Brasiliens Wende von links nach liberal

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Von Andrea Büring
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Lange stand er in ihrem Schatten, jetzt tritt Michel Temer ins Licht der Öffentlichkeit. Der brasilianische Vizepräsident wird Staatschefin Dilma

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Lange stand er in ihrem Schatten, jetzt tritt Michel Temer ins Licht der Öffentlichkeit. Der brasilianische Vizepräsident wird Staatschefin Dilma Rousseff während ihres Amtsenthebungsverfahrens und womöglich bis ans Ende ihres Mandats im Dezember 2018 vertreten.

(AI) Michel Temer recebe notificação de posse como presidente interino encaminhada pelo Senado. pic.twitter.com/Eh7BOYNMq0

— Michel Temer (@MichelTemer) 12. Mai 2016

Temer ist relativ unbekannt, aber auch unbeliebt. Laut Umfragen würden nur 1 bis 2% der Befragten Temer bei der Wahl ihre Stimme geben. Lange hat der bisherige Vizepräsident auf diesen Moment gewartet. Er erklärte zwar am 19. April, “ich werde die Entscheidung des Senats mit viel Ruhe abwarten und sie respektieren. Denn der Senat hat das letzte Wort bei dieser Angelegenheit. Deswegen wäre es unangemessen von mir, vorab etwas zu sagen.”

Vorab geplant hat er wohl doch, so soll die Zusammenstellung seines Kabinetts seit längerem feststehen. Um Kosten zu sparen, werden die Ministerposten von 32 auf 22 Ressorts gekürzt. Ein symbolischer Schritt, denn Temer will das brasilianische Budget auf Vordermann bringen. Die wichtigste Wirtschaftsmacht Lateinamerikas macht derzeit die schlimmste Krise seit den 30er Jahren durch.

Es wird geschätzt, dass das BIP in diesem Jahr um weitere 3,9% schrumpft.
Die Inflation lag im vergangenen Jahr bei 10,7%.
Der Zinssatz beträgt 14,25%, das Defizit kletterte im vergangenen Jahr auf 10,4%.
Der Schuldenberg des Landes wächst unaufhörlich.

Jedes Jahr fallen in Brasilien 100.000 Arbeitsplätze weg. Um der schwächelnden Wirtschaft auf die Beine zu helfen, plant Temer ein liberales und unbeliebtes Maßnahmenpaket. Dazu gehören eine Rentenreform, Einschnitte auf dem Arbeitsmarkt und Privatisierungen. Doch der Wirtschaftsexperte und Jura Professor Michael Freitas Mohallem dämpft Erwartungen auf eine schnelle Besserung: “Es gibt viele Gründe für die wirtschaftliche Lage in Brasilien. Es wird erwartet, dass die Rezession für einige Jahre weiter zunimmt. Keine Maßnahme kann das Problem umgehend lösen – egal, wer die Regierungsgeschäfte führt.”

Zu der Regierungskrise kommt ein enormer Korruptionsskandal um Petrobras, in den Politiker auf höchster Ebene verstrickt sind, und der auch vor Temers Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) nicht halt macht.

Die Regierungskrise hat auch die Werbekampagne für die Olympischen Sommerspiele lahmgelegt, die ausländische Besucher nach Brasilien locken soll. Bisher wurden nur zwei Drittel aller Tickets verkauft. Ein weiteres finanzielles Fiasko kündigt sich an, das das Land gerade nicht gebrauchen kann.

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