"Wir müssen dynamischer werden" - Interview mit Pierre Moscovici zur wirtschaftlichen Herbstprognose für die EU

"Wir müssen dynamischer werden" - Interview mit Pierre Moscovici zur wirtschaftlichen Herbstprognose für die EU
Copyright 
Von Euronews
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici hat seinen Ausblick auf die wirtschaftliche Entwicklung der kommenden zwei Jahre vorgestellt

WERBUNG

EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici hat seinen Ausblick auf die wirtschaftliche Entwicklung der kommenden zwei Jahre vorgestellt. Er fällt positiv aus, wenn auch in bescheidenem Maße. Efi Koutsokosta sprach mit ihm.

Euronews/ Efi Koutsokosta:
Was könnte die europäische Wirtschaft vom Weg der Erholung abbringen? Sind sie zufrieden mit dem Ausblick?

Pierre Moscovici/ Commissioner for Economy and Monteary Affairs:
Umgeben von einer komplexen Welt, geprägt von geostrategischen Spannungen und auch den Schwierigkeiten hier, sind wir doch solide. Allerdings reicht das nicht. Wir müssen mehr sein, wir müssen dynamischer sein. Zwar nimmt die Arbeitslosigkeit ab, aber doch sehr langsam, zu langsam, und auch zu unterschiedlich in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Es gibt also den Anreiz für die einzelnen Länder, mit den Reformen fort zu fahren, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, das ist ein zentraler Faktor für die Rückkehr zum Wachstum, zu besseren Ergebnissen bei der Beschäftigung.

Euronews/ Efi Koutsokosta:
Das einzige Mitgliedsland, das noch in der Rezession steckt, ist Griechenland. Sie sind soeben von dort zurückgekehrt. Glauben Sie, dass man dort auf dem richtigen Weg zu den Reformen und zur Umsetzung des Programms ist?

Pierre Moscovici/ Commissioner for Economy and Monteary Affairs:
Ich habe mit Alexis Tsipras über eine Stunde lang gesprochen und die Zusammenarbeit mit seiner Regierung ist ganz offensichtlich jetzt sehr gut. Besser als mit vorhergehenden Regierungen vor ein paar Jahren, würde ich sagen. Zu Beginn dieses Jahres war das noch nicht der Fall, aber seit dem Juli gibt es eine solide Zusammenarbeit, das ist sehr positiv. Es gilt noch einige Reformen durchzuführen, die erste Gruppe von Meilensteinen und die zweite auch, aber ich glaube, dass die griechische Regierung und das griechische Volk wissen, dass das Wachstum wiederkehren wird, wenn die Reformen umgesetzt werden.

Euronews/ Efi Koutsokosta:
Meinen Sie, dass es möglich ist, so weit zu Ergebnissen zu kommen, dass innerhalb der gesetzten Frist, also bis zum Ende dieses Jahres die Banken rekapitalisiert werden können, und die Debatte über eine Umschuldung begonnen werden kann?

Pierre Moscovici/ Commissioner for Economy and Monteary Affairs:
Das ist nicht nur möglich, es ist notwendig. Meine Botschaft in Athen war die: wir müssen den ersten Teil des Programms bis Jahrerfrist abschließen, wir müssen den Rekapitalisierungsprozess der Banken bis Jahresfrist abschließen. Wenn uns das gelingt, dann können wir auch den Umschuldungsdialog beginnen, von dem ich weiß, welch zentrale Bedeutung er für die griechische Regeirung und das griechische Volk hat.

Euronews/ Efi Koutsokosta:
Wie schätzen Sie die Auswirkungen der gegenwärtigen Flüchtlingskrise auf die wirtschaftliche Enwticklung ein, insbesondere in den Ländern, die besonders stark davon betroffen sind? Steht die Kommission den Anfragen einiger Länder nach Flexibilität beim Stabilitäts- und Wachstumspakt positiv gegenüber?

Pierre Moscovici/ Commissioner for Economy and Monteary Affairs:
Präsident Juncker hat ja betont, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt eingehalten werden muss, aber dass außergewöhnliche Umstände berücksichtigt werden müssen und dass wir für betroffene Länder auch entsprechende Entscheidungen treffen können.

Euronews/ Efi Koutsokosta:
Können sie da spezifischer werden?

Pierre Moscovici/ Commissioner for Economy and Monteary Affairs:
Nein

Euronews/ Efi Koutsokosta:
OK. Aber sie sprechen darüber mit der Eurogruppe?

Pierre Moscovici/ Commissioner for Economy and Monteary Affairs:
Wir sind uns einer Meinung. Jeroen Dijsselbloom hat das ja auch kürzlich zum Ausdruck gebracht. Aber wir müssen aufgrund von Daten arbeiten, die uns hoffentlich von den Ländern und Regierungen geliefert werden.

Euronews/ Efi Koutsokosta:
Stimmen Sie Herrn Dijsselbloom zu, wenn er fordert, dass denjenigen Ländern, die sich weigern, Flüchtlinge aufzunehmen, EU-Fördergelder gestrichen werden sollen?

Pierre Moscovici/ Commissioner for Economy and Monteary Affairs:
Zunächst einmal muss man den umfassenden positiven Aspekt der Flüchtlingskrise beachten…

Euronews/ Efi Koutsokosta:
.. langfristig gesehen…

Pierre Moscovici/ Commissioner for Economy and Monteary Affairs:
…nein, durchaus nicht langfristrig. Wir prüfen hier Daten für die Jahre 2015, 2016 und 2017 – und da ist der wirtschaftliche Effekt leicht positiv: 0,2%, 0,3% Wachstum des Bruttoinlandsprodukts –
und in den Ländern, die mehr Flüchtlinge aufnehmen natürlich noch höher. Wir brauchen einen umfassenden Ansatz und so sollten wir das auch in der Kommission und mit dem Rat diskutieren.

Euronews/ Efi Koutsokosta:
Vielen Dank, Herr Kommissar.

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

EU-Herbstprognose: "Schwache, aber positive“ Wirkung der Flüchtlingsströme

Erbschaftssteuer in Europa: Wer zahlt wo wieviel? Und wer kassiert was?

Kiews Angriffe aus russische Ölraffinerien: So groß ist der Schaden für Russland