Brexit beunruhigt Briten im EU-Ausland

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Millionen Menschen, die in Großbritannien leben, kommen aus anderen EU-Staaten.

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Millionen Menschen, die in Großbritannien leben, kommen aus anderen EU-Staaten.

Die meisten von ihnen werden beim Referendum über den Verbleib in der EU nicht abstimmen dürfen. Das ist Staatsbürgern aus Großbritannien, Irland und dem Commonwealth vorbehalten.

Europäische Expats in Großbritannien

Lucie Hinton hat portugiesische Eltern und wurde in Paris geboren. Sie zog vor 16 Jahren nach Großbritannien. Weil sie sich bei wichtigen Wahlen benachteiligt sah, startete sie eine Petition. Mit Erfolg, mehr als 4.000 Menschen unterschrieben sie bisher. Sie erinnert sich, “jemand schrieb dort in einem Kommentar, die Situation sei vergleichbar mit einem Verbot für Frauen, beim Abtreibungsrecht abzustimmen. Das ist vielleicht etwas übertrieben, aber ich finde den Vergleich richtig. So nach dem Motto: Unser Leben wird sich nach dem 23. Juni ändern, und wir haben keine Ahnung, was dann passieren wird.”

Nishan Dzhingozyan ist Bulgare und hat sich vor zehn Jahren in Großbritannien niedergelassen. Er ist mittlerweile britischer Staatsbürger und darf wählen. Weil er sich jedoch Sorgen um die macht, die das nicht dürfen, schrieb er einen offenen Brief an Premierminister David Cameron. “Für uns ist das ein offensichtlicher Fall von Diskriminierung,” beschwert sich Nishan. “Wir alle haben uns hier niedergelassen. Wir zahlen unsere Steuern, unsere Familien und Freunde sind hier. Wir haben Immobilien und leisten unseren Beitrag zum wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und sozialen Leben in Großbritannien. Die Unsicherheit über unsere Zukunft sorgt bei Millionen Menschen für Angst, Sorge und Panik. Einige planen schon, nach Bulgarien zurückzukehren.”

Lucie war so überzeugt von der Idee, wählen zu können, dass sie sogar britische Staatsbürgerin wurde. Sie meint, “obwohl ich jetzt einen britischen Pass habe, bin ich immer noch aufgeregt. Das hat sich nicht gelegt. Aber ich werde sehr stolz sein, mein Kreuzchen zu setzen. Auch wenn es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. “

Der Brexit wird heiß diskutiert – nicht nur bei Ausländern, die sich in Großbritannien niedergelassen haben, sondern auch bei Briten im Ausland.

Britische Expats in Spanien

Sonne, Sangría, Strandnähe. San Fulgencio bei Alicante steht hoch im Kurs bei vielen Briten. Sie machen bis zu 42% der 10.000 Einwohner aus. Man bleibt unter sich – die meisten besitzen ein Haus mit Terrasse im Viertel La Marina. Sie sind in Spanien registriert und können ohne große bürokratische Hürden Sozialleistungen beziehen.

Kate und Dave sind seit sechs Jahren registrierte Ausländer mit festem Wohnsitz in Spanien. Arztbesuche werden dadurch einfach, denn Dave ist Diabetiker. Dank seiner Krankenkassenkarte werden Dave die 1.100 Euro, die er jährlich für Medikamente ausgeben müsste, komplett erstattet. Das könnte sich jedoch schlagartig ändern, wenn es zum Brexit kommt.

Der britische Rentner erinnert sich, “als ich hier ankam, wurde bei mir Altersdiabetes diagnostiziert. Ich hatte eine Gesundheitsversorgung mit Rezepten und zwei Bluttests pro Jahr – alles kostenlos. Kommt es zum Brexit, muss ich wohl in Zukunft für all das zahlen – für alle Behandlungen und Rezepte. Keine Ahnung, aber wir müssen dann wohl tief in die Tasche greifen.”

Die meisten, die in Großbritannien und in Spanien gearbeitet haben, plagen die gleichen Sorgen. Wie Michael Khalsa und Peter Prior.

Peter fragt sich, “wie leicht wird es sein, hier meine britische Rente zu bekommen? Und wenn ich zurück nach Großbritannien gehe, kann ich meine spanische Rente mitnehmen? Derzeit ist es noch sehr einfach, aber nach dem Brexit wird das vielleicht nicht mehr so leicht gehen.”

Michael arbeitet in einer Bar. Er zieht Bilanz: “Ich fand es sehr leicht, meine Steuernummer und meine Sozialversicherungsnummer zu bekommen. Wir hatten einen Übersetzer, es lief wie am Schnürchen. Mich beunruhigt, dass durch den Brexit alles schwieriger wird, falls wir die EU verlassen.”

Für den Fall müssen die Briten unter Spaniens Sonne mit weiteren Veränderungen rechnen. Samantha Hull ist eine britische Stadträtin im Rathaus von San Fulgencio. Außerdem ist sie Parteichefin von Partido Independiente por las Nacionalidades – der Unabhängigen Partei der Nationalitäten.

Samantha Hull gibt zu Bedenken, “die Menschen sind sehr besorgt, was nach dem Brexit passiert, falls Großbritannien die EU verlässt. Werden sie bei Kommunalwahlen weiter wählen dürfen? Wir wissen, dass wir nicht bei den Parlamentswahlen abstimmen dürfen, aber bleibt es bei den Gemeindewahlen wie bisher? Und wir wollen weiter repräsentiert werden: von Briten im Rathaus zum Beispiel.”

Die Briten hier können auf Samantha und Tina Brown zählen. Tina hat eine Agentur, die Expats bei Alltagsfragen hilft. Beide sind pro-europäische Aktivistinnen, so wie viele andere hier. Für das Referendum sammelt Tina Stimmen und sendet sie mit der Post nach Großbritannien.

Tina Brown ärgert sich, “viele Leute denken, dass sie das Referendum nicht betrifft. Sie verstehen gar nicht, worum es überhaupt geht und was auf dem Spiel steht. Von den Leuten, die sich registriert haben, wollen hier alle in der EU bleiben.”

Der Flughafen ‘El Altet’ in Alicante ist ein Beispiel für den großen britischen Einfluss in dieser Gegend. Von den 10,5 Millionen Menschen, die im letzten Jahr hier ankamen und abreisten, sind mehr als 40% Briten. Die irische Fluggesellschaft Ryanair engagiert sich
für das pro-europäsiche Lager. Sie ist sich der wichtigen Rolle bewusst, die Expats haben. Sie bietet 20 Euro-Flüge zu jedem britischen Flughafen an, damit die Menschen am 23. Juni wählen gehen. César Sempere, in Alicante for Euronews.

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