"Tampon-Steuer" als Lackmustest für alles Mögliche

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Von Euronews
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Die EU will die Vorgaben für die Mehrwertsteuer lockern – und die Briten feiern das als Ende der «Tampon-Steuer». Dass auf Damen-Hygieneartikel

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Die EU will die Vorgaben für die Mehrwertsteuer lockern – und die Briten feiern das als Ende der «Tampon-Steuer». Dass auf Damen-Hygieneartikel bisher mindestens fünf
Prozent Mehrwertsteuer fällig werden, galt EU-Kritikern jenseits des Ärmelkanals als Symbol für durch Brüssel beschnittene nationale Souveränität.

Jede Frau hat sie monatlich drei bis sieben Tage lang, rund 444 Mal im Leben: die Regelblutung. Und wohl keine Frau empfindet diesen Zustand als “Luxus”, der sie auch noch unfreiwillig auf das ganze Leben geschätzt 2.000 Euro kostet. Dennoch werden in vielen Ländern dieser Welt Tampons und Binden als “Luxusartikel” besteuert.

Premierminister David Cameron stand unter Druck, da EU-kritische Abgeordnete forderten, die Abgabe entgegen geltenden EU-Rechts abzuschaffen.

How tampons were hijacked by right-wing British politicians https://t.co/0t5KV5omzrpic.twitter.com/a0zFXQuGG0

— Mashable (@mashable) 18 mars 2016

Das Thema hatte die britische Öffentlichkeit monatelang umgetrieben. Mehr als 300.000 Menschen hatten eine Petition mit dem Titel «Hört auf, Perioden zu besteuern» auf change.org unterschrieben. Im Herbst hatte die Regierung versprochen, die Einnahmen aus der «Tampon-Steuer» Organisationen zukommen zu lassen, die Frauen
unterstützen.

Nun die Erleichterung: Die EU-Kommission will neue Regeln
vorschlagen, die Staats- und Regierungschefs «begrüßen» das. Camerons Sprecher informierten die heimische Presse darüber, dass der Premier das Thema «forciert» und sich Unterstützung der Kollegen «gesichert» habe. Die EU-Kommission erinnerte daran, dass heute bereits eine
reduzierte Mehrwertsteuer von 5 Prozent für Hygieneartikel möglich ist, statt der üblichen 20 Prozent.

Obgleich vorerst unklar ist, ab wann die Besteuerungsausnahme gelten wird, machte sie die britische Zeitung “New Day” noch in der Nacht zu ihrem Aufmacher: “Britische Frauen haben in den letzten 15 Jahren mehr als 307 Millionen Euro an Mehrwertsteuer gezahlt”, hieß es in großen Lettern auf der Titelseite für die Freitagsausgabe. “Nun scheint es, die Tampon-Steuer ist tot.”

New Day 18M : the tampon tax is dead#FelizViernespic.twitter.com/cNSfJQ9afa

— Gonzalo Semprún (@gsemprunmdg) 17 mars 2016

Auch in anderen Ländern ist die Tampon-Steuer ein Thema. Im Dezember hatte das französische Parlament beschlossen, die Steuern für Frauen-Hygieneartikel von bisher 20 auf 5,5 Prozent zu senken. Der Schritt kostet den Staat rund 55 Millionen Euro jährlich. Neben Frankreich und Großbritannien haben in der EU auch Irland, Spanien und die Niederlande die Steuer auf einen Niedrigsatz gesenkt.

Der Stand der Debatte rund um den Globus:

Vorreiter ist Kenia. Dort wurde bereits 2011 im Parlament beschlossen, dass auf Damenhygieneprodukte keine steuerlichen Abgaben entfallen dürfen. Damit sollen die Lebensbedingungen der weiblichen Bevölkerung des Landes verbessert werden.

Im vergangenen Jahr folgte dann Kanada. Nach einer Petition mit mehr als 74.000 Unterschriften wurde die “Tampon-Steuer” zum 1. Juli 2015 aufgehoben. Unter dem Hashtag #TamponTax feierten Frauen die Entscheidung.

Die US-amerikanische YouTuberin Ingrid Nilsen konfrontierte Präsident Barack Obama in einem Interview mit der Tatsache, dass in 40 der 50 US-Bundesstaaten auf Hygieneprodukte für Frauen die Steuerabgabe für “Luxusgüter” entfällt – und fragte, warum das so sei.

“Hope you enjoy your tax-free Jaffa Cakes whilst I pay 5% for my hygiene” #tampontaxpic.twitter.com/b2WesUIa6L

— #tampontax (@tampontax) 17 décembre 2015

Gewohnt charmant brachte Obama zuerst seine Ehefrau Michelle ins Spiel, die der Aktivistin Nilsen wohl zustimmen würde, dass die Periode kein Luxus sei. Dann gab er ehrlich zu: “Ich habe keine Ahnung, warum. Ich vermute, es liegt daran, dass Männer diese Gesetze gemacht haben.”

su mit dpa

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