hammoury:
“Ja, die Federal Reserve hat die Zinserhöhung erneut verschoben. Das hat mehr Unsicherheit an den Märkten zur Folge, denn alle hatten auf eine klare Ansage gewartet. Die Fed unternimmt nichts, um Klarheit zu schaffen. Die US-Notenbank ist in einer schwierigen Situation. Eine Zinserhöhung könnte den weltweiten Schulden in US-Dollar schaden, das heißt 60 Prozent der globalen Verschuldung. Wenn die Fed die Zinsen nicht ändert, dann könnte sie den richtigen Zeitpunkt verpassen und zu einer weiteren Verlangsamung der Wirtschaft beitragen.”

euronews:
“Sprechen wir über die Strategie der Bank von England. Beim jüngsten Treffen schien sie im Gegensatz zur Fed Stellung zu beziehen. Wenn wir die beiden Banken miteinander vergleichen, dann wirkt die Bank von England transparenter als die Fed. Woran liegt das?”

Nour Eldeen Al Hammoury:
“Der Unterschied zwischen den USA und Großbritannien ist, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Großbritannien stabiler ist. Die Daten zum Wachstum und zur Situation am Arbeitsmarkt sind positiv.
In den USA sind die Jobdaten ebenso wie das Bruttoinlandsprodukt noch nicht stabil. Die Bank von England hat mehr Luft, um unter Umständen die Zinsen zu erhöhen. Während die Fed diese Entscheidung wahrscheinlich weiter verschieben wird. Die Wirtschaft in Großbritannien ist stabiler als die US-Wirtschaft und das verleiht der Bank von England mehr Glaubwürdigkeit als der Fed.”

euronews:
“Was könnte die Chinesische Volksbank machen, um sowohl die anderen Zentralbanken als auch die Finanzmärkte zu beeinflussen?”

Nour Eldeen Al Hammoury:
“China hat gezeigt, wie sehr es die globale Wirtschaft und die Finanzmäkte weltweit beeinflussen kann. Man denke nur an die Ereignisse vor einigen Wochen. Der Absturz des Shanghai Composite Index hat weltweitzu Panik geführt. China kann dafür aber nicht verantwortlich gemacht werden. China hat die Erholung der Weltwirtschaft nach der Finanzkrise angetrieben. Die momentane Verlangsamung ist gesund und bald wird sich wieder Wachstum einstellen. So läuft der Wirtschaftszyklus.
Europa, den USA und manchen asiatischen Ländern kann man Vorwürfe machen, denn sie haben es verpasst, nach der Krise die dringend benötigten Reformen umzusetzen. Es ist also nicht Chinas Schuld. China hat die Weltwirtschaft seit mehr als sieben Jahren angekurbelt.”

euronews:
“Wie wirken sich die Entscheidungen der Zentralbanken auf die Finanzmärkte, die Währungen und die Kurse im Nahen Osten aus?”

Nour Eldeen Al Hammoury:
“Die Entscheidungen der Zentralbanken haben sich immer auf die Kurse an den Börsen in Nordafrika und Nahost ausgewirkt. Insbesondere die Entscheidungen der Fed und die Frage ob sie die Zinsen erhöht oder nicht.
Die jüngste Entscheidung der Fed wirkte sich nicht positiv auf die Region aus, denn durch die Politik der Fed stieg die Unsicherheit an den Märkten. Doch es gibt auch positive Zeichen für den Nahen Osten. Wenn die Fed die Zinsen nicht verändert und weiterhin Vorsicht walten lässt, dann könnte das den US-Dollar unter Druck setzen. Und das wiederum könnte eine Stabilisierung der Ölpreise zur Folge haben, oder zumindest ein Ende der Talfahrt. Das könnte sich positiv auf die Kurse in der Region auswirken oder wenigstens den Fall stoppen.”

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