Internationale Gemeinschaft sorgt sich um Demokratie in der Türkei

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Von Euronews
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Die Lage in der Türkei ist nach dem gescheiterten Putsch extrem angespannt.

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Die Lage in der Türkei ist nach dem gescheiterten Putsch extrem angespannt. Ein Mann, manche Agenturen berichten, er sei Soldat gewesen, eröffnete vor einem Gerichtsgebäude in Ankara das Feuer. Er wurde erschossen. In dem Gericht wurden an diesem Montag 27 Generäle von den Ermittlern befragt. Darunter auch ein ehemaliger Luftwaffen-Kommandeur, der laut der Regierung Anführer der Putschisten gewesen sein soll.

Insgesamt wurden inzwischen fast 8000 Personen verhaftet, rund 9000 Mitarbeiter des Innenministeriums wurden entlassen. Die Zahl der Toten – Putschisten, regierungstreue Sicherheitskräfte und Zivilisten – wird inzwischen mit 308 angegeben.

Gülen: “Inszenierter Putsch”

Ankara beschuldigt unterdessen weiter den islamischen Prediger und Erdogan-Gegner Fethullah Gülen, hinter dem Putschversuch zu stecken. Gülen, der in den USA lebt, wies das zurück und sprach von einer Inszenierung.

“Dies sieht klar nach einem inszenierten oder gefälschten Putsch aus. Erstens war keiner der wichtigen Politiker, die bei einem solchen Putsch in Gewahrsam genommen werden würden, betroffen. Man ließ sie in Ruhe. Leere Gebäude wurden bombardiert, die Leute feuerten auf unschuldige Zivilisten, Panzer waren auf Plätzen und taten nichts. Wenn man sich das anschaut, sieht das nicht aus wie ein wirklicher Putsch.”

Sorge über rigides Verhalten der türkischen Regierung

Die internationale Gemeinschaft ist besorgt über das rigide Vorgehen der türkischen Regierung, die sogar über die Wiedereinführung der Todesstrafe nachdenkt. Sollte das geschehen, wären die EU-Beitrittsverhandlungen vorbei, so der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert. Die EU-Kommission war der türkischen Staatsführung um Präsident Erdogan vor, gegen die Rechtsstaatlichkeit zu verstoßen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte: “Kein Land kann Mitgliedstaat der EU werden, wenn es die Todesstrafe einführt.” Der Putschversuch sei keine Entschuldigung, die es erlaube, Grundrechte und rechtsstaatliche Prinzipien zu missachten.

Anführer der Putschisten soll nach Angaben aus Regierungskreisen der Ex-Luftwaffenchef Akin Öztürk gewesen sein. Neben Öztürk, der als “formaler Anführer der Junta” bezeichnt wird, wurden nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu mehr als 100 weitere Generäle aus den Streitkräften festgenommen.

Die türkische Regierung startete eine “Säuberungsaktion” in Militär, Justiz und Sicherheitsbehörden.

EU: “Das haben wir befürchtet”

EU-Kommissar Johannes Hahn zeigte sich speziell über die Festnahme von Richtern beunruhigt. “Das ist genau das, was wir befürchtet haben”, sagte er in Brüssel. Er äußerte die Vermutung, dass die türkische Regierung ein Vorgehen gegen Gegner bereits länger geplant hatte.

Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault sprach von der Gefahr einer Kehrtwende in der Türkei: “Wir müssen aufpassen, dass die türkischen Behörden kein System einrichten, das sich von der Demokratie abwendet.” Der neue britische Außenminister Boris Johnson kommentierte, alle Seiten sollten nun Zurückhaltung und Mäßigung zeigen.

In Istanbul zog die Regierung nach dem gescheiterten Putsch 1800 zusätzliche Spezialkräfte der Polizei zusammen. Diese Kräfte mit gepanzerten Fahrzeugen würden an strategisch wichtigen Einrichtungen und Straßen der größten Stadt des Landes eingesetzt, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Montag. Der Polizeichef Istanbuls habe befohlen, unbekannte Hubschrauber ohne Vorwarnung abzuschießen.

In der Nacht zum Montag waren erneut zahlreiche Türken den Aufforderungen der Regierung gefolgt, sich auf Straßen und Plätzen zu versammeln, um diese nicht möglichen weiteren Putschisten zu überlassen. “Der Putsch wurde verhindert, doch wir können nicht sagen, dass die Gefahr vorbei ist”, sagte Verteidigungsminister Fikri Isik.

Die USA haben von der Türkei noch kein offizielles Auslieferungsgesuch für Gülen erhalten. US-Außenminister John Kerry sagte am Rande eines Treffens mit EU-Amtskollegen in Brüssel, die USA würden einem solchen Gesuch nur nachkommen, wenn Beweise für eine Verwicklung von Gülen in den gescheiterten Putsch vorliegen. “Anschuldigungen reichen nicht”, sagte Kerry.

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