Panama-Papers-Rechercheleiterin Walker Guevara: "Wir werden oft von Regierungen kontaktiert"

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Von Euronews
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Die Panama Papers, das sind 11,5 Millionen Dokumente der Anwaltsfirma Mossack Fonseca, mit Sitz im Steuerparadies Panama. Sie enthalten die Namen

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Die Panama Papers, das sind 11,5 Millionen Dokumente der Anwaltsfirma Mossack Fonseca, mit Sitz im Steuerparadies Panama. Sie enthalten die Namen zahlreicher Prominenter, darunter auch Spitzenpolitiker, die Geld über Briefkastenfirmen um die Welt schickten. Die Dokumente betreffen einen Zeitraum von fast 40 Jahren, die ältesten stammen aus dem Jahr 1977, die jüngsten sind vom Dezember. Das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) hat sie zusammen mit über 100 Medien in der ganzen Welt untersucht.

Stefan Grobe, euronews-Korrespondent in Washington, hat mit der stellvertretenden Direktorin des ICIJ, Marina Walker Guevara, gesprochen: “Was war Ihre Aufgabe bei den Recherchen?”

Walker Guevara: “Ich war die Projektmanagerin, die so etwas wie eine Dirigentin war und noch viele weitere Rollen hatte. Bei dieser groß angelegten Recherche musste viel abgestimmt werden, zwischen den verschiedenen Kulturen, den Zeitzonen, den unterschiedlichen journalistischen Hintergründen. Wir haben festgestellt, dass der einzige Weg, mit so einer großen Datenmenge umzugehen, der war, weltweit so viele Partner wie möglich zusammenzubringen, die sich vor Ort auskennen, damit wir die Informationen wirklich nutzen können, Verbindungen herstellen können. Denn die Journalisten vor Ort wissen, was in ihrem Bereich von Bedeutung ist. Aus diesem Grunde haben wir den Stress und das kontrollierbare Risiko auf uns genommen, diese Informationen mit so vielen Journalisten auf der ganzen Welt zu teilen.”

euronews: “Sie haben über ein Jahr lang recherchiert. Wie haben Sie es geschafft, dass vor dem Veröffentlichungstermin nichts durchsickerte?”

Walker Guevara: “Der Vorteil des Konsortiums ist, dass es uns als Netzwerk von Journalisten bereits gab. Wir kennen uns, wir haben bereits zuvor zusammengearbeitet, bei den Swissleaks, Luxleaks und vielen anderen Recherchen. Wir vertrauen uns und wir wissen, dass, wenn einer alleine losgelegt hätte, wenn die Vereinbarung, die alle Beteiligten hatten, gebrochen worden wäre, dann würde diese Person nie wieder mit uns zusammenarbeiten und ziemlich viel verlieren. Wenn nur das Konsortium oder nur die Süddeutsche Zeitung etwas veröffentlicht hätte, wäre zudem die Wirkung viel kleiner gewesen, als wenn das, was passiert ist, von China bis nach Chile gleichzeitig ans Licht kommt.”

euronews: “Gab es auch Reaktionen von Regierungen, die Hilfe bei der Verfolgung der Beschuldigten wollten?”

Walker Guevara: “Wir werden oft nach Enthüllungen von Regierungen kontaktiert, die sagen, sie wollen mit uns zusammenarbeiten und Zugang zu unseren Dokumenten haben, so dass sie ihren Job machen können. Wir sagen dann normalerweise, nein danke. Wir sehen uns nicht als verlängerter Arm einer Regierung. Wir glauben, dass Regierungen ihre eigenen Mittel haben. Sie sollten aggressiv gegen Steuerhinterziehung vorgehen, aber viele machen das nicht. Einige Regierungen verfolgen ihre eigenen Interessen. Das ist ein kompliziertes Thema. Unsere Aufgabe ist es, so unabhängig und so aggressiv wie möglich nach der Wahrheit zu suchen und unseren Job als investigative Journalisten zu machen.”

euronews: “Bei diesen Offshore-Geschäften spielen internationale Banken eine wichtige Rolle. Einige von ihnen sagten, die aufgedeckten Fakten seien alt. Was sagen Sie dazu?”

Walker Guevara: “Wir sind auf Banken gestoßen, die noch 2015 Briefkastenfirmen gegründet haben. Aber es stimmt, dass zumindest bei Mossack Fonseca die Zahl der eingetragenen Briefkastenfirmen gesunken ist, seit dem US-Behörden vor allem gegen Schweizer Banken ermittelt haben. Aber wir haben auch gesehen, dass die Banken ihre Methoden verändern. In einigen Fällen haben sie Mittelsfirmen wie Mossack Fonseca – Anwaltsbüros auf der ganzen Welt – damit beauftragt, diesen Teil der Arbeit für sie zu übernehmen. So sind sie nicht mehr direkt darin involviert, Kunden bei der Gründung von Offshorefirmen zu helfen, aber die Konten dieser Firmen werden weiterhin bei den Banken verwaltet. Einige haben aggressivere Schritte eingeleitet. Meiner Meinung nach stellen die Banken im Allgemeinen kritischere Fragen und sind ein bisschen sorgfältiger, aber ich glaube nicht, dass sie absolut keine Verbindungen mehr zum Offshore-Geschäft haben. Das wäre für Banken fast unmöglich, denn viele Kunden verlangen ja genau diese Heimlichtuerei.”

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