"Der Mangel an Solidarität zerstört unsere Werte", sagt Filippo Grandi vom UNHCR

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Von Euronews
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Filippo Grandi hat seit Beginn des Jahres das Amt des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) inne. James Franey sprach mit ihm über die

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Filippo Grandi hat seit Beginn des Jahres das Amt des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) inne. James Franey sprach mit ihm über die Flüchtlingskrise und über die Hilfe Europas.

James Franey
euronews:
“Filippo Grandi, Flüchtlings-Hochkommissar der Vereinten Nationen, herzlich willkommen. Wie schätzen Sie den Beitrag Europas zur Lösung der Krise ein?”

Filippo Grandi
UN-Hochkommissars für Flüchtlinge :
Die internationalen Menschenrechte sind in Syrien schwer verletzt worden, wobei die Unterstützer der Kriegsparteien dagegen nicht eingeschritten sind. Das hat dazu geführt, dass der Zugang zu Menschen in Not erschwert wurde, dass die Anzahl der Flüchtlinge, die in den Nachbarstaaten Schutz suchten, zunahm, und dass dort die Hilfe ungenügend war. Das war freilich nicht die einzige Ursache dafür, dass immer mehr Menschen nach Europa gelangten, was wiederum dort zu Schwierigkeiten führte.”

euronews:
“In Europa ist viel von der Stärkung der Außengrenzen die Rede. Ist das der richtige Schritt?”

Filippo Grandi:
“Stärkung in dem Sinne, dass die Menschen, die ankommen, besser betreut werden müssen. Das hätte Europa bereits vor längerer Zeit tun müssen. Keine so gute Idee ist es hingegen, die Kontrollen an den Binnengrenzen zu verschärfen. Denn das führt nur dazu, dass die Flüchtlingsströme ihre Richtung ändern.”

euronews:
“Warum ist Europa in der Flüchtlingsfrage so gespalten?”

Filippo Grandi:
“Die EU ist innerhalb kurzer Zeit stark erweitert worden. Einige ihrer Mechanismen müssen nachgebessert werden. Dazu zählen Solidarität und Zusammenarbeit in der Flüchtlings- und Migrationspolitik. Die Gesetzgebung ist gut, die Normen sind gut. Oft hakt es bei der Umsetzung dieser Normen, insbesondere in nie dagewesenen Situationen wie jetzt, wenn so viele Menschen kommen.”

euronews:
“Was würden Sie den Menschen entgegnen, die sagen, dass Europa so viele Flüchtlinge nicht aufnehmen kann. Der Populismus gewinnt in Ländern wie Frankreich oder den Niederlanden Zulauf.”

Filippo Grandi:
“Ich denke, dass Europa – dies ist eher eine Aussage über die Werte, die ich vertrete -, seinen Grundsätzen treu bleiben muss. Ich höre immer wieder, die Ankunft der Fremden werde unsere Werte verändern. Ich denke, dass der Mangel an Solidarität unsere Werte zerstört. Darum geht es. Wenn die Neuankömmlinge die Gesetze verletzen, müssen sie sich dafür verantworten, wie alle anderen auch. Doch man sollte sich vor Verallgemeinerungen hüten, denn diese Menschen fliehen vor der Angst, dem Terror und vor dem Krieg. Wer als Flüchtling anerkannt wird, muss der langen Tradition von Asylrecht und Gastfreundschaft entsprechend in angemessener Art in Europa Aufnahme finden.”

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