Geldpolitik: Strafzinsen, jetzt auch in Japan

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Im Kampf gegen die hartnäckige Konjunkturschwäche und die Gefahr einer Deflation führt Japans Notenbank Strafzinsen ein – wie zuvor schon die

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Im Kampf gegen die hartnäckige Konjunkturschwäche und die Gefahr einer Deflation führt Japans Notenbank Strafzinsen ein – wie zuvor schon die Europäische Zentralbank (EZB).

Sie beschloss überraschend, dass Finanzinstitute auf ihre laufenden Konten bei der Bank von Japan (BoJ) eine Gebühr von 0,1 Prozent zahlen müssen. Falls nötig, will sie den Strafzins noch verschärfen.

Haruhiko Kuroda, Präsident der Bank of Japan: “Was die Zinsen angeht, hat die Bank of Japan eine negative Rate von -0,1% beschlossen. Das kann noch weiter nach unten gehen, wenn es notwendig ist.”

Comment: The Bank of Japan ends the self-imposed timidity it inspired in others https://t.co/fKsYKlRJ06pic.twitter.com/E722MpgbXB

— Financial Times (@FT) January 29, 2016

Das Ziel: Geschäftsbanken sollen kein Geld mehr horten, sondern mehr Kredite vergeben. Die Entscheidung fiel mit fünf zu vier Stimmen äußerst knapp. Ähnlich wie der EZB macht auch den Währungshütern in Tokio der drastische Verfall des Ölpreises zu schaffen, der die unerwünscht niedrige Inflationsrate klein hält.

Japan gilt als gebranntes Kind, da es lange Zeit in einer deflationären Abwärtsspirale aus fallenden Preisen, sinkenden Löhnen und stockenden Investitionen gefangen war. Die BoJ geht dagegen mit viel billigem Geld vor. Dabei ist die BoJ deutlich von ihrem Ziel entfernt, die Inflationsrate auf zwei Prozent zu hieven. Zuletzt lag sie in der Kernrate – also ohne die stark schwankenden Preise für frische Lebensmittel – bei 0,1 Prozent. Die Haushalte gaben im Dezember 4,4 Prozent weniger aus als vor Jahresfrist.

Haruhiko Kuroda, Präsident der Bank of Japan: “Wie die größte Gefahr aussieht? Das wäre ein Konjunktureinbruch, beginnend in China, dazu unbekannte Trends in den Entwicklungsländern. Die Rechnung mit vielen Unbekannten bedeutet, dass die. finanzielle Situation weltweit nach wie vor instabil ist.”

Die asiatischen Börsen reagierten mit Kurssprüngen auf die Entscheidung der Notenbank. Auch der Dax bekam Auftrieb: “Es ist klar, dass sie nicht die letzte Notenbank sein wird, die in den kommenden Monaten zu solchen Maßnahmen greifen wird”, sagte Analyst Craig Erlam vom Online-Devisenbroker Oanda in London.

Dass die BoJ neben dem massenhaften Ankauf von Anleihen nun auch auf das von der Europäischen Zentralbank (EZB) bereits Mitte 2014 eingeführte Instrument eines Strafzinses setzt, gilt als Strategiewechsel: “Er ist nun das Hauptinstrument der Geldpolitik”, erklärte Ökonom Daiju Aoki von UBS Securities, Tokio.

Der Strafzins soll helfen, die lahmende Wirtschaft anzukurbeln und für Preisauftrieb zu sorgen. Experten verweisen darauf, dass es bei der Nachfrage nach Krediten hapert und frei werdende Gelder eher für spekulative Geschäfte als für Investitionen genutzt werden könnten.

Japans Industrieproduktion sank im vergangenen Monat unterdessen mit 1,4 Prozent überraschend deutlich. Japan macht die maue Nachfrage aus Asien – insbesondere aus China – zu schaffen, wohin mehr als die Hälfte der Exporte gehen.

Die Geldschwemme ist neben schuldenfinanzierten Konjunkturspritzen tragender Pfeiler der «Abenomics» genannten Wirtschaftspolitik von Ministerpräsident Shinzo Abe. Daneben hatte Abe auch Strukturreformen zugesagt – doch gerade daran mangelt es nach Meinung von Ökonomen.

Manche Experten haben auch Zweifel, ob die BoJ mit ihrer Strategie richtig liegt. Der Strafzins hat laut Ökonom Martin King vom Beratungshaus Titon Capital Advisors einen Haken: “Das ist der Versuch, mit der Brechstange für Investitionen zu sorgen. Statt Zuckerbrot gibt es nur Peitsche.”

su mit dpa, Reuters

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