Störfall in AKW Fessenheim offenbar schlimmer als bisher bekannt

Störfall in AKW Fessenheim offenbar schlimmer als bisher bekannt
Von  mit DPA/tagesschau.de/AFP
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Atomaufsicht verschwieg nach Medienberichten Ausmaß des Störfalls

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Im französischen Kernkraftwerk Fessenheim hat es offenbar 2014 einen gravierenden Störfall gegeben. Wie der Westdeutsche Rundfunk und die Süddeutsche Zeitung berichten, hatte ein Wasserschaden die Technik zur Abschaltung des Reaktors zeitweise lahmgelegt.

Demnach konnten die Steuerstäbe nicht mehr in den Reaktor einfahren und die Kernspaltung ordnungsgemäß beenden. Das volle Ausmaß des Zwischenfalls hätten die französische Atomaufsicht ASN und die Betreiberfirma EDF weder der Öffentlichkeit noch der internationalen Atomenergiebehörde IAEA mitgeteilt.

Temperatur im Kern außer Kontrolle

Die deutschen Medien berufen sich auf einen Brief der ASN an die Leitung des Kraftwerks. Die Informationen deuten darauf hin, dass die Belegschaft am 9. April 2014 für etwa drei Minuten die Kontrolle über die Temperatur im Reaktorkern verlor. Die Mannschaft habe den Reaktor quasi blind gefahren, zitiert tagesschau.de einen Experten.

Nachdem eine reguläre Abschaltung nicht mehr möglich war, habe ein Krisenstab entschieden, den Reaktor durch die Einleitung von Bor zu herunterzufahren, ein chemisches Element, das den Neutronenfluss im Reaktorkern stoppt. Ein solches Vorgehen sei bisher in Westeuropa einmalig.

Die Atomaufsicht hatte nach dem Störfall erklärt, der Wassereinbruch habe nur eines der beiden elektronischen Notabschaltungssysteme beschädigt. Auf eine Anfrage am Donnerstagabend reagierte die Behörde zunächst nicht.

Abschaltung auf unbestimmte Zeit verschoben

Fessenheim ging 1977 in Betrieb. Damit ist es das älteste noch laufende Kernkraftwerk Frankreichs. Kritiker sehen die beiden Druckwasserreaktoren wegen ihres Alters als hohes Risiko. Die Vorwürfe kommen vor allem aus Deutschland, da das Kraftwerk nur rund einen Kilometer von der Grenze Baden-Württembergs entfernt ist. Nach Bekanntwerden der jüngsten Vorwürfe gegen Betreiber und Atomaufsicht hatten mehrere deutsche Politiker eine schnelle Abschaltung der beiden Reaktoren gefordert.

Der französische Staatspräsident François Hollande hatte während seines Wahlkampfs 2012 angekündigt, Fessenheim binnen vier Jahren abzuschalten. Im vergangenen Jahr revidierte er sein Wahlversprechen. Als Begründung nannte er das neue Kraftwerk in Flamanville, ein deutsch-französischer Reaktor vom Typ EPR, der aufgrund von massiven Pannen beim Bau frühestens 2018, mit sechs Jahren Verspätung, in Betrieb gehen könnte.

Weitere InformationenDer Bericht der ASN von 2014

Das Kraftwerk Fessenheim im Netz

Sicherheitsanalyse des Kraftwerks von der IAEA

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