Der Mörder wollte leben: Eichmanns Gnadengesuch veröffentlicht

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Israel hat das Gnadengesuch des deutschen NS-Verbrechers Adolf Eichmann veröffentlicht, der vor mehr als einem halben Jahrhundert in Israel

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Israel hat das Gnadengesuch des deutschen NS-Verbrechers Adolf Eichmann veröffentlicht, der vor mehr als einem halben Jahrhundert in Israel hingerichtet wurde. Anlässlich der internationalen Holocaust-Gedenktages wurde das von Hand geschriebene Dokument im Amtssitz des israelischen Präsidenten Reuven Rivlin vorgestellt.

Der 1906 in Solingen geborene Eichmann gilt als einer der Hauptorganisatoren des Holocausts. Der überzeugte Antisemit organisierte unter anderem die Deportation von Juden in die Vernichtungslager. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam er zunächst in US-Kriegsgefangenschaft, wurde aber nicht erkannt. Er floh, lebte zunächst in Norddeutschland und setzte sich 1950 unter falschem Namen nach Argentinien ab. Zehn Jahre später wurde er dort vom israelischen Geheimdienst gefunden und nach Israel entführt.

In einem aufsehenerregenden Prozess wurde er am 15. Dezember 1961 für seine Rolle in der NS-Vernichtungsmaschinerie zum Tode verurteilt und in der Nacht zum 1. Juni 1962 hingerichtet. Der damalige israelische Präsident Izchak Ben Zivi lehnte das Gnadengesuch ab.

Eichmanns Rechtfertigung: Nur im Auftrag gehandelt

In dem jetzt veröffentlichten Schreiben versuchte Eichmann erneut, seine Rolle an den NS-Verbrechen kleinzureden. Unter anderem schrieb er: “Den Richtern ist in der Beurteilung meiner Person ein entscheidender Irrtum unterlaufen, da sie sich nicht in die Zeit und in die Lage versetzen können, in der ich mich während der Kriegsjahre befunden habe.

Es ist nicht richtig, dass ich so eine hochgestellte Persönlichkeit gewesen wäre, dass ich die Verfolgung der Juden selbstständig hätte betreiben können, und betrieben hätte, gegen eine solche Machtfülle spricht deutlich die von den Richtern im Urteil übergangene Tatsache, dass ich niemals einen solchen Dienstrang hatte, der mit so entscheidenden, selbstständigen Befugnissen hätte verbunden sein müssen. So habe ich aber keine einzige Anordnung im eigenen Namen gegeben, sondern stets nur “im Auftrag” gehandelt.

Es ist auch nicht richtig, dass ich mich niemals von menschlichen Gefühlen hätte beeinflussen lassen. Ich habe gerade unter dem Eindruck der erlebten unerhörten Greuel, sofort um meine Versetzung gebeten.

Ich erkläre nochmals, wie bereits vor Gericht geschehen: Ich verabscheue die an den Juden begangenen Greuel als größtes Verbrechen und halte es für gerecht, dass die Urheber solcher Greuel jetzt und in Zukunft zur Verantwortung gezogen werden.

Ich war kein verantwortlicher Führer und fühle mich daher nicht schuldig. Den Spruch des Gerichts kann ich nicht als gerecht anerkennen und bitte Sie, Herr Staatspräsident, von dem Gnadenrecht Gebrauch zu machen und anzuordnen, dass das Todesurteil nicht vollstreckt wird.”

Biographie Eichmanns beim Landschaftsverband Rheinland
Biographie Eichmanns bei Who’s who
Deutsches Historisches Museum zu Eichmann
Link zu gescannten Dokumenten des Gnadengesuchs

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