Brexit: Hollande in Not

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Von Andrea Büring
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Es besteht kein Zweifel: Paris will an London festhalten.

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Es besteht kein Zweifel: Paris will an London festhalten. Beim bilateralen Gipfel vom März in Amiens dominierte zwar vor allem die Flüchtlingskrise die Gespräche.

Doch der französische Präsident François Holland und der britische Premier nutzten den Gipfel, um für den Verbleib Großbritanniens in der EU zu werben. David Cameron sagte, sein Land sei stärker als Teil eines großen Ganzen.

Hollande warnte vor Konsequenzen, sollte es zum Brexit kommen: “Ich will, dass Großbritannien in der EU bleibt. Gleichzeitig muss die EU weiter vorankommen. Kein Staat darf ein Vetorecht haben. Regeln und Instanzen müssen für alle Staaten gelten.” Und weiter: “Ich will keine Angst machen, muss hier aber die Wahrheit aussprechen. Es hat auf vielen Ebenen Konsequenzen, wenn Großbritannien die Europäische Union verlässt.” Oder: “Es ist mehr als 20 Jahre her, dass ein wichtiges gemeinsames Projekt von Frankreich und Großbritannien entstanden ist: Der Tunnel unter dem Ärmelkanal. Seitdem sind wir vereinter, als wir es je waren. Ich hoffe, dass auch die Briten sich bei gegebenem Anlass daran erinnern werden.”

Auch weitere internationale Mächte appellierten an die Briten, nicht für den Brexit zu stimmen. So sagte US-Präsident Barack Obama, Großbritannien sei besser innerhalb der EU aufgehoben.

Die Einschätzung aus Paris

Sophie Desjardin, euronews:

“Wie wird der mögliche Brexit in Paris eingestuft? Wir sprechen nun mit Agnès Benassy Quéré aus Paris. Sie sind Wirtschaftswissenschaftlerin und Vizechefin des Wirtschaftsrates CAE, der den Premierminister berät. Welchen Ausgang erhofft sich Paris vom Referendum? Und warum?

Agnès Benassy Quéré, CAE:

“Natürlich wünscht sich Frankreich, dass Großbritannien in der Europäischen Union bleibt.
Nicht zu vergessen, dass es ein für unser Land sehr wichtiger Handelspartner ist, wie auch allgemein für die EU.

Großbritannien ist ein wichtigerer Partner als die USA. Es ist niemals gut, wenn ein wichtiger Handelspartner geschwächt ist, denn das wird wohl passieren, wenn es zum Brexit kommt. In unsicheren Zeiten tendieren die Finanzmärkte dazu, sich auf Aktien zu stürzen, die als sichere Werte gelten. Gleichzeitig wollen sie schnellfristig Aktien loswerden, die als unsicher gelten und finanziell riskanter sind.

Auf lange Sicht wird das Referendum eine Art Schneeballeffekt auf andere Mitgliedsstaaten haben, die ebenfalls abstimmen wollen.”

euronews:

“Es gibt Politiker und auch Wirtschaftsexperten, die mittlerweile anführen, ein Austritt Großbritanniens könnte heilsam sein für die EU. Was denken Sie?”

Benassy Quéré, CAE:

“Das hätte so sein können, wenn die europäischen Partner außerhalb Großbritanniens einen guten Plan hätten, um die Integration weiter voranzutreiben, und Großbritannien diesem Plan im Weg stehen würde. Das ist aber nicht der Fall. Denn in Wirklichkeit steht nicht Großbritannien Frankeich und Deutschland bei einer Einigung über die Bankenunion im Weg oder über einen gemeinsamen Haushalt – also bei der weiteren Integration.

Ich glaube, diese Meinung ist nicht besonders fundiert, denn es gibt keinen Plan für eine bessere Integration. Einige Experten erwarten, dass der Brexit Folgen für den Londoner Finanzmarkt hat. Vielleicht wandern Unternehmen ab, aber nicht unbedingt nach Paris, sondern eher nach Frankfurt, Dublin oder Amsterdam.”

euronews:

“Die französische Regierung hat der Londoner City aber schon erste Aufwartungen gemacht…”

Benassy Quéré, CAE:

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“Natürlich hat Paris unleugbare Vorzüge bei diesem Rennen, aber es gibt eine ernst zunehmende Konkurrenz. Frankreich ist nicht der einzige Finanzmarkt, der in den Startlöchern steht. Ich denke nicht, dass man wirklich darauf hoffen kann, um dann zu der Schlussfolgerung zu kommen, es sei gut, wenn Großbritannien aus der Europäischen Union ausscheidet.”

euronews:

“Was sind auf lange Sicht die Folgen für Europa, und wie kann man es retten?”

Benassy Quéré, CAE:

“Wie man Europa nach einem Brexit noch retten kann? Politisch ist es wichtig, keine Referenden mehr in anderen Mitgliedsstaaten abzuhalten. Man weiß doch, dass die Menschen nicht unbedingt objektiv abstimmen.

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Es ist höchst gefährlich, die Politik in Europa anhand von Referenden zu gestalten. Man sollte stattdessen die Wahl der Briten zu deuten wissen. Man sollte den EU-Bürgern das Europa anbieten, das ihnen besser gefällt und das ihre persönliche Lage vielleicht besser widerspiegelt.

Wenn Großbritannien die EU verlässt, muss man sich natürlich auch wirtschaftlich neu orientieren. London wollte immer eine sehr liberale Linie durchsetzen. Wird es den EU-Staaten ohne Großbritannien gelingen, der Versuchung des Protektionismus zu widerstehen? Die Frage könnte man sich auch stellen.

Es gibt auch ein Ungleichgewicht, das sich innerhalb der Europäischen Union verstärken wird, falls Großbritannien geht: ein zu mächtiges Deutschland. Jetzt werden die Weichen neu gestellt, denn der Vertrag mit Großbritannien ist schwierig durchzuführen, bleibt das Land in der EU.

Wenn man von der Regierbarkeit der EU ausgeht, dann könnte es ohne Großbritannien ein bisschen leichter werden.”

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